20. Von Einem, der wegen Gotteslästerung einem unreinen Geiste anheimfiel.
Ich kenne einen Bruder, den ich gar nicht zu kennen wünschte; dieser ließ sich nämlich später denselben Grad der Weihe aufbürden, mit dem ich bekleidet war. Er bekannte einem sehr erprobten Oberen, daß er von der Sünde des Fleisches auf das Heftigste angefochten werde; denn gegen die Gewohnheit der Natur von dem Verlangen ergriffen, eher Schmach zu dulden als zuzufügen, wurde er von einer unerträglichen Gluth der Wollust verzehrt. Sofort durchschaute der Abt als wahrer Seelenarzt die innere Ursache und den Ursprung dieser Krankheit. Denn schwer seufzend sprach er: „Keineswegs hätte dich Gott einem so verruchten Geiste anheimfallen lassen, wenn du nicht irgendwie gegen ihn gelästert hättest.“ Kaum hatte er Dieß gehört, so warf er sich vor dessen Füßen zur Erde nieder, und von der höchsten Verwunderung ergriffen, als sähe er von Gott die Geheimnisse seiner Brust aufgedeckt, bekannte er, gegen Gottes Sohn mit frevelhaftem Gedanken gelästert zu haben. Hieraus S. 259 erhellt deutlich, daß der, den der Geist des Stolzes in Besitz hat, oder der gegen Gott lästert und Demjenigen gleichsam ein Unrecht zur Last legt, von dem er die Gabe der Reinheit zu hoffen hat, die unverletzte Vollkommenheit und Heiligkeit der Keuschheit nicht verdient.
