10. Von Jenen, deren Zorn nicht einmal der Sonnenuntergang ein Ziel setzt.
[Forts. v. S. 184 ] Was soll ich aber von Jenen sagen (nicht ohne meine Beschämung spreche ich es aus), deren Unversöhnlichkeit nicht einmal der Untergang dieser Sonne eine Grenze setzt, sondern welche dieselbe von Tag zu Tag mehr ausdehnen; die Jenen gegenüber, gegen die sie aufgebracht waren, den alten Groll bewahren; die wohl mit dem Munde versichern, sie seien nicht gereizt, in der That und Wahrheit aber sich als sehr heftig erzürnt erweisen? Denn sie reden dieselben weder mit geziemenden Worten an, noch sprechen sie zu ihnen mit der gewöhnlichen Freundlichkeit, und glauben darin am meisten zu fehlen, daß sie nicht Rache nehmen für die ihnen verursachte Erregung. Weil sie ihre Rache aber offen zu zeigen und auszuüben weder wagen noch vermögen, verwenden sie das Gift des Zornes zu ihrem eigenen Verderben, kochen es schweigend in ihrem Herzen und verzehren es still bei sich selbst. Die Bitterkeit der Betrübniß verjagen sie nicht sofort durch die Kraft des Geistes, sondern lassen dieselbe von Tag zu Tag sich abschwächen, um sie schließlich je nach Zeit und Umständen zu mildern.