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Vita Malchi monachi captivi
VI
[Conservam in uxorem cogitur accipere. Virtus feminae captivae.]
O nihil umquam tutum apud diabolum! O multiplices et ineffabiles eius insidiae! Sic quoque me latentem invenit invidia. Dominus videns gregem suum crescere nihilque in me deprehendens fraudulentiae (sciebam enim apostolum praecepisse dominis sic quasi deo fideliter serviendum) et volens me remunerare, quo fidum sibi magis faceret, tradidit mihi illam conservam mecum aliquando captivam. Et cum ego refutarem diceremque me Christianum, nec mihi licere uxorem viventis accipere (siquidem captus nobiscum vir eius ab alio domino fuerat abductus), herus ille implacabilis in furorem versus evaginato me coepit appetere gladio. Et nisi festinus brachio tenere mulierem praeoccupassem, ilico fudisset sanguinem meum.
Iam venerat tenebrosior solito et mihi nimium matura nox. Duco in speluncam semirutam novam coniugem, et pronubante nobis tristitia uterque detestamur alterum, nec fatemur. Tunc vere sensi captivitatem meam prostratusque humi monachum coepi plangere, quem perdebam, dicens: ‹Huccine miser servatus sum? Ad hoc me mea scelera perduxerunt, ut incanescente iam capite virgo maritus fierem? Quid prodest parentes, patriam, rem familiarem contempsisse pro domino, si hoc facio, quod ne facerem, illa contempsi? - nisi quod forte propterea haec sustineo, quia patriam desideravi.
Quid agimus, anima? Perimus an vincimus? Exspectamus manum domini an proprio mucrone confodimur? Verte in te gladium! Tua magis mors timenda quam corporis est. Habet et pudicitia servata martyrium suum. Iaceat insepultus Christi testis in eremo. Ipse mihi ero et persecutor et martyr!›
Sic fatus eduxi in tenebris micantem gladium et acumine contra me verso ‹Vale›, inquam, ‹infelix mulier; habeto me martyrem potius quam maritum.› Tunc illa provoluta pedibus meis ‹Precor›, inquit, ‹te per Iesum, per huius horae necessitatem rogo, ne effundas sanguinem tuum in crimen meum. Vel si mori placet, in me prius verte mucronem. Sic nobis potius coniungamur. Etiam si vir meus ad me rediret, servarem castitatem, quam me captivitas docuit, vel interirem, antequam perderem. Cur moreris, ne mihi iungaris? Ego morerer, si iungi velles. Habeto ergo me coniugem pudicitiae et magis animae copulam amato quam corporis. Sperent domini maritum; Christus noverit fratrem. Facile persuadebimus nuptias, cum nos viderint sic amare.›
Fateor: obstipui, et admiratus virtutem feminae coniuge plus amavi. Numquam tamen illius nudum corpus intuitus sum, numquam eius carnem attigi timens in pace perdere, quod in proelio servaveram. Transeunt in tali matrimonio dies plurimi. Amabiliores nos dominis fecerant nuptiae. Nulla fugae suspicio; interdum et mense toto abibam fidus gregis pastor per solitudinem.
Übersetzung
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Leben und Gefangenschaft des Mönches Malchus (BKV)
6.
