15. Denselben Glauben des Petrus bekannte auch der hl. Thomas nach der Auferstehung des Herrn.
Aber ich will dir noch ein Zeugniß eines Apostels beifügen, damit du einsehest, daß mit Dem, was vor dem Leiden des Herrn geschehen ist, auch Das übereinstimme, was nach demselben folgte. Als der Herr bei verschlossenen S. 492 Thüren plötzlich in der Versammlung seiner Jünger erschien und ihnen die Wirklichkeit seines Leibes darthun wollte, was hat denn da der Apostel Thomas ausgerufen, nachdem er seinen Leib betastet, seine Seite berührt, seine Wunden untersucht und so die Wirklichkeit des gezeigten Körpers vollständig erfahren hatte? „Mein Herr ,“ sprach er, „und mein Gott!“ Sagte er vielleicht wie du: Mensch und nicht Gott, Christus und nicht die Gottheit? Er berührte den Leib seines Herrn und antwortete, daß er Gott sei. Hat er vielleicht irgend eine Unterscheidung des Menschen und Gottes vorgebracht, oder nannte er jenen Leib, wie du sagst, theodochisch, d. i. einen Empfänger der Gottheit; oder hat er nach Art deiner Ruchlosigkeit Etwas davon erwähnt, daß Jener, welchen er berührte, nur wegen Desjenigen, den er in sich aufgenommen hatte, nicht um seiner selbst willen zu verehren sei? Aber vielleicht kannte der Apostel Gottes diese Feinheit deiner Unterscheidung nicht und hatte nicht die Eleganz und Genauigkeit deines Urtheils? Er war wohl ein ländlicher, ungebildeter Mann, der Nichts von dialektischer Kunst wußte und philosophische Untersuchungen nicht kannte, da ihm ja die Lehre seines Herrn überreich genügte und er durchaus Nichts wußte, als was er durch den Unterricht von seinem Herrn gelernt hatte? Aber gerade deßhalb war sein Wort himmlische Lehre, sein Glaube eine göttliche Unterweisung. Den Herrn, wie du es machst, von seinem Leibe zu trennen, hatte er nicht gelernt, und Gott von sich selbst loszureissen, davon wußte er durchaus Nichts. Heilig, aufrichtig, fromm: hatte er nur Unschuld, Kenntniß, unverletzten Glauben, ein unverdorbenes Wissen; einen Sinn voll Einfalt, gepaart mit Klugheit, eine Weisheit mit vollkommener Einfalt, die Nichts von Bosheit wußte, Nichts von Verdorbenheit, und die von aller häretischen Verkehrtheit frei war; welche ferner die Form der göttlichen Lehre in sich ausdrückte und nur Das festhielt, was sie gelernt hatte. Dieser ländliche und ungebildete Mann, wofür du ihn ja wohl hältst, bringt dich nun durch eine kurze Antwort in die Enge, vernichtet dich S. 493 mit den wenigen Worten seiner Rede. Oder was hat der Apostel Thomas denn berührt, als er hinzutrat, um einen Gott mit den Händen anzufassen? Doch wohl ohne Zweifel Christum! Was hat er aber ausgerufen? „Mein Herr,“ sagt er, „und mein Gott!“ Nun trenne, wenn du kannst, entweder Christum von Gott, oder ändere diese Rede, wenn du es vermagst. Biete jetzt auf deine dialektische Untersuchung, die weltliche Klugheit und jene thörichte Weisheit voll schlauer Worte! Wende dich nach allen Seiten und sammle, was du immer an Geist und Kunst vermagst! Was du aber immer sagen oder thun willst, du kannst von hier keinen Ausweg finden, wenn du nicht gestehst, daß es Gott war, was der Apostel berührte. Wohl möchtest du vielleicht, wenn du auf irgend eine Art könntest, den Bericht der evangelischen Erzählung ändern, so daß weder zu lesen wäre, der Apostel Thomas habe den Leib des Herrn berührt, noch er habe Christum Herrn und Gott genannt. Aber was im Evangelium Gottes geschrieben ist, kann durchaus nicht geändert werden; denn Himmel und Erde werden vergehen, aber die Worte Gottes werden nicht vergehen. Auch jetzt nemlich ruft dir jener Apostel Thomas, welcher damals Zeugniß ablegte, zu: „Jesus, den ich berührte, ist Gott; Gott ist es, dessen Glieder ich betastete; denn ich habe nicht UnkörperIiches festgehalten, noch Unberührbares angerührt oder einen Geist mit der Hand gefaßt, so daß man glauben könnte, ich hätte nur von ihm gesagt: „Er ist Gott;“ denn ein Geist hat nach dem Ausspruche meines Herrn nicht Fleisch und Bein. Ich habe den Leib meines Herrn berührt; ich habe Fleisch und Bein betastet; ich habe meine Finger an den Ort seiner Wunden gelegt und von Christo meinem Herrn, den ich betastet hatte, rief ich aus: „Mein Herr und mein Gott!“ Denn ich weiß keinen Unterschied zu machen zwischen Christus und Gott; ich will nicht sakrilegischen Meinungen Raum geben zwischen Jesus und Gott, und ich kann meinen Herrn nicht trennen von sich selbst. Weg von mir, wer immer du bist, der du Anderes denkst, Anderes redest. Ich weiß Nichts davon, daß S. 494 Christus etwas Anderes sei als Gott. Dieß hielt ich wie meine Mitapostel fest, Dieß überlieferte ich den Kirchen, Dieß predigte ich den Heiden und rufe es auch Dir zu: Christus ist Gott, Christus ist Gott! Anders denkt nicht der rechte Geist, anders redet nicht der gesunde Glaube; die Gottheit kann nicht von sich selbst getrennt werden; und da in allweg, was immer Christus ist, Gott ist, so kann in Gott nichts Anderes gefunden werden als Gott.