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Summa theologiae
Articulus 3
Iª-IIae q. 25 a. 3 arg. 1
Ad tertium sic proceditur. Videtur quod spes non sit prima inter passiones irascibilis. Vis enim irascibilis ab ira denominatur. Cum ergo denominatio fiat a potiori, videtur quod ira sit potior et prior quam spes.
Iª-IIae q. 25 a. 3 arg. 2
Praeterea, arduum est obiectum irascibilis. Sed magis videtur esse arduum quod aliquis conetur superare malum contrarium quod imminet ut futurum, quod pertinet ad audaciam; vel quod iniacet iam ut praesens, quod pertinet ad iram; quam quod conetur acquirere simpliciter aliquod bonum. Et similiter magis videtur esse arduum quod conetur vincere malum praesens, quam malum futurum. Ergo ira videtur esse potior passio quam audacia, et audacia quam spes. Et sic spes non videtur esse prior.
Iª-IIae q. 25 a. 3 arg. 3
Praeterea, prius occurrit, in motu ad finem, recessus a termino, quam accessus ad terminum. Sed timor et desperatio important recessum ab aliquo, audacia autem et spes important accessum ad aliquid. Ergo timor et desperatio praecedunt spem et audaciam.
Iª-IIae q. 25 a. 3 s. c.
Sed contra, quanto aliquid est propinquius primo, tanto est prius. Sed spes est propinquior amori, qui est prima passionum. Ergo spes est prior inter omnes passiones irascibilis.
Iª-IIae q. 25 a. 3 co.
Respondeo dicendum quod, sicut iam dictum est, omnes passiones irascibilis important motum in aliquid. Motus autem ad aliquid in irascibili potest causari ex duobus, uno modo, ex sola aptitudine seu proportione ad finem, quae pertinet ad amorem vel odium; alio modo, ex praesentia ipsius boni vel mali, quae pertinet ad tristitiam vel gaudium. Et quidem ex praesentia boni non causatur aliqua passio in irascibili, ut dictum est, sed ex praesentia mali causatur passio irae. Quia igitur in via generationis seu consecutionis, proportio vel aptitudo ad finem praecedit consecutionem finis; inde est quod ira, inter omnes passiones irascibilis, est ultima, ordine generationis. Inter alias autem passiones irascibilis, quae important motum consequentem amorem vel odium boni vel mali, oportet quod passiones quarum obiectum est bonum, scilicet spes et desperatio, sint naturaliter priores passionibus quarum obiectum est malum, scilicet audacia et timore. Ita tamen quod spes est prior desperatione, quia spes est motus in bonum secundum rationem boni quod de sua ratione est attractivum, et ideo est motus in bonum per se; desperatio autem est recessus a bono, qui non competit bono secundum quod est bonum, sed secundum aliquid aliud, unde est quasi per accidens. Et eadem ratione, timor, cum sit recessus a malo, est prior quam audacia. Quod autem spes et desperatio sint naturaliter priores quam timor et audacia, ex hoc manifestum est, quod, sicut appetitus boni est ratio quare vitetur malum, ita etiam spes et desperatio sunt ratio timoris et audaciae, nam audacia consequitur spem victoriae, et timor consequitur desperationem vincendi. Ira autem consequitur audaciam, nullus enim irascitur vindictam appetens, nisi audeat vindicare, secundum quod Avicenna dicit, in sexto de naturalibus. Sic ergo patet quod spes est prima inter omnes passiones irascibilis. Et si ordinem omnium passionum secundum viam generationis, scire velimus, primo occurrunt amor et odium; secundo, desiderium et fuga; tertio, spes et desperatio; quarto, timor et audacia; quinto, ira; sexto et ultimo, gaudium et tristitia, quae consequuntur ad omnes passiones, ut dicitur in II Ethic. Ita tamen quod amor est prior odio, et desiderium fuga, et spes desperatione, et timor audacia, et gaudium quam tristitia, ut ex praedictis colligi potest.
Iª-IIae q. 25 a. 3 ad 1
Ad primum ergo dicendum quod, quia ira causatur ex aliis passionibus sicut effectus a causis praecedentibus, ideo ab ea, tanquam a manifestiori, denominatur potentia.
Iª-IIae q. 25 a. 3 ad 2
Ad secundum dicendum quod arduum non est ratio accedendi vel appetendi, sed potius bonum. Et ideo spes, quae directius respicit bonum, est prior, quamvis audacia aliquando sit in magis arduum, vel etiam ira.
Iª-IIae q. 25 a. 3 ad 3
Ad tertium dicendum quod appetitus primo et per se movetur in bonum, sicut in proprium obiectum; et ex hoc causatur quod recedat a malo. Proportionatur enim motus appetitivae partis, non quidem motui naturali, sed intentioni naturae; quae per prius intendit finem quam remotionem contrarii, quae non quaeritur nisi propter adeptionem finis.
