5. Er zeigt nun mit Beweisen, welche aus der Natur der Sache genommen sind, wie vielfach hinfällig jene Regel der Gegner sei, in welcher sie festsetzen, daß die Geburt der Gebärenden gleich an Wesen sein müsse.
S. 592 Es wäre nun zu lange und fast redselig, von dieser Sache weiter zu sprechen; aber zur Widerlegung deiner Thorheit und Wahnwitzigkeit, in welcher du behauptest, daß die Geburt der Gebärenden gleichwesentlich sein müsse, und also kein Ding etwas sich Unähnliches hervorbringen könne, will ich doch noch Beispiele von irdischen Dingen beibringen, um zu zeigen, daß Vieles aus Unähnlichem entstehe. Nicht als ob in solcher Sache eine Vergleichung möglich oder nothwendig wäre, sondern nur damit du nicht ferner zweifelst, es habe auch bei der hl. Geburt Das stattfinden können, was, wie du siehst, schon in diesen irdischen und hinfälligen Dingen vorkommt. Die Bienen, welche wie fast die kleinsten, so auch die klügsten und fleissigsten Thiere sind, werden nach den verschiedensten Gesetzen hervorgebracht und entstehen aus den ungleichsten Naturen. Denn obwohl sie Wesen von wunderbarer Begabung sind, und nicht nur an Feingefühl, sondern auch an Klugheit Überfluß haben, so werden sie doch durch Abpflücken gewisser Pflanzenblüthen erzeugt.1 Was für ein schwerer wiegendes Beispiel soll man noch anwenden oder herbeiziehen? Aus Atomen entstehen Thiere! Wer ist da der Künstler, wer der Werkmeister, wer bildet die Körper oder haucht die Lebensgeister ein? Und wer hat ferner den Ton gegeben, mittelst dessen sie gleichsam unter einander sich besprechen? Wer hat die Übereinstimmung der Füßchen, die künstlichen Mundwerkzeuge, die Pracht der Flügel gebildet und zusammengestellt? S. 593 Durch wessen Lehre oder Gabe, durch wessen Unterricht oder Anleitung haben sie die Anlage bekommen und das Streben, die Vorsicht, die Bewegung, die Verträglichkeit und Eintracht, oder den Streit und Krieg, den Frieden und die Ordnung, die Eintheilung, die Geschäftigkeit und die Regierung, kurz Alles, was sie gleichsam mit dem menschlichen Geschlechte gemeinsam haben? Ist ihnen Dieß aus dem väterlichen Samen geworden oder haben sie es im mütterlichen Schooße oder Fleisch gelernt? Aber sie kennen weder einen Schooß, noch wissen sie Etwas vom Samen; nur abgeweidete Blüthen sammeln sich im Mutterleibe und aus ihnen gehen in unaussprechlicher Bildung die Bienen hervor. Da bietet der Mutterschooß Nichts den Sprößlingen, und es werden nicht Bienen von Bienen geboren; arbeitend nur sind sie, nicht gebärend. Aus Pflanzenblüthen gehen Iebende Wesen hervor; was haben nun Ähnliches Pflanzen und Thiere? Ich glaube, du weißt nun, wer der Werkmeister dieser Dinge ist. Geh’ nun und zweifle, ob der Herr seine Geburt mit Dem habe ausstatten können, was er, wie du siehst, auch den kleinsten Geschöpfen verliehen hat! Es möchte nun vielleicht überflüssig sein, nach Diesem und ÄhnIichem Etwas beizufügen; aber wir wollen, was nicht nöthig ist des Beispiels wegen, doch um des gehäuften Reichthums willen, hinzusetzen. Wir sehen plötzlich die Luft wie durchwoben mit Heuschrecken, und den Boden von ihnen bedeckt.2 Verrathe uns nun ihren Samen, ihre Geburt, ihre Mutter! Denn, wie du siehst, kommen sie von daher, wo sie geboren wurden. Schreibe nun all Dem vor, daß die Geburt der Gebärenden gleichwesentlich sein müsse, und man wird dich in diesen Vorschriften so lächerlich finden, als du nun in der Läugnung der Geburt des Herrn wüthend bist. Was aber nun? Glaubst du wirklich selbst, daß wir noch weiter vorgehen müssen? Dennoch fügen wir noch Etwas S. 594 bei. Es ist zweifellos, daß aus den Eiern der Vögel, welche man in Ägypten Ibis nennt, die Basiliskenschlangen entstehen. Was für eine Verwandtschaft und Gleichmäßigkeit besteht nun zwischen Vogel und Schlange? Warum ist hier die Geburt nicht gleichwesentlich mit der Gebärenden? Und doch thun Dieß alles weder die Zeugenden, noch wissen es die Geborenen, sondern es geschieht aus verborgenen Ursachen und nach einem unaussprechlichen und mannigfaltigen Gesetze der zeugenden Natur. Und du, der nicht einmal Rechenschaft geben kann von jenen Erzeugungen, welche auf den Wink und Befehl des Herrn entstehen, legst nun die Regelchen irdischer Klügelei der Geburt Desjenigen in den Weg, dessen freie Wahl Alles thut, dessen Befehl Alles bewirkt, dem Nichts entgegen sein, Nichts widerstehen kann, und dessen Wille hingereicht hat, Alles zu thun, was möglich war!