2.
Ich habe gern davon Kenntnis genommen, daß Du als kluger Mann aus Freundschaft für mich meine Schriften gegen Jovinian aus dem Verkehr gezogen hast. Allerdings dürfte diese Vorsicht vergeblich gewesen sein, kamen doch nicht wenige Leute aus Rom nach hier und legten mir die Auszüge vor, welche sie selbst in der Hauptstadt angefertigt hatten. Auch in unserer Provinz waren die Schriften bereits verbreitet. Wie Du selbst früher gelernt hast, kehrt das Wort, einmal losgelassen, nicht mehr zurück. 1 Ich bin nicht so glücklich wie die meisten Schriftsteller unserer Zeit, daß ich in all den kleinen Schriften die Fehler, die ich gemacht habe, ausmerzen könnte, selbst wenn ich es wollte. Sobald ich etwas geschrieben habe, bringen es meine Freunde und meine Neider mit dem gleichen Eifer, wenn auch in verschiedener Absicht, in die Öffentlichkeit. Dabei schießen sie sowohl im Lob als im Tadel über das Ziel hinaus; denn nicht der innere Wert, sondern die persönliche Einstellung zu mir ist für sie hierbei ausschlaggebend. Das einzige, was ich tun konnte, war, daß ich Dir eine Verteidigung meines Werkes zusandte. Sobald Du sie gelesen hast, wirst Du an meiner Statt den anderen Rede und Antwort stehen können. Rümpfst Du aber ebenfalls die Nase, so wird Dir nichts S. b112 anderes übrigbleiben, als den Abschnitt aus den Paulusbriefen, der von der Jungfräulichkeit und von der Ehe handelt, 2 anders zu deuten, als ich es getan habe.