Übersetzung
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Leben des heiligen Bekennerbischofs Martinus von Tours (BKV)
24.
Man hat erfahren, daß ungefähr zur selben Zeit in Spanien ein junger Mann durch viele Wunderzeichen sich einen Namen verschaffte. Zuletzt trieb er es in S. 49seinem Hochmut so weit, sich als Elias auszugeben. Da die meisten leichtsinnig daran glaubten, ging er noch weiter und gab sich für Christus aus. Auch hierbei spielte er seine Heuchlerrolle so gut, daß ein Bischof, namens Rufus, ihn sogar als Gott anbetete; wir erlebten, daß dieser später deshalb als Bischof abgesetzt wurde. Viele Brüder erzählten uns auch, gerade damals sei im Orient einer aufgestanden, der sich rühmte, Johannes zu sein. Aus all dem, nämlich aus dem Auftreten solcher falschen Propheten, können wir entnehmen, daß die Ankunft des Antichrists bevorsteht; er wirkt ja schon in solchen Leuten das Geheimnis der Bosheit1 .
Ich darf nicht übergehen, auf welch schlaue Weise der Teufel damals Martinus versuchte. Eines Tages stand er vor ihm in der Zelle, während er betete. Purpurlicht strahlte er vor sich her und war auch selbst ganz davon umflossen2 ; mit diesem erborgten Lichtglanze hoffte er um so leichter täuschen zu können. Ein Königsmantel umwallte ihn, er trug ein edelsteinfunkelndes, goldenes Diadem auf dem Haupte, seine Schuhe waren golddurchwirkt; gewinnend war seine Miene, freundlich sein Antlitz, so daß man eher alles andere als den Teufel in ihm vermuten mußte. Auf den ersten Anblick hin war Martinus höchlichst überrascht; beide schwiegen3 geraume Zeit. Dann begann der Teufel zuerst: „Erkenne, wen du vor dir erblickst. Ich bin Christus. Da ich im Begriff bin, auf die Erde herniederzusteigen, wollte ich mich dir zuerst offenbaren“. Martinus schwieg und antwortete mit keiner Silbe darauf. Da hatte der Teufel die Frechheit, sein frevelhaftes Bekenntnis zu wiederholen: „Martinus, warum zweifelst du. Glaube doch4 , da deine Augen es ja schauen? Ich bin Christus“. Jetzt ward es Martinus durch eine Geistesoffenbarung kund, der Teufel stehe vor ihm, nicht Gott. Daher sprach er: „Jesus, unser Herr, hat nicht S. 50gesagt, daß er im Purpur und im Glänze einer Krone wiederkommen werde. Ich kann nicht glauben, daß Christus anders gekommen wäre als in jener Haltung und äußeren Gestalt, so wie er gelitten, als mit den Wundmalen des Kreuzes“. Bei diesen Worten verschwand der Teufel plötzlich wie Rauch und erfüllte die Zelle mit üblem Geruch. Auf diese Weise hinterließ er das untrügliche Anzeichen dafür, daß er wirklich der Teufel gewesen. Dieses Vorkommnis habe ich wortgetreu nach der Aussage des Martinus erzählt; das bemerke ich deshalb, daß niemand die Erzählung für ein Märchen halte.
Edition
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Vita Sancti Martini
24.
(1) Animaduersum est tamen, eodem fere tempore fuisse in Hispania iuuenem, qui cum sibi multis signis auctoritatem parauisset, eo usque elatus est, ut se Heliam profiteretur. (2) Quod cum plerique temere credidissent, addidit ut se Christum esse diceret: in quo etiam adeo inlusit, ut eum quidam episcopus Rufus nomine ut Deum adoraret: propter quod eum postea ab episcopatu deiectum uidimus. (3) Plerique etiam ex fratribus nobis rettulerunt, eodem tempore in Oriente quendam extitisse, qui se Iohannen esse iactitauerit. Ex quo conicere possumus, istius modi pseudoprofetis existentibus, Antichristi aduentum imminere, qui iam in istis mysterium iniquitatis operatur.
(4) Non praetereundum autem uidetur, quanta Martinum sub isdem diebus diabolus arte temptauerit. Quodam enim die praemissa prece et circumiectus ipse luce purpurea, quo facilius claritate adsumpti fulgoris inluderet, ueste etiam regia indutus, diademate ex gemmis auroque redimitus, calceis auro inlitis, sereno ore, laeta facie, ut nihil minus quam diabolus putaretur, oranti in cellula adstitit. (5) Cumque Martinus primo aspectu eius fuisset hebetatus, diu multum silentium ambo tenuerunt. Tum prior diabolus: “agnosce” inquit, “Martine, quem cernis: Christus ego sum: descensurus ad terram prius me manifestare tibi uolui”. (6) Ad haec cum Martinus taceret nec quidquam responsi referret, iterare ausus est diabolus professionis audaciam: “Martine, quid dubitas credere, cum uideas? Christus ego sum”. (7) Tum ille, reuelante sibi spiritu, ut intellegeret diabolum esse, non Dominum, “non se” inquit “Iesus Dominus purpuratum nec diademate renidentem uenturum esse praedixit: ego Christum nisi in eo habitu formaque, qua passus est, nisi crucis stigmata praeferentem uenisse non credam”. (8) Ad hanc ille uocem statim ut fumus euanuit et cellulam tanto foetore conpleuit, ut indubia indicia relinqueret diabolum se fuisse. Hoc itaque gestum, ut supra rettuli, ex ipsius Martini ore cognoui, ne quis forte existimet fabulosum.