Edition
Masquer
Summa theologiae
Articulus 12
Iª q. 79 a. 12 arg. 1
Ad duodecimum sic proceditur. Videtur quod synderesis sit quaedam specialis potentia ab aliis distincta. Ea enim quae cadunt sub una divisione, videntur esse unius generis. Sed in Glossa Hieronymi Ezech. I, dividitur synderesis contra irascibilem et concupiscibilem et rationalem; quae sunt quaedam potentiae. Ergo synderesis est quaedam potentia.
Iª q. 79 a. 12 arg. 2
Praeterea, opposita sunt unius generis. Sed synderesis et sensualitas opponi videntur, quia synderesis semper inclinat ad bonum, sensualitas autem semper ad malum; unde per serpentem significatur, ut patet per Augustinum, XII de Trin. Videtur ergo quod synderesis sit potentia, sicut et sensualitas.
Iª q. 79 a. 12 arg. 3
Praeterea, Augustinus dicit, in libro de libero arbitrio, quod in naturali iudicatorio adsunt quaedam regulae et semina virtutum et vera et incommutabilia, haec autem dicimus synderesim. Cum ergo regulae incommutabiles quibus iudicamus, pertineant ad rationem secundum sui superiorem partem, ut Augustinus dicit XII de Trin.; videtur quod synderesis sit idem quod ratio. Et ita est quaedam potentia.
Iª q. 79 a. 12 s. c.
Sed contra, potentiae rationales se habent ad opposita, secundum philosophum. Synderesis autem non se habet ad opposita, sed ad bonum tantum inclinat. Ergo synderesis non est potentia. Si enim esset potentia, oporteret quod esset rationalis potentia, non enim invenitur in brutis.
Iª q. 79 a. 12 co.
Respondeo dicendum quod synderesis non est potentia, sed habitus, licet quidam posuerint synderesim esse quandam potentiam ratione altiorem; quidam vero dixerint eam esse ipsam rationem, non ut est ratio, sed ut est natura. Ad huius autem evidentiam, considerandum est quod, sicut supra dictum est, ratiocinatio hominis, cum sit quidam motus, ab intellectu progreditur aliquorum, scilicet naturaliter notorum absque investigatione rationis, sicut a quodam principio immobili, et ad intellectum etiam terminatur, inquantum iudicamus per principia per se naturaliter nota, de his quae ratiocinando invenimus. Constat autem quod, sicut ratio speculativa ratiocinatur de speculativis, ita ratio practica ratiocinatur de operabilibus. Oportet igitur naturaliter nobis esse indita, sicut principia speculabilium, ita et principia operabilium. Prima autem principia speculabilium nobis naturaliter indita, non pertinent ad aliquam specialem potentiam; sed ad quendam specialem habitum, qui dicitur intellectus principiorum, ut patet in VI Ethic. Unde et principia operabilium nobis naturaliter indita, non pertinent ad specialem potentiam; sed ad specialem habitum naturalem, quem dicimus synderesim. Unde et synderesis dicitur instigare ad bonum, et murmurare de malo, inquantum per prima principia procedimus ad inveniendum, et iudicamus inventa. Patet ergo quod synderesis non est potentia, sed habitus naturalis.
Iª q. 79 a. 12 ad 1
Ad primum ergo dicendum quod illa divisio Hieronymi attenditur secundum diversitatem actuum, non secundum diversitatem potentiarum. Diversi autem actus possunt esse unius potentiae.
Iª q. 79 a. 12 ad 2
Ad secundum dicendum quod similiter oppositio sensualitatis et synderesis attenditur secundum oppositionem actuum; non sicut diversarum specierum unius generis.
Iª q. 79 a. 12 ad 3
Ad tertium dicendum quod huiusmodi incommutabiles rationes sunt prima principia operabilium, circa quae non contingit errare; et attribuuntur rationi sicut potentiae, et synderesi sicut habitui. Unde et utroque, scilicet ratione et synderesi, naturaliter iudicamus.
