13. Kapitel. Wie man Gottes vergessen könne.
17. Aus dem Bereich der sichtbaren Dinge wollen wir hierfür ein Beispiel nehmen. Es sagt dir jemand, den du nicht wieder erkennst: Du kennst mich, und um deiner Erinnerung nachzuhelfen, sagt er, wo, wann und wie er deine Bekanntschaft gemacht hat. Wenn du nun trotz aller aufgebotenen Zeichen, durch die deine Erinnerung wachgerufen werden soll, ihn nicht wieder erkennst, dann hast du ihn schon vergessen, daß die ganze Bekanntschaft von ehedem aus deiner Seele vollständig getilgt ist. Es bleibt dir nichts anderes übrig, als dem, der dir sagt, du habest einmal seine Bekanntschaft gemacht, zu glauben, oder auch das nicht, wenn nämlich, der so spricht, dir unglaubwürdig erscheint. Wenn du dich aber erinnerst, dann kehrst du wirklich in dein Gedächtnis zurück und findest dort, was nicht vollständig durch das Vergessen ausgetilgt war. Kehren wir zu dem zurück, um dessentwillen wir das Beispiel aus dem menschlichen Zusammenleben anführten. Unter anderem sagt der neunte Psalm: „Zur Hölle sollen fahren die Sünder, alle Völker, die Gott vergessen.“1 Weiter sagt der einundzwanzigste Psalm: „Dann sollen erinnert werden und zum Herrn sich wenden alle Enden der Erde.“2 Nicht so also hatten die Völker Gott vergessen, daß sie sich, auch an ihn gemahnt, seiner nicht mehr erinnerten. Indem sie aber Gott und so gleichsam ihr Leben vergaßen, wandten sie sich zum Tode, das heißt zur Hölle. Wenn sie indes erinnert werden, wenden sie sich zum Herrn, gleichsam wieder auflebend, S. 234 indem sie sich ihres Lebens erinnern, dessen sie vergessen hatten. Ebenso heißt es im dreiundneunzigsten Psalm: „Nehmet jetzt Einsicht an, die ihr unweise seid im Volke, und die ihr Toren seid, werdet einmal weise! Der das Ohr schafft, soll nicht hören?“3 usw. Das Wort ist nämlich an die gerichtet, die ohne Einsicht von Gott Eitles über ihn sagten.
