17. Kapitel. Wie das Bild Gottes im Geiste erneuert wird, bis es seine höchste Vollkommenheit erreicht.
23. Freilich geschieht diese Erneuerung nicht in dem einen Augenblick der Bekehrung, wie in einem Augenblick jene Erneuerung in der Taufe durch die Nachlassung aller Sünden geschieht. Da bleibt nämlich auch nicht eine einzige, wenn auch noch so kleine Sünde zurück, die nicht vergeben würde. Aber wie es etwas anderes ist, vom Fieber frei zu sein, etwas anderes, von der Schwachheit, die das Fieber im Gefolge hatte, sich zu erholen, wie es ebenso etwas anderes ist, das im S. 244 Leibe steckende Geschoß zu entfernen, etwas anderes, die Wunde, die es verursachte, durch die nachfolgende Pflege zu heilen, so ist die erste Pflege, die Ursache des Siechtums zu beseitigen — was durch die Nachsicht aller Sünden geschieht —, die zweite, das Siechtum selbst zu heilen — das geschieht allmählich, indem man in der Erneuerung dieses Bildes vorankommt. Auf beides ist im Psalm hingewiesen, wo man liest: „der Nachsicht hatte mit all deinem Unrecht“ — das geschieht in der Taufe —; dann geht es weiter: „der all dein Siechtum heilt“1 — das geschieht in täglichen Anläufen, wenn dies Bild erneuert wird. Darüber sagt der Apostel ganz offenkundig: „Wenn auch unser äußerer Mensch aufgerieben wird, so wird doch der innere von Tag zu Tag erneuert.“2 „Er wird“ aber „erneuert zur Erkenntnis Gottes“, das heißt „in der Gerechtigkeit und Heiligkeit der Wahrheit.“3 So ergänzen sich die Zeugnisse des Apostels, die ich kurz vorher erwähnte. Wer also in der Erkenntnis Gottes, in der Gerechtigkeit und Heiligkeit der Wahrheit, von Tag zu Tag voranschreitet und so erneuert wird, überträgt die Liebe vom Zeitlichen auf das Ewige, vom Sichtbaren auf das Geistige, vom Fleischlichen auf das Geistliche, und sorgfältig trachtet er darnach, die Gier nach dem einen zu zügeln und zu mindern und sich in Liebe an das andere zu binden. Soweit aber kommt er voran, als ihm göttliche Hilfe auteil wird. Gottes Ausspruch ist es ja: „Ohne mich könnt ihr nichts tun.“4 Wenn bei diesem Fortschritt und Anlauf der letzte Tag dieses Lebens jemanden im Besitze des Glaubens an den Mittler vorfindet, dann muß er hingeführt werden zu Gott, dem er diente; auf daß er von ihm zur Vollendung geführt werde, wird er aufgenommen von den heiligen Engeln — einen unvergänglichen Leib soll er am Ende der Welt empfangen, nicht zur Strafe, sondern zur Herrlichkeit. In diesem Bilde wird dann die Ähnlichkeit mit Gott vollkommen sein, S. 245 wenn vollkommen sein wird die Schau Gottes. Von ihr sagt der Apostel: „Wir schauen jetzt im Spiegel und in Rätselbildern, dann aber von Angesicht zu Angesicht.“5 Ebenso sagt er: „Wir alle aber schauen mit unverhülltem Antlitze die Herrlichkeit des Herrn und werden so in dieses Bild umgewandelt von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, eben durch den Geist des Herrn.“6 Das ist es, was von Tag zu Tag an den im Guten Voranschreitenden geschieht.
