2. Kapitel
Er hat verboten, einen zu taufen, der von irgendwelcher Ketzerei herkommt, das heißt: er hat die Taufen aller Ketzer als gültig und rechtmäßig anerkannt. Und da die einzelnen ketzerischen Richtungen ihre besonderen Taufen und verschiedene Sünden haben, so hat dieser durch sein Einverständnis mit der Taufe aller auch die Vergehungen aller auf sein Haupt gehäuft und geladen. Auch befahl er, nichts anderes neu einzuführen, als was schon überliefert ist, als ob derjenige der Neuerer wäre, der an der Einheit festhält und die eine Taufe für die eine Kirche in Anspruch nimmt, und S. 359 nicht vielmehr jener, der die lügnerische und befleckende unheilige Begießung sich anmaßt, ohne an die Einheit zu denken! Nichts möge neu eingeführt werden, sagt er, als was schon überliefert ist. Woher stammt denn diese Überlieferung? Geht sie etwa auf ein Zeugnis des Herrn und des Evangeliums zurück, oder leitet sie sich aus den Geboten und Briefen der Apostel her? Denn daß man das tun muß, was geschrieben steht, bezeugt Gott, der vorausmahnend zu Jesus Nave spricht: „Nicht soll das Buch dieses Gesetzes von deinem Munde weichen, und du sollst es betrachten Tag und Nacht, auf daß du haltest und tuest alles, was darin geschrieben steht1!“ Ebenso trägt der Herr bei der Aussendung seiner Apostel ihnen auf, die Völker zu taufen und zu lehren, damit sie alles beobachten, was er vorgeschrieben hat2. Wenn es also entweder im Evangelium befohlen wird oder auch in den Briefen und der Geschichte der Apostel zu lesen ist, daß man die von irgendeiner Ketzerei Kommenden nicht taufen, sondern ihnen nur die Hand zur Buße auflegen soll, dann möge man sich an diese göttliche und heilige Überlieferung halten! Wenn aber die Ketzer nirgends anders als „Widersacher“ und „Antichristen“ genannt werden, wenn sie als Verkehrte und von sich selbst Verurteilte3 bezeichnet werden, die man meiden müsse, warum sollten dann wir sie nicht zu verdammen haben, nachdem auf Grund des apostolischen Zeugnisses feststeht, daß sie sich selbst verdammen? Niemand darf also die Apostel verdächtigen, als ob sie die Taufen der Ketzer gebilligt oder mit ihnen ohne die kirchliche Taufe Gemeinschaft gehalten hätten, nachdem die Apostel solche Worte über die Ketzer niedergeschrieben haben, noch dazu in einer Zeit, als noch gar keine heftigeren ketzerischen Seuchen ausgebrochen waren, als auch Marcion4 von Pontus noch nicht aufgetaucht war, dessen Lehrer Cerdon5 unter S. 360 Hyginus, dem neunten Bischof Roms6, in diese Stadt kam. Als sein (Cerdons) Nachfolger steigerte Marcion noch das Verbrechen und wagte es, gegen Gott, den Vater und den Schöpfer, noch unverschämter und rücksichtsloser zu lästern und rüstete die mit ruchlosen Waffen gegen die Kirche ankämpfende ketzerische Raserei mit noch größerer Verruchtheit und Heftigkeit aus.