Nr. 60
Da also auch euch; selbst so bedeutender und so vielfacher Dinge Anfänge, Ursachen, Gründe unbekannt sind, und ihr nicht erklären könnt, was gemacht worden oder warum, oder weßhalb es nicht hätte S. 88 gemacht werden sollen, so verhöhnt und verlacht ihr unsere Scheu; die wir bekennen, was man nicht zu wissen vermag, nicht zu wissen, und uns nicht bemühen, was auf's zuverlässigste unerfaßbar ist, zu erforschen und auszuspüren, obschon die Muthmaßung tausendfach das menschliche Herz ausdehnt und anstrengt. Und deßhalb hat Christus, freilich wider euern Willen Gott, ich sage Gott Christus, - denn oftmals muß dieß gesagt werden, damit der Ungläubigen Gehör berste und platze, - auf des obersten Gottes Geheiß unter der Gestalt des Menschen sprechend, da Er wohl wußte, daß der Sterblichen Natur blind sey und keine Wahrheit erfassen könne, noch auch das ihr vor Augen Gelegte für gewiß hinnehme, und daß sie, was auch immer sie sich erkannt zu haben überredet, dennoch in Vermuthungen hangen bleibe, Streitfragen aufwerfe und anstrenge, uns vorgeschrieben, dieß Alles zu unterlassen und hintanzusetzen; auch auf jene Dinge, welche unserer Erkenntniß entzogen worden, kein unfruchtbares Nachdenken zu verwenden, sondern so viel möglich aus ganzem Gemüthe und ganzer Seele zum Herrn aller Dinge uns hinzuwenden, von diesen Gelegenheiten uns hinwegzuheben, und zwar die muthmaßlichen Veränderungen unserer Brust auf Ihn zurückzuführen, immer dar seiner eingedenk zu seyn; und obschon Derselbe durch keine Einbildungskraft vorgestellt werden könne, ich weiß nicht welchen Schatten der Anschauung Ihm anzudichten. Aus allen den Dingen nämlich, welche die erhabenste Gottheit in Dunkelheit hüllt, ist er allein unbezweifelbar, allein wahr, und wegen Ihm kann nur der Sinnlose aus unsinniger Hoffnungslosigkeit zweifeln, welchen zu wissen genügt, um Nichts Anderes zu wissen und die wahre, größte Wissenschaft zu empfangen, in Gott dem Haupte und der Erkenntniß aller Dinge befestigt worden.
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