1. Kapitel. Nach dem heiligen Paulus ist der Sohn die Kraft und Weisheit des Vaters. Das ist ein neuer Beweis gegen die Arianer. Ist damit etwa gesagt, daß der Vater selber nicht Weisheit ist, sondern nur der Erzeuger der Weisheit?
S. 213 1. Manche glauben, der Lehre von der Gleichheit des Vaters, Sohnes und Heiligen Geistes stehe das Schriftwort hinderlich im Wege, daß „Christus die Kraft Gottes und die Weisheit Gottes“ ist.1 Man könne keine Gleichheit annehmen, weil der Vater nicht selber Kraft und Weisheit sei, sondern nur der Erzeuger von Kraft und Weisheit. Tatsächlich bietet man keine geringe Mühe auf für die Frage, in welchem Sinne Gott der Vater der Kraft und Weisheit sei. Der Apostel nennt ja Christus die Kraft Gottes und die Weisheit Gottes. Manche unserer Glaubensgenossen haben denn auch mit diesem Worte gegen die Arianer argumentiert, wenigstens gegen jene, welche in der Frühzeit des Arianismus S. 214 sich gegen den katholischen Glauben erhoben. Arius selbst soll nämlich gesagt haben: Wenn er Sohn ist, dann ist er geboren; wenn er geboren ist, dann gab es eine Zeit, in welcher der Sohn noch nicht war. Er begriff nicht, daß für Gott auch das Geborensein immerwährend ist, so daß der Sohn so ewig ist wie der Vater, wie der Leuchtglanz, der vom Feuer hervorgebracht wird und sich ausbreitet, so lange dauert wie das Feuer und ewig wäre, wenn das Feuer ewig wäre. Spätere Arianer haben denn auch diese Lehre aufgegeben und sich zu der Anschauung bekannt, daß der Sohn Gottes keinen zeitlichen Anfang hatte. Bei den Auseinandersetzungen jedoch, welche unsere Glaubensgenossen mit den ersten Arianern hatten, die behaupteten: Es gab eine Zeit, in welcher der Sohn noch nicht war, warfen manche das folgende Argument in die Diskussion: Wenn der Sohn Gottes die Kraft Gottes und die Weisheit Gottes ist und Gott nie ohne seine Kraft und Weisheit war, dann ist der Sohn so ewig wie Gott Vater. Nun nennt aber der Apostel Christus die Kraft Gottes und die Weisheit Gottes. Es wäre jedoch Wahnsinn, zu behaupten, Gott sei einmal ohne Kraft und Weisheit gewesen. Also gab es keine Zeit, in welcher der Sohn nicht war.
2. Diese Argumentation führt notwendig zu der Behauptung, daß der Vater nur weise ist durch den Besitz der von ihm gezeugten Weisheit, daß er aber nicht durch sein bloßes Existieren schon Weisheit ist. Man muß dann, wenn es richtig ist, daß Gott Vater nicht die Weisheit selbst ist, sondern nur der Erzeuger der Weisheit, zusehen, ob der Sohn, wie er Gott von Gott ist, Licht vom Lichte, so auch Weisheit von Weisheit ist. Wenn wir das annehmen, warum soll der Vater dann nicht auch der Erzeuger seiner Größe, seiner Güte, seiner Ewigkeit, seiner Allmacht sein, so daß er nicht seine eigene Größe, seine Güte, seine Ewigkeit, seine eigene Allmacht wäre, sondern groß durch die gezeugte Größe, S. 215 gut durch die von ihm geborene Güte, ewig durch die von ihm geborene Ewigkeit, allmächtig durch die von ihm geborene Allmacht, wie er auch nicht seine eigene Weisheit ist, sondern durch die von ihm gezeugte Weisheit weise ist? Nicht zu fürchten brauchte man, daß wir, abgesehen von der Sohnschaft der Geschöpfe, zur Annahme vieler dem Vater gleichewiger Söhne Gottes geführt werden, wenn der Vater der Erzeuger seiner Größe, seiner Güte, Ewigkeit und Allmacht wäre. Dieser irrigen Anschauung kann man leicht entgegentreten mit dem Hinweis, daß diese vielen Namen nicht zur Folge haben, daß er der Vater vieler gleichewiger Söhne sei, wie das Wort: „Christus ist die Kraft Gottes und die Weisheit Gottes“ nicht zur Folge hat, daß er Vater von zwei Söhnen ist. Denn die Kraft ist dasselbe wie die Weisheit, und die Weisheit ist dasselbe wie die Kraft. Das gleiche gilt von den übrigen Eigenschaften. So ist die Größe ein und dasselbe wie die Kraft und die sonstigen Eigenschaften, die wir vorhin erwähnt haben oder die man noch namhaft machen könnte.
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1 Kor. 1, 24. ↩