Nr. 16
Wie könnt ihr jedoch diese Schriften der Falschheit beschuldigen, da eure während des Jahreslaufes vollbrachten heiligen Feste Zeugniß ablegen, daß ihr sowohl derselben Wahrhaftigkeit glaubt, als auch ihnen zuverlässige Gewißheit zugesteht? denn was soll jene Pinie, die ihr jedesmal an bestimmten Tagen in der Göttermutter Heiligthum einbringt? Ist sie nicht ein Abbild jenes Baumes, unter dem der rasende, unglückselige Jüngling an sich selbst Hand anlegte und den die Gebärerin der Götter zum Labsal für seine Wunde heiligte? Was bedeuten jene Wollbinden, mit denen ihr des Baumes Stamm umbindet und umwickelt? Ist es nicht die Wiederholung jener Wolldecken, mit denen Ja den Entkräfteten zugedeckt, der Meinung, sie könne einige Wärme den erkaltenden Gliedmaßen mittheilen? Was sollen die mit Violenkränzen geschmückten und die mit des Baumes Zweigen umwundenen? Zeigen sie nicht an, daß die Mutter mit den Erstlingblumen die Pinie geziert habe, die Anzeigerin und Zeugin eines jämmerlichen Schicksals? Was wollen die ihre Brust mit flacher Hand schlagenden Galli mit fliegenden Haaren? Rufen sie nicht die Trauer in's Gedächtniß zurück, welche die bethurmte Mutter mit Acdestis in thränenreichem Heulen dem Knaben erwiesen? Was soll die Enthaltung von der Nahrung des Brodes, die ihr Castus benannt habt? Ist sie nicht eine Nachahmung jener Zeit, wo sich die Gottheit aus Uebermaß des Schmerzes vom Brod enthielt?
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