2. Er schließt aus dem Gesagten, daß die Jungfrau Maria einen Sohn geboren habe, der älter und größer war als sie.
Du siehst also, daß, wenn der Apostel sagt: „Gott sandte seinen Sohn,“ dann auch wirklich Gott seinen Sohn, um S. 500 mich der Worte des Apostels selbst zu bedienen, ja seinen Sohn gesendet hat. Denn er hat nicht irgend einen andern Sohn gesandt, weil es ja heißt, er habe den seinen gesandt; und er konnte überhaupt keinen senden, wenn nicht Einer da war, der gesendet würde. Er sandte also, heißt es, seinen Sohn, der gemacht ist aus dem Weibe. Da er ihn also sandte, sandte er Einen, der war; und da er den seinen sandte, hat er doch wahrhaftig nicht einen fremden, sondern eben den seinen gesendet. Wo bleibt nun also jener dein Beweis voll irdischer Schlauheit: „Keine gebiert Einen, der älter ist als sie?“ Ist der Herr nicht älter als Maria? Ist der Sohn Gottes nicht älter als die Tochter des Menschen, und endlich Gott nicht älter als der Mensch, da es doch keinen Menschen gibt, der nicht von Gott käme? Du siehst also, daß Maria nicht nur Einen geboren hat, der älter war als sie, nicht nur, sage ich, einen Älteren, sondern ihren Urheber, und indem sie ihren Erzeuger gebar, wurde sie die Mutter ihres Vaters; weil es ja Gott ebenso möglich war, sich selbst die Geburt zu verleihen als einem Menschen; ebenso leicht, selbst aus einem Menschen geboren zu werden, als einen Menschen geboren werden zu lassen. Denn die Macht Gottes ist nicht beschränkt in Betreff seiner eigenen Person, so daß ihm nicht gestattet wäre für sich, was ihm gestattet ist bei Allen, und daß Gott, der in der Natur seiner Gottheit sicherlich Das hat, daß er Alles kann, nur für seine Person Das nicht haben sollte, daß er Gott sei im Menschen. Wir müssen also die leichtfertigen und hinfälligen Thorheiten irdischer Beweise aufgeben und zurückweisen und nur dem einfachen Zeugnisse und der nackten Wahrheit glauben. Auch dürfen wir nur jenen Zeugen in Betreff Gottes glauben, welche Gott sandte, und in denen er so zu sagen selbst von sich predigte. Es ist ja doch billig, daß wir in Betreff seiner Erkenntniß ihm selbst glauben, von dem ja Alles ist, was wir über ihn wissen; denn sicherlich konnte Gott von dem Menschen nicht erkannt werden, wenn er ihm nicht selbst die Erkenntniß S. 501 seiner verliehen hätte. Deßhalb ist es gerecht, daß wir Alles glauben, was wir von Demjenigen wissen, von welchem Alles ist, was wir wissen; weil ja, wenn wir Dem nicht glauben, von welchem unser Wissen stammt, es dahin kommt, daß wir überhaupt Nichts wissen, indem wir Jenem nicht glauben, durch welchen wir wissen.