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Dialogos contra Pelagianos Admonitio
22.
Ab exemplo virtutum, quas habere jubentur episcopi. — Vult certe Deus tales esse episcopos, sive presbyteros, quales vas electionis docet. Primum quod dixit, irreprehensibilis, aut nullus, aut rarus est. Quis est enim, qui non quasi in pulchro corpore aut naevum, aut verrucam habeat? Si enim ipse Apostolus dicit de Petro, quod non recto pede incesserit in Evangelii veritate, et intantum reprehensibilis fuerit, ut et Barnabas adductus sit in eamdem simulationem (Galat. II): quis indignabitur id sibi denegari, quod princeps Apostolorum non habuit? Deinde, unius uxoris virum, sobrium, pudicum, ornatum, hospitalem, ut reperias: illud certe, quod sequitur διδακτικὸν, qui possit docere: non ut interpretatur Latina simplicitas, docilem, cum caeteris virtutibus difficulter invenies. Vinolentum quoque et percussorem, et turpis lucri cupidum, repudiat Apostolus: et pro his cupit mansuetum, absque jurgio, sine avaritia, et ut domum suam optime regat, quodque difficillimum est; ut filios habeat subjectos, cum omni pudicitia, vel filios carnis, vel filios fidei. Cum omni, inquit, pudicitia. Non ei sufficit propriam habere pudicitiam, nisi ea filiorum et comitum ac ministrorum pudore decoretur, dicente David: Ambulans in via immaculata, hic mihi ministrabit (Ps. C, 6). Consideremus quoque ἐπίτασιν [Al. σύντασιν] pudicitiae, filios habentem subditos in omni pudicitia; ut non solum opere, sed sermone quoque et nutibus se abstineant ab impudicitiis: ne forte illud incidat Heli, qui certe increpavit filios suos dicens: Nolite, filii mei, nolite: non bonam famam audio ego de vobis (I Reg. II, 24). Corripuit, et punitus est, quia non corripere debuit, sed abjicere. Quid faciet, qui gaudet ad vitia, qui emendare non audet? qui conscientiam suam metuit; et quod cunctus populus clamitat, nescire se simulat? Quodque sequitur, ἀνέγκλητον: ut etiam a nullo accusetur: ut bonam opinionem ab his qui foris sunt habeat: ut etiam maledictis adversariorum careat; et quibus doctrina displicet, placeat conversatio: puto quod non facile sit reperire, maximeque illud, ut potens sit adversariis resistere, et perversas opprimere et superare doctrinas. Vult ut non neophytus episcopus ordinetur, quod videmus nostris temporibus pro summa eligi justitia. Si baptismum statim justum faceret, et omni plenum justitia, nequaquam utique Apostolus neophytum refutaret; sed baptismus vetera peccata conscindit, novas virtutes non tribuit, dimittit e carcere, et dimisso, si laboraverit, praemia pollicetur. Aut nullus, inquam, aut rarus est, qui omnia habeat, quae habere debet episcopus. Et tamen si unum vel duo de catalogo virtutum episcopo cuiquam defuerint, non tamen [Al. statim] justi carebit vocabulo: nec ex eo damnabitur, quod non habet, sed ex eo coronabitur, quod possidet. Omnia enim habere, et nullo indigere, virtutis ejus est qui peccatum non fecit, nec dolus inventus est in ore ejus; qui cum malediceretur, non remaledixit (I Pet. II, 22): qui confidenter virtutum conscientia loquebatur: Ecce venit princeps mundi hujus, et in me invenit nihil (Joan. XIV, 30). Qui cum esset in forma Dei, nequaquam rapinam arbitratus est aequalem se esse Deo, sed se exinanivit, formam servi accipiens, et factus est obediens usque ad mortem, mortem autem crucis. Propterea donavit ei Deus nomen, quod est supra omne nomen, ut in nomine Jesu flectant genu coelestia, terrestria, et inferna (Philipp. II, 6 seqq.). Si ergo in una episcopi persona pauca praecepta aut nequaquam, aut difficulter invenies; quid facies de omni homine, qui cuncta debet implere mandata?
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Dialog gegen die Pelagianer (BKV)
22.