Übersetzung
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Summe der Theologie
Dritter Artikel. Die Hoffnung ist die erste unter den Leidenschaften der Abwehrkraft.
a) Dem steht entgegen: I. Die Benennung geht aus vom Wichtigeren, Ersten. Die Abwehrkraft aber wird so genannt vom Zorne, weil sie aufsteht gegen das bereits bestehende Übel. Irascibilis kommt von ira. Also nicht die Hoffnung ist die erste unter den Leidenschaften der Abwehrkraft. II. Das Schwierige ist der Gegenstand der Abwehrkraft. Schwieriger aber erscheint es, daß jemand Anstrengungen macht, um wider das entgegenstehende Übel sich zu wehren, welches als bevorstehend droht, was der Kühnheit zugehört. Und wieder schwieriger erscheint es, das gegenwärtige Übel zu überwinden, was dem Zorne eigen ist, als sich anzustrengen, um einfach ein Gut zu erreichen. Und ähnlich scheint es schwieriger zu sein, sich gegen ein bereits gegenwärtiges Übel zu wehren als gegen ein in der Zukunft liegendes. Also scheint zuerst in der Abwehrkraft der Zorn kommen zu müssen, dann die Kühnheit und endlich die Hoffnung; und so ist die Hoffnung nicht die überwiegende Leidenschaft in der Abwehrkraft. III. Vorher in der Bewegung zum Zwecke hin ist die Entfernung von einem Abschlußpunkte wie die Annäherung an einen Anschlußpunkt. Die Furcht nun und die Verzweiflung schließen ein die Entfernung von etwas; die Kühnheit aber und die Hoffnung schließen ein die Annäherung an etwas. Also gehen vor die Furcht und die Verzweiflung. Auf der anderen Seite ist etwas in demselben Grade früher als es dem Ersten näher steht. Die Hoffnung aber steht der Liebe näher, welche die beste ist unter den Leidenschaften. Also die Hoffnung geht allen Leidenschaften der Abwehrkraft voran.
b) Ich antworte, daß, wie bereits gesagt, alle Leidenschaften in der Abwehrkraft eine Bewegung einschließen zu etwas hin. Eine solche Bewegung zu etwas hin kann aber in zweifacher Weise verursacht werden: einmal infolge der Hinneigung zum Zwecke hin, die zum Hasse oder zur Liebe gehört; dann infolge der Gegenwart des Guten oder des Bösen, was zur Trauer oder zur Freude gehört. Aus der Gegenwart des Guten nun wird keine Leidenschaft in der Abwehrkraft verursacht, wie bereits gesagt worden; aus der Gegenwart des Bösen aber wird verursacht der Zorn. Weil nun also auf dem Wege der wirklichen Erreichung des Zweckes die Hinneigung zum Zwecke oder die demselben angepaßte Verfassung der Seele vorangeht der Erreichung des Zweckes, daher kommt es, daß auf dem Wege zur Erreichung des Zweckes, auf dem Wege der Erzeugung seines Besitzes, der Zorn unter allen Leidenschaften der Abwehrkraft die letzte ist. Unter den anderen sind jene Leidenschaften der Abwehrkraft, welche auf das Gute als auf ihren Gegenstand gehen, also die Hoffnung und die Verzweiflung, der ganzen Natur der Sache nach früher wie die, deren Gegenstand das Böse ist: die Kühnheit und die Furcht. Und die Hoffnunggeht da wieder der Verzweiflung voran. Denn sie ist Bewegung zum Guten hin, insofern dieses ein Gut ist und somit seiner Natur nach anzieht; während die Verzweiflung ein Entfernen vom Guten ist, was dem Guten als solchem nicht zukommt, daß es nämlich abstößt, sondern infolge von etwas, was zum Guten hinzugetreten ist, also gewissermaßen per accidens. Und ebenso ist die Furcht aus demselben Grunde, als das Sich-Entfernen vom Übel, früher als die Kühnheit, welche auf das Übel losgeht; denn die Nalur des Übels oder Bösen ist es, abzustoßen und nur wegen eines von außen hinzutretenden Umstandes zieht es an. Daß nun Hoffnung und Verzweiflung vorangeht der Furcht und der Kühnheit, ist auch daraus offenbar, daß wie das Begehren nach dem Guten der Grund ist für das Vermeiden des Bösen, so auch Hoffen und Verzweifeln den Grund enthält für das Fürchten und Kühnsein. Denn die Kühnheit folgt der Hoffnung auf den Sieg; und die Furcht folgt der Verzweiflung am Siege. Der Zorn aber folgt der Kühnheit. „Denn niemand ist zornig nach Rache trachtend, der nicht die Kühnheit vorher in sich fühlt, sich zu rächen“ sagt Avicenna. (6. de natural.) So also ist die Hoffnung die erste unter den Leidenschaften der Abwehrkraft. Die Ordnung der Leidenschaften insgesamt auf dem Wege zur Erreichung des Zweckes ist demgemäß folgende: 1. Liebe und Haß; 2. Begehren und Verabscheuen; 3. Hoffnung und Verzweiflung; 4. Furcht und Kühnheit; 5. Zorn; 6. Freude und Trauer; so zwar daß die Liebe dem Hasse vorangeht, das Begehren dem Fliehen etc., wie gesagt.
c) I. Der Zorn wird von anderen Leidenschaften verursacht wie die Wirkung von den Ursachen, die vorhergehen; und deshalb, weil er am bekanntesten ist, giebt er den Namen. II. Nicht das Schwierige ist der Grund der Annäherung oder des Sich-Entfernens, sondern vielmehr der Charakter des Guten; und deshalb ist die Hoffnung, welche unmittelbarer auf das Gute geht, früher, wenn auch die Kühnheit bisweilen auf mehr Schwieriges sich richtet und ebenso der Zorn. III. Das Begehren geht zuvörderst und an sich auf das Gute und daraus entspringt die Entfernung vom Übel. Auch die Natur will zuerst den Zweck und dann erst die Entfernung des dem Zwecke Entgegenstehenden.