Nr. 11
Und ihr wagt es, uns die Klage der Götterbeleidigung S. 103 zuzuschreiben, da bei angestellter Untersuchung doch diese aufs zuverläßigste euch anheimfällt und nicht in der von euch vermeinten Schmach, die wir ihnen anthun sollen, besteht: denn wenn die Götter, wie ihr behauptet, vom Zorn ergriffen werden und in Unwille entbrennen; warum sollen wir nicht dafürhalten, daß sie ungern und sehr ungern hinnehmen, von euch sich das Geschlecht beilegen zu lassen, womit Hunde und Schweine begabt sind? Verhält sich dieß folglich also, dann seyd ihr alles Jammers Ursache; ihr reizt die Götter, ihr treibt sie an, mit allen Uebeln die Länder heimzusuchen und täglich neue anzuordnen, um sich, durch so viele Unbilden und Beschimpfung erbittert, an euch rächen zu können. Durch Beschimpfungen und Unbilden, sage ich, durch schmähliche Fabeln theils, theils durch unanständige Meinungen, welche eure Theologen, eure Dichter, ja ihr selbst in schimpflichen Gebräuchen verherrlicht, werdet ihr die menschlichen Zustände verloren finden und daß die Götter das Steuer von sich geworfen haben; wenn anders derselben Sorge die Lenkung und Verwaltung der menschlichen Angelegenheiten beachtet: denn warum sollten sie uns zürnen, von denen sie wahrnehmen und bemerken, daß wir sie weder verehren noch verlachen, wie man sagt, sondern vielmehr hinsichtlich ihrer Würde anständiger als ihr urtheilen und glauben.
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