Nr. 22
Ist dieß also zu nichte gemacht und ohne irgend eines Grundes Stütze, so ist auch der Opfer Grund selbst ein nichtiger: denn wer ist im Stande, das was folgt für eine zuverlässige Ursache zu halten, wird er gewahr, daß jenes Erste selbst, von dem das Zweite hergekommen, durchaus nichtig und eitel, auf keinen festen Grund gestellt sey? Man sagt: der Mutter Erde wird eine trächtige Sau geopfert; der Jungfrau Minerva aber eine unberührte Kalbe, die noch keinen Stachel, noch keiner Dienstleistung Anstrengung erduldet hat. Wir halten vielmehr dafür, weder müsse man der Jungfrau eine Unbefleckte schlachten, damit nicht die Reinheit im Thier verletzt werde; noch auch der Erde eine Trächtige und fruchtbare, zur Ehrung ihrer Fruchtbarkeit, die wir insgesammt als immerdar in unverletzter Jungfräulichkeit beharrend verlangen und wünschen. Wenn nämlich, weil Tritonia eine Jungfrau ist, um deßwillen ihr zukommt, reine Opfer sich schlachten zu lassen, und muß Tellus, weil eine Mutter, auf gleiche Weise trächtige Säue empfangen; so muß folglich auch Apollo, weil ein Musiker, musikalische, Aeskulap, weil Arzt, zur Heilung dienliche, Vulkan, weil Künstler, künstlerische und Merkur, weil beredsam, wohlberedete Opfer sich darbringen lassen. Ist dieß zu sprechen aber Unsinn, oder um gelinder mich auszudrücken, vernunftlos; um wie viel größere Sinnlosigkeit ist dann, der Erde befruchtete Thiere zu schlachten, damit sie an Fruchtbarkeit reicher; der Minerva keusche und reine, damit sie unbefleckt, unversehrter Jungfräulichkeit sey.
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