Nr. 39
Welche Befleckung und welche Schande konnte aus dieser That hervorkommen, wodurch der Cirkus entweder verunreinigt oder Jupiter bemakelt würde, da er doch in der kürzesten Zeit, in jedem Augenblick auf dem ganzen Erdkreise Tausende durch die verschiedenartigsten Todesarten und mannigfaltigsten Martern zu Grunde gehen sehen mußte? es heißt: Ehe man die Spiele anzustellen begann, ist der Sklave bestraft worden. Wofern mit frevelhaftem Sinn und aus Religionsverachtung, so ist Grund vorhanden, daß wir dem ob seiner Verachtung und wegen der geringern auf die eigentlichen circensischen Spiele verwendeten Sorgfalt unwilligen Jupiter verzeihen S. 206 müssen. Wofern aber aus Irrthum oder Zufall, indem die sich bergende Verletzung nicht wahrgenommen und erkannt wurde, war es da nicht recht und dem Jupiter schicklich, der menschlichen Fehler zu vergessen und der Unwissenheit Blindheit mit der Verzeihung Zugeständnis zu beschenken? Allein die Sache mußte bestraft werden. Und hiernach wer will glauben, der sey ein Gott gewesen, welcher die Vernachlässigung einer kindischen Erlustigung durch den Untergang einer Stadt gerächt und bestraft hat? der habe die Kraft irgend eines Ernstes, einer Würde oder Beharrlichkeit besessen, welcher, damit man ihm zur Ergötzung von neuem Rennspiele anstelle, das Luftschöpfen zum Verderben machte und mittelst der Pest der Menschheit Vernichtung verhing? Wenn der Spielegeber, der Magistrat, zu geringe Sorge aufwand zu erfahren, was an jenem Tage mitten im Cirkus geschehen und hierdurch eine Schuld sich erzeugt hat, was verdiente das unglückselige Volk, fremdes Verbrechen mit eigener Todesstrafe zu sühnen und durch die Pestseuche grausamer Weise aus dem Leben getrieben zu werden? Ja, was hatte das weibliche Geschlecht verschuldet, welches seiner Gebrechlichkeit Zustand von den öffentlichen Angelegenheiten entbindet? was jene herangewachsenen Jungfrauen, was die kleinen Kinder? Was endlich die Säuglinge? daß auch auf sie dieselbe Wuth losgelassen wurde, und zwar vorerst des Todes Bitterkeit, ehe sie noch irgend eine Süßigkeit des Lichtes zu genießen vermochten.
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