Traduction
Masquer
Summe der Theologie
Zwölfter Artikel Das Bewußtsein oder die Synderesis ist kein besonderes Vermögen.
a) Dies scheint jedoch der Fall zu sein. Denn: I. Die Glosse des Hieronymus (I. Ezech. quatuor facieas) nennt das Bewußtsein neben dem Abwehr-, Begehr- und Vernunftvermögen. Also ist das Bewußtsein auch ein eigenes Vermögen. II. Was sich gegenübersteht, gehört ein und derselben „Art“ an. Das Bewußtsein aber steht gegenüber der Sinnlichkeit; denn diese neigt zum Bösen hin, jenes zum Guten. Da also die Sinnlichkeit, welche durch die Schlange bezeichnet wird (12. de Trin. 12.), ein Vermögen ist, so gehört auch das Bewußtsein dieser selben Seinsart an und ist ein Vermögen. III. Augustinus sagt (2. de lib. arb. 10.): „Der natürliche Richterstuhl besteht in einigen Regeln und Samenkörnern der Tugenden, die da wahr und unveränderlich sind.“ Gerade dies aber nennen wir Bewußtsein. Da also die unverrückbaren Regeln, vermittelst deren wir urteilen, zur höheren Verstandeskraft gehören, wie Augustin sagt (12. de Trin. c. 2.), so scheint es, daß das Bewußtsein auf derselben Stufe steht wie die Vernunft und daß es somit ein Vermögen ist. Auf der anderen Seite sind die vernünftigen Vermögen ebenso fähig, das Eine zu thun wie dessen Gegenteil. (12 Metaph.) Das Bewußtsein aber treibt nur zum Guten hin und giebt die Hinneigung dazu. Da es also ein vernünftiges Vermögen sein müßte (sonst käme es auch den Tieren zu), ein solches aber nicht ist, so ist es überhaupt kein Vermögen.
b) Ich antworte, das Bewußtsein oder die Synderesis ist keinerlei Vermögen, sondern ein Zustand im Vermögen; obwohl einige meinten, es sei ein höheres Vermögen wie die Vernunft und andere, es sei die Vernunft selber nicht zwar als Vermögen, sondern als Natur oder Wesenheit. Das Schließen nämlich von einem auf das andere ist gewissermaßen eine Bewegung. Es geht von einigen Auffassungen aus, die ohne weitere Forschung einem jeden die Natur an die Hand giebt und die deshalb ein unverrückbares Princip bilden; — und es endet auch wieder darin, daß wir vermittelst dieser von der Natur her bekannten unverrückbaren Principien urteilen über das, was wir im Schließen von einem auf das andere gefunden haben. Nun schließt in derselben Weise die rein betrachtende spekulative Vernunft im Bereiche dessen, was nur der Betrachtung dient; wie die thätige praktische Vernunft schließt im Bereiche dessen, was gewirkt werden kann. Wie also dort die Natur einige feststehende Principien eingeprägt hat, so müssen auch hier von Natur aus jedem Menschen Principien eingeprägt sein, vermittelst deren er anfangen kann, von einem auf das andere zu schließen, und an denen er dann die Richtigkeit seines Ergebnisses erprobt. Nun gehören die ersten Principien, vermittelst deren zur reinen Erkenntnis der Wahrheit vorgeschritten wird, nicht einem besonderen Vermögen an; sondern sie bilden einen Zustand, den jeder Mensch in seinem Vernunftvermögen hat und der von Aristoteles (6 Ethic. cap. 6.) als intellectus principiorum, als grundlegende principielle Vernunft, bezeichnet wird. Also gehören auch die ersten Principien, vermöge deren wir der Vernunft nach zweckmäßig handeln, nicht einem besonderen Vermögen an, sondern bilden einen besonderen Zustand im Vernunftvermögen, den wir Synderesis, Bewußtsein nennen. Sonach wird vom Bewußtsein gesagt, es murre, es treibe zum Guten an, insofern wir von Natur aus die Principien in uns haben, vermittelst deren wir untersuchen und über das Gefundene urteilen. Nicht also ein eigenes Vermögen ist das Bewußtsein, sondern ein der Vernunft von Natur eingeprägter Zustand, der auf einen ganz bestimmten Erkenntnisgegenstand, nämlich auf das geht, was zum guten Wirken führt.
c) I. Jene Einteilung berücksichtigt nicht die Verschiedenheit der Vermögen, sondern die der Thätigkeiten. Ein Vermögen aber hat viele Thätigkeiten. II. Die Thätigkeiten des Bewußtseins und der Sinnlichkeit stehen sich gegenüber; nicht aber verschiedene Gattungen von Vermögen. III. Jene unverrückbar festen Principien gehören der Vernunft zu als dem Vermögen; dem Bewußtsein als dem Zustande; — gemäß beiden, der Vernunft und dem Bewußtsein, urteilen wir.