Edition
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Vita Sancti Martini
25.
(1) Nam cum olim audita fide eius, uita adque uirtute desiderio illius aestuaremus, gratam nobis ad eum uidendum suscepimus peregrinationem: simul quia iam ardebat animus uitam illius scribere, partim ab ipso, in quantum ille interrogari potuit, sciscitati sumus, partim ab his, qui interfuerant uel sciebant, cognouimus. (2) Quo quidem tempore credi non potest, qua me humilitate, qua benignitate susceperit, congratulatus plurimum et gauisus in Domino, quod tanti esset habitus a nobis, quem peregrinatione suscepta expeteremus. (3) Miserum me – paene non audeo confiteri – cum me sancto conuiuio suo dignatus esset adhibere, aquam manibus nostris ipse obtulit, ad uesperum autem pedes ipse nobis abluit. Nec reniti aut contra ire constantia fuit: ita auctoritate illius oppressus sum, ut nefas putarem, si non adquieuissem. (4) Sermo autem illius non alius apud nos fuit, quam mundi inlecebras et saeculi onera relinquenda, ut Dominum Iesum liberi expeditique sequeremur: praestantissimumque nobis praesentium temporum inlustris uiri Paulini, cuius supra fecimus mentionem, exemplum ingerebat, qui summis opibus abiectis Christum secutus solus paene his temporibus euangelica praecepta conplesset: illum nobis sequendum, illum clamabat imitandum: (5) beatumque esse praesens saeculum tantae fidei uirtutisque documento, cum secundum sententiam Domini diues et possidens multa uendendo omnia et dando pauperibus, quod erat factu inpossibile, possibile fecisset exemplo. (6) Iam uero in uerbis et confabulatione eius quanta grauitas, quanta dignitas erat! Quam acer, quam efficax erat, quam in absoluendis scripturarum quaestionibus promptus et facilis! (7) Et quia multos ad hanc partem incredulos scio, quippe quos uiderim me ipso etiam referente non credere, Iesum testor spemque communem me ex nullius umquam ore tantum scientiae, tantum [ingenii] boni et tam puri sermonis audisse. Quamquam in Martini uirtutibus quantula est ista laudatio! (8) Nisi quod mirum est homini inlitterato ne hanc quidem gratiam defuisse.
Übersetzung
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Leben des heiligen Bekennerbischofs Martinus von Tours (BKV)
25.
Da mir vieles über seinen Glauben und seinen Tugendwandel zu Ohren gekommen war, brannte ich vor Verlangen nach ihm. Deshalb unternahm ich eine mir höchst willkommene Pilgerfahrt zu ihm1 . Mich beseelte damals auch der glühende Wunsch, sein Leben zu beschreiben. So forschte ich einerseits ihn selbst aus, soweit er sich ausforschen ließ, andererseits zog ich von jenen Erkundigungen ein, die bei ihm waren und ihn kannten. Er nahm mich damals mit erstaunlicher Demut und Güte auf. Herzlich wünschte er sich Glück und freute sich darüber, daß ich ihm soviel Ehre angetan und eine Pilgerfahrt unternommen habe, um ihn aufzusuchen. Er zollte mir soviel Aufmerksamkeit, daß er mich Armseligen, kaum wage ich es zu bekennen, zu seinem heiligen Mahle lud; er reichte mir dabei selbst das Wasser für die Hände und wusch mir abends eigenhändig die Füße. Ich hatte nicht den Mut, mich zu sträuben und zu widersetzen. So sehr war ich im Banne seiner machtvollen Persönlichkeit, daß es mir als Unrecht vorgekommen wäre, hätte ich nicht nachgegeben. Unser Gespräch drehte sich um nichts anderes, als wie ich der lockenden Lust der Welt und ihrer drückenden Bürde entsagen müsse, um frei und ungehindert dem Herrn Jesus folgen zu können. Als herrliches Beispiel aus unserer Zeit stellte er uns den oben2 erwähnten, S. 51hochangesehenen Paulinus vor Augen. Dieser habe seinen gewaltigen Reichtum dahingegeben, sei Christus nachgefolgt und fast der einzige, der in unseren Tagen die Weisungen des Evangeliums3 befolgt habe. Diesem, so betonte er oft, müsse ich nachfolgen, diesem ähnlich werden. Unser Jahrhundert sei ob eines Mannes von solchem Glauben und Tugendbeispiel glücklich zu preisen. Entsprechend dem Ausspruche Christi habe ja der reiche und begüterte Mann all das Seine verkauft und den Erlös an die Armen verteilt und so, was unmöglich schien, durch sein Beispiel möglich gemacht. Welch würdevoller Ernst lag dabei in seinen Worten und Gesprächen! Wie treffend, wie kraftvoll redete erl Wie schlagfertig und gewandt löste er schwierige Fragen der heiligen Schriftenl Indes ich weiß, viele wollen in diesem Punkt nicht glauben; muß ich doch sehen, daß sie auch meiner Erzählung nicht trauen. Deshalb schwöre ich bei Jesus und unser aller Hoffnung: nie habe ich aus einem Mund eine solche Fülle von Wissen, so trefflichen Geistes und klarer Rede vernommen. Und doch wie klein muß dieser Lobpreis erscheinen bei der Tugendgröße eines Martinus! Es ist ja schon ein Wunder für sich, daß einem Mann, der nicht wissenschaftlich gebildet war, auch eine solche Gabe zu Gebote stand.