Nr. 51
Aber unsere Antwort ist euch lächerlich, weil wir der Seelen göttliche Abstammung leugnend, nicht Gegentheils erwähnen, welchen Ursprunges und welcher Abkunft sie seyen. Welche Art von Verbrechen ist denn, entweder eine Sache nicht zu wissen, oder was man nicht weiß ohne Verstellung als nicht wissend zu bekennen? Oder, welcher der Beiden scheint euch mehr des Verlachens würdig, der sich keiner Wissenschaft in irgend einer dunkeln Sache anmaßt, oder der meint, er wisse was die menschliche Erkenntniß übersteigt und in Dunkelheit eingefüllt ist? Betrachtet man der Sache Beschaffenheit genau, so befindet ihr euch in eben demselben Zustand, den ihr bei uns tadelt. Weil ihr nämlich aussagt, die Seelen stammten von dem höchsten Herrn selbst und gingen in die menschlichen Formen ein, um deßwillen sagt ihr noch nichts Erforschtes und seine ans Licht gebrachte, offenkundige Wahrheit aus; sondern ihr muthmaßet, wißt aber nicht; ihr vermuthet, habt aber keinen Grund: denn wenn wissen das ist, was du selbst gesehen oder untersucht hast, um es in deinem Gedächtniß zu bewahren, so könnt ihr nimmermehr sagen, irgend etwas dessen, was ihr versichert, jemals geschen zu haben; d.h. die Abstammung und Herabsteigung der Seelen vom obern Sitze; ihr bedient euch also der Vermuthung, nicht der Zuverläßigkeit ausdrücklicher Erkenntniß. Was ist aber die Muthmaßung Anderes, als die unzuverlässige Meinung von Dingen und das angewandte Streben des Verstandes auf etwas nicht Seyendes? Wer also muthmaßt, der hat keinen Grund und kommt nicht zur augenscheinlichen Erkenntniß. Ist dieß bei zuverlässigen und höchst erfahrenen Richtern wahr und unumstößlich, so ist diese eure Muthmaßung, der ihr vertraut, für Unwissenheit zu halten.
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