Doch vor dem Teufel ist nichts sicher. Wie vielfach, wie unergründlich sind seine Nachstellungen! So traf auch mich in meiner Verborgenheit sein Neid. Weil der Herr sah, daß seine Herden zunahmen und ich ihn in keiner Weise betrog — wußte ich doch, daß der Apostel gebot, man müsse wie Gott so auch seinem Herrn treu dienen1 —, wollte er mich belohnen, um sich meine Treue noch mehr zu sichern, und übergab mir jene Sklavin, die einst mit mir gefangen genommen worden war. Doch ich weigerte mich, beteuerte, ich sei Christ und es sei mir nicht erlaubt, zu Lebzeiten ihres Mannes eine Frau zur Gattin zu nehmen. Ihr Mann war nämlich mit uns gefangen genommen, aber von einem anderen S. 78Herrn weggeschleppt worden. Da geriet mein Herr in unbändige Wut, zog das Schwert aus der Scheide und fing an, gegen mich loszustürmen. Wenn ich nicht sofort die Arme ausgestreckt und die Frau ergriffen hätte, so wäre auf der Stelle mein Blut geflossen. Bereits zog die Nacht heran, viel finsterer als sonst und zu früh für mich. Ich führte die neu erworbene Gattin in die halbzerfallene Höhle. Unsere Brautführerin war die Traurigkeit; wir verabscheuten uns gegenseitig, ohne es uns zu gestehen. Da erst fühlte ich so recht meine Gefangenschaft. Auf den Boden hingestreckt fing ich an, darüber zu klagen, daß ich meinen Mönchsberuf verloren hatte. „Dazu also bin ich Unglücklicher am Leben geblieben? Soweit haben mich meine Sünden gebracht, daß ich, der ich bis jetzt jungfräulich gelebt habe, mit ergrautem Haar Ehemann werden soll? Was hilft es, Eltern, Vaterland, Vermögen gering geschätzt zu haben um Gottes willen, wenn ich nun tue, was ich durch Verachtung aller dieser Güter vermeiden wollte? Aber ich muß dieses erdulden, weil ich mich nach der Heimat gesehnt habe. Was nun, meine Seele? Werden wir zugrunde gehen oder Sieger bleiben? Soll ich auf die Hilfe Gottes warten oder mit dem eigenen Dolch mich durchbohren? Richte dein Schwert gegen dich! Denn mehr als der Tod des Leibes ist der Tod der Seele zu fürchten. Auch die Bewahrung der Keuschheit kennt ein Martyrium. Mag auch der Blutzeuge Christi unbestattet in der Wüste liegen bleiben, ich will zu gleicher Zeit Henker und Märtyrer sein.“ So sprach ich, dann zog ich das trotz der Finsternis blitzende Schwert heraus und richtete die Spitze gegen mich mit den Worten: „Lebe wohl, unselige Frau, du sollst in mir einen Märtyrer, aber nicht deinen Gemahl erkennen“. Da warf sie sich zu meinen Füßen hin und sprach: „Ich bitte dich um Jesu Christi willen und beschwöre dich bei der Not dieser Stunde, vergieße nicht dein Blut und verübe meinetwegen kein Verbrechen! Gilt es aber zu sterben, dann zücke zuerst gegen mich den Dolch! Auf diese Weise wollen wir uns vereinigen. Auch wenn mein Gatte zu mir zurückkehrte, würde ich die Keuschheit bewahren, wie ich es in der Gefangenschaft S. 79gelernt habe. Ja ich wollte lieber umkommen, als sie verlieren. Warum willst du sterben? Etwa um dich nicht mit mir vereinigen zu müssen? Ich würde ja selbst in den Tod gehen, wenn du dieses versuchen solltest. Nimm mich an als Gemahlin der Jungfräulichkeit, pflege mit mir eine geistige Vereinigung statt der körperlichen. Unsere Herren mögen denken, du seiest mein Mann. Christus weiß, daß du mein Bruder bist. Von unserm Ehebund werden wir sie leicht überzeugen, wenn sie sehen, daß wir uns in dieser Weise lieben.“ Ich muß gestehen, ich war erstaunt. Voll Verwunderung über die Tugend der Frau liebte ich „die Gattin“ um so mehr. Aber niemals habe ich ihren Körper entblößt gesehen, niemals ihr Fleisch berührt, fürchtete ich doch, ich möchte im Frieden verlieren, was ich im Kampfe gerettet hatte. Dieses Ehebündnis dauerte geraume Zeit, und nach der „Verheiratung“ waren wir bei unserer Herrschaft noch mehr beliebt geworden. Niemand hegte Verdacht, daß wir fliehen könnten; zuweilen war ich sogar einen ganzen Monat abwesend in der Einöde als treubesorgter Hirt der Herde.
-
Eph. 6:5. ↩