Sicherlich will Gott, daß die Bischöfe oder Ältesten so seien, wie das Gefäß der Auserwählung S. 372 lehrt. Untadelhaft, mit welchem Ausdruck der Apostel beginnt, ist entweder keiner oder nur selten einer. Findet sich denn jemand, der nicht an einem schönen Körper ein Muttermal oder einen kleinen Mangel hat? Wenn nämlich der Apostel selbst von Petrus sagt, daß er nicht geraden Fußes hineingetreten sei in die Wahrheit des Evangeliums1 und insofern tadelnswert war, als Barnabas zu der gleichen Täuschung verführt wurde2, wer wird sich dann darüber entrüsten, daß ihm abgesprochen wird, wessen selbst der erste unter den Aposteln ermangelte. Ferner wirst du schwerlich einen finden, der neben den übrigen Tugenden Mann eines Weibes, nüchtern, ehrbar, würdevoll, gastfreundlich und zum Unterricht geeignet sein wird. [Dies bedeutet nämlich, wie du wahrnehmen wirst, διδακτικόν [didaktikon], nicht gelehrig, wie lateinische Einfalt übersetzt.] Auch einen Trunk- und Händelsüchtigen und einen, der nach schnödem Gewinn trachtet, verwirft der Apostel, statt dessen verlangt er einen milden, jedem Streite abholden Mann, der ohne Geiz ist und sein Hauswesen aufs beste regiert, und der, was am schwierigsten ist, Söhne hat, die Gehorsam mit aller Ehrbarkeit vereinigen, mögen es nun Söhne dem Fleische nach oder Söhne im Glauben sein. „Mit aller Ehrbarkeit“ steht da. Es genügt nicht, daß er für seine Person in Ehrbarkeit wandle, sondern die Keuschheit seiner Söhne, seiner Hausgenossen und seiner Dienerschaft soll, ihn schmückend, sich dazu gesellen, da David sagt: „Wer auf makellosem Wege einhergeht, wird in meinem Dienste stehen“3. Betrachten wir auch die scharfe Betonung der Ehrbarkeit in den Worten: „der Söhne hat, unterwürfig in aller Ehrbarkeit“. Nicht nur in Werken, auch in Wort und Gebärde sollen sie sich von der Unlauterkeit fernhalten, damit es ihnen nicht gehe wie Heli, der sicherlich seine Söhne schalt, als er sprach: „Tut es nicht, meine Söhne; tut es nicht! Keine gute Kunde vernehme ich über euch“4. Er schalt und S. 373 trotzdem traf ihn die Strafe. Nicht schelten, sondern verstoßen hätte er sie sollen. Was wird ein Bischof tun, der Freude hat am Bösen, der nicht wagt, es abzustellen, der sein eigenes Gewissen fürchten muß und so tut, als entginge ihm das, worüber das gesamte Volk laut schreit? Es folgt der Ausdruck ἀνέγκλητος [anengklētos]. Keiner darf glauben, Grund zur Anschuldigung zu haben. Auch jene, die draußen stehen, müssen eine gute Meinung von ihm besitzen. Seine Gegner dürfen ihn nicht mit Schmähungen verfolgen. Und wenn ihnen auch seine Lehre mißfällt, dann soll ihnen doch sein Lebenswandel gefallen. Ich meine, diese und vor allem die nächste Forderung, daß er imstande sei, den Gegnern zu widerstehen und die verkehrten Lehren zu unterdrücken und zu überwinden, finden nicht leicht ihre Erfüllung. Der Apostel verlangt, daß kein Neubekehrter zum Bischof geweiht werde, was doch in unseren Zeiten, wie wir sehen, für überaus billig gehalten wird5. Wenn die Taufe sofort gerecht machte und einen mit jeglicher Gerechtigkeit erfüllte, dann wiese der Apostel sicherlich keinen Neubekehrten zurück. Die Taufe tilgt zwar die anderen Sünden, verleiht aber keine neuen Tugenden6; sie entläßt aus dem Kerker und verleiht dem Entlassenen, wofern er sich anstrengt, den Siegespreis. Es gibt keinen oder nur selten einen, der alle Tugenden besitzt, die ein Bischof besitzen soll. Trotzdem wird man aber einem Bischof, dem eine oder zwei Nummern der Tugendliste fehlen, nicht die Bezeichnung „gerecht“ vorenthalten dürfen. Er wird nicht beurteilt nach dem, was ihm fehlt, sondern er wird gekrönt werden für das, was er besitzt. Alles zu besitzen, nichts zu entbehren, das steht nur in der Macht dessen, der keine Sünde getan hat, in dessen Munde kein Trug gefunden wurde, der nicht wieder schalt, da er gescholten ward7, der zuversichtlich im Bewußtsein seines Tugendbesitzes sprach: „Siehe, es kam der Fürst dieser S. 374 Welt, aber an mir hat er nichts gefunden8. „Als er in Gottes Gestalt war, hielt er es für keinen Raub, Gott gleich zu sein. Aber er hat sich erniedrigt und Knechtsgestalt angenommen und ist gehorsam geworden bis zum Tode, ja bis zum Tode am Kreuze. Deshalb hat ihm auch Gott einen Namen gegeben, der über alle Namen ist, auf daß im Namen Jesu das Knie beuge, was im Himmel, auf Erden und in der Hölle ist“9. Wenn du also schon an der Person eines Bischofs die Wahrnehmung machen mußt, daß eine geringe Anzahl von Geboten in ihrer Gesamtheit niemals oder nur selten erfüllt wird, was fängst du dann mit jedem anderen Menschen an, der alle Gebote halten soll?