25. Kapitel. Erst in der ewigen Seligkeit wird man klar sehen, warum der Heilige Geist nicht gezeugt ist und wie er von Vater und Sohn hervorgeht.
Wenn nämlich jene, die zu ihm gehören, mögen sie auch an Begabung weit schwerfälliger sein, am Ende dieses Lebens von ihrem Leibe gelöst werden, dann haben die neidischen Mächte kein Recht, sie zu behalten. Denn das Lamm, das ohne irgendeine Sündenschuld getötet wurde, hat diese nicht so sehr durch die Macht der Gewalt als durch die Gerechtigkeit des Blutes besiegt. Frei mithin von der Gewalt des Teufels, werden sie von den heiligen Engeln aufgenommen, von allen Übeln befreit durch den Mittler zwischen Gott und den Menschen, den Menschen Christus Jesus.1 Wie nämlich die göttlichen Schriften, die alten und die neuen, jene, durch die Christus vorherverkündet, und jene, durch die er verkündet wurde, einhellig bezeugen, „ist kein anderer Name unter dem Himmel, in dem die Menschen gerettet werden könnten.“2 Gereinigt aber S. 320 von jeder Befleckung durch die Verweslichkeit, werden sie auf friedsame Sitze gesetzt, bis sie ihren Leib wieder empfangen, nun aber in Unvergänglichkeit, nicht mehr zur Last, sondern zur Zier. So nämlich gefiel es dem besten und weisesten Schöpfer, daß der Geist des Menschen, in frommem Sinn Gott unterworfen, in Seligkeit seinen ihm unterwürfigen Leib besitze und daß diese Seligkeit ohne Ende fortdaure.
45. Dort werden wir die Wahrheit ohne jede Schwierigkeit schauen und in vollster Klarheit und Sicherheit genießen. Nicht werden wir mit dem überlegenden Geiste suchen, sondern mit dem schauenden Geiste sehen, warum der Heilige Geist nicht Sohn ist, da er doch vom Vater hervorgeht. In diesem Lichte wird es keine Frage mehr geben. Hier indes erschien mir schon die Erfahrung so schwierig — auch jenen, die dies mit Sorgfalt und Einsicht lesen werden, wird es ohne Zweifel ähnlich ergehen —, daß mit meiner wie immer gearteten Vernunft meine Darstellung nicht hinlänglich Schritt halten konnte, sooft ich in der Schöpfung, die wir sind, meinem im zweiten Buche dieses Werkes gegebenen Versprechen nachkommend, an einer anderen Stelle darüber zu reden,3 ein Gleichnis jener Wirklichkeit aufzeigen wollte. Freilich habe ich gefühlt, daß es auch im Bereiche meiner Vernunft mehr ein Versuch als ein Erfolg war. In einer einzigen Person, wie der Mensch es ist, fand sich ja ein Bild jener ganzen höchsten Dreieinigkeit; und damit die Dreiheit in der wandelbaren Wirklichkeit leichter eingesehen werden könne, wollte ich sie, vor allem im neunten Buche, auch in zeitlichem Auseinander zeigen. Aber diese drei Dinge in einer Person konnten, freilich nicht so, wie es die menschliche Aufmerksamkeit fordert, als Gleichnis jener drei Personen erwiesen werden, wie wir in diesem fünfzehnten Buche zeigten.
