18. Kapitel
Oder soll man, teuerster Bruder, auf die Würde der katholischen Kirche und auf die treue und unerschütterliche Erhabenheit des innerhalb dieser Kirche stehenden Volkes sowie auf das Ansehen und die Macht des Bischofs deshalb verzichten, damit außerhalb der Kirche stehende Ketzer sagen können, sie wollen über den Vorsteher der Kirche zu Gericht sitzen, die Kranken über den Gesunden, die Verwundeten über den Unverletzten, die Gefallenen über den Standhaften, die Angeklagten S. 239 über den Richter, die Gottesfrevler über den Gottesdiener? Was bleibt da noch anderes übrig, als daß die Kirche dem Kapitol Platz macht, daß die Priester abtreten und den Altar des Herrn entfernen, damit Götterbilder und Idole samt ihren Opferstätten den heiligen und verehrungswürdigen Sitz unseres Klerus einnehmen, und daß man dem Novatianus noch reichlicheren und ausgiebigeren Stoff liefert, gegen uns zu poltern und loszuziehen1, wenn sie, die geopfert und Christus öffentlich verleugnet haben, nicht nur herbeigerufen und ohne Buße zugelassen werden sollten, sondern auch noch durch die Gewalt ihrer Schreckmittel die Herrschaft an sich rissen? Wünschen sie Frieden, so mögen sie die Waffen niederlegen; wollen sie Genugtuung leisten, was drohen sie dann? Oder wenn sie drohen, so sollen sie wissen, daß die Bischöfe Gottes sich nicht vor ihnen fürchten! Denn auch der Antichrist wird deshalb, weil er droht, doch nicht in die Kirche eindringen, wenn er dereinst kommt, und vor seinen Waffen und seiner Gewalt weicht man nicht etwa zurück, weil er allen, die ihm Widerstand leisten, den Tod ankündigt. Während die Ketzer uns durch ihre Drohungen zu schrecken glauben, wappnen sie uns, und statt uns zu Boden zu werfen, richten sie uns vielmehr auf und feuern uns an, indem sie den Frieden für die Brüder noch schlimmer gestalten, als die Zeit der Verfolgung war. Wir wünschen nun zwar, daß sie ihre wahnsinnigen Reden nicht in verbrecherische Taten umsetzen und daß sie, die mit treulosen und grausamen Worten sündigen, nicht auch noch schlimme Handlungen begehen. Wir beten und flehen zu Gott, den sie unaufhörlich herausfordern und erbittern, es möge ihr Herz sich besänftigen, es möge ihr Geist den Wahnsinn abschütteln und wieder zur Vernunft zurückkehren, es möge ihre von der Finsternis der Sünden überschattete Seele das Licht der Buße erkennen, und statt selbst priesterliches Blut zu vergießen, möchten sie ihren Oberpriester ersuchen, daß er für sie Bitten und Gebete seinem Munde entströmen S. 240 lasse. Sollten sie jedoch in ihrer Raserei verharren und in ihrer Grausamkeit mit diesen ihren hochverräterischen Nachstellungen und Drohungen fortfahren, so ist kein Priester Gottes so schwach, so kraftlos und ohnmächtig, so gebrochen durch das Gefühl der menschlichen Unzulänglichkeit, daß er nicht mit göttlicher Hilfe gegen die Feinde und Angreifer Gottes sich erheben, daß nicht des schirmenden Herrn Kraft und Stärke seine Niedrigkeit und Schwäche beleben wird. Uns ist es gleichgültig, von wessen Hand oder wann wir umkommen, um den Lohn für unseren Tod und unser Blut vom Herrn zu empfangen. Ihre Lage ist zu beweinen und zu bedauern, da sie der Teufel derart verblendet, daß sie, ohne an die ewigen Höllenstrafen zu denken, es dem schon in Bälde nahenden Antichrist gleichzutun versuchen.
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Novatianus warf der Kirche ohnedies schon zu großes Entgegenkommen gegen die Gefallenen vor. ↩