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Dialog Octavius (BKV)
XI.
1. Doch noch mehr! Dem ganzen Erdkreis und der Weit selbst mit ihren Gestirnen drohen sie mit Verbrennung, sie sinnen nach über deren Zusammensturz, als ob die ewige, auf göttliche Gesetze gegründete Naturordnung zerstört oder das alle Elemente umschlingende Band zerrissen, das Himmelsgefüge gelöst werden und jener Riesenbau, welcher es zusammenhält und umgürtet, zusammenbrechen könnte. 2. Nicht zufrieden mit diesem Wahnwitz fügen sie noch Ammenmärchen dazu und verbinden sie damit. Sie sagen, nach ihrem Tode, wenn sie bereits Asche und Staub geworden, würden sie wieder neu geboren. Diese Lügen glauben sie einander mit unfaßbarer Vertrauensseligkeit. Man könnte wahrhaftig meinen, sie seien bereits ein zweites Mal lebendig geworden. 3. Eine zweifache Verkehrtheit S. 152 und ein doppelter Unsinn, dem Himmel und den Gestirnen, welche wir so zurücklassen, wie wir sie vorfinden, den Untergang anzukünden, andererseits uns selbst nach Tod und Vernichtung wieder ein ewiges Leben in Aussicht zu stellen, während wir doch vergehen, wie wir entstehen. 4. Aus diesem Grunde verwünschen sie natürlich auch die Scheiterhaufen und verdammen die Feuerbestattung. Und doch wird jeder Leichnam, wenn er auch den Flammen entzogen wird, im Lauf der Jahre und durch die Länge der Zeit in Staub sich auflösen. Da ist es ganz gleichgültig, ob wilde Tiere ihn zerfleischen, das Meer ihn verschlingt, der Boden ihn deckt oder die Flammen ihn verzehren. Für die Leichen ist eben jede Bestattungsart, falls sie noch Empfindung haben, eine Marter, wenn aber die Empfindung erstorben, ist es für sie eine Wohltat, je schneller die Auflösung vor sich geht 5. Getäuscht durch diesen Irrwahn versprechen sie sich als den Guten nach ihrem Tode ein seliges und ewiges Leben, den übrigen künden sie als Ungerechten eine ewige Strafe an. Ich könnte darüber noch viel sagen, aber ich will mit meiner Rede zu Ende eilen. Daß sie gerade eher die Ungerechten sind, habe ich schon genügend erwiesen, ich kann mir die weitere Mühe sparen. Doch auch wenn ich sie für gerecht hielte, weiß ich: Schuld oder Unschuld werden nach der verbreitetsten Ansicht dem Schicksal zugeschrieben. 6. Das ist auch eure Ansicht: macht ihr ja alle Handlungen, wie andere vom Schicksal, so ihr von Gott abhängig. So behauptet ihr, daß nicht freier Wille, sondern Gnadenwahl zu eurer Religionsgemeinschaft führe. Ihr nehmt also einen ungerechten Richter an, welcher an den Menschen ihr Schicksal straft, nicht ihren Willen. 7. Ich möchte jedoch genauer wissen, ob man mit einem Leib [oder ohne Leib] und mit welchem Leib, mit dem gleichen oder einem neuen aufersteht. Ohne Leib? Das ist meiner Ansicht nach weder Geist noch Seele noch Leben. Mit dem gleichen Leib? Aber der ist doch S. 153 schon längst zerfallen. Mit einem andern Leib? Dann entsteht ja ein neuer Mensch und wird nicht der alte wiederhergestellt. 8. Übrigens ist soviel Zeit hingegangen, unzählige Jahrhunderte verflossen: auch kein einziger ist von der Unterwelt wenigstens nach Art des Protesilaus, mit der Erlaubnis mindestens auf einige Stunden, zurückgekehrt, damit wir doch ein Beispiel für diesen Glauben hätten. 9. All das sind Fabeln einer krankhaften Einbildungskraft und schlechte Trostgründe, von den Dichtern erfunden, um ihrer Dichtung Reiz zu verleihen. Ihr habt sie allzu leichtgläubig schimpflicher Weise für euren Gott wieder aufgewärmt.
Edition
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Marci Minucii Felicis Octavius
Caput XI
ARGUMENTUM. — Futurum quoque asserunt totius mundi incendium; ac post corporum nostrorum resurrectionem, justis beatissimae vitae, injustis maximarum poenarum aeternitatem promittunt.
Nec hac furiosa opinione contenti, aniles fabulas adstruunt et annectunt; renasci se ferunt, post mortem et cineres et favillas: et nescio qua fiducia mendaciis suis invicem credunt; putes eos jam revixisse. Anceps malum, et gemina dementia! Coelo et astris, quae sic relinquimus ut invenimus, interitum denuntiare: sibi mortuis, exstinctis, qui sicut nascimur et interimus, aeternitatem repromittere. Inde videlicet et exsecrantur rogos, et damnant ignium sepulturas; quasi non omne corpus, etsi flammis subtrahatur, annis tamen et aetatibus in terram resolvatur: nec intersit utrum ferae diripiant, an maria consumant, an humus contegat, an flamma subducat, cum cadaveribus omnis sepultura, si sentiunt, poena sit; si non sentiunt, ipsa conficiendi celeritate medicina. Hoc errore decepti beatam sibi, ut bonis et perpetem vitam mortuis, pollicentur: caeteris, ut injustis, poenam sempiternam. Multa ad haec suppetunt, ni festinet oratio, injustos ipsos, magis nec laboro, jam docui: quamquam etsi justos darem, culpam tamen, vel innocentiam fato tribui sententiis plurimorum et haec vestra consensio est. Nam quidquid agimus, ut alii fato, ita vos Deo addicitis: sic sectae vestrae non spontaneo cupere, sed electos. Igitur iniquum judicem fingitis, qui sortem in hominibus puniat, non voluntatem. Vellem tamen sciscitari, utrumne cum corporibus? et corporibus quibus? ipsisne an innovatis, resurgatur? sine corpore? Sine corpere. Hoc, quod sciam, neque mens, neque anima, nec vita est. Ipso corpore? sed jam ante dilapsum est. Alio corpore? ergo homo novus nascitur, non prior ille reparatur. Et tamen tanta aetas abiit, saecula innumera fluxerunt, quis unus ullus ab inferis, vel Protesilai sorte, remeavit, horarum saltem permisso commeatu, vel ut exemplo crederemus? Omnia ista figmenta malesanae opinionis, et inepta solatia, a poetis fallacibus in dulcedine carminis lusa, a vobis, nimirum credulis, in Deum vestrum turpiter reformata sunt.