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Werke Thomas von Aquin (1225-1274) Summa Theologiae

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Summa theologiae

Articulus 8

Iª q. 84 a. 8 arg. 1

Ad octavum sic proceditur. Videtur quod iudicium intellectus non impediatur per ligamentum sensus. Superius enim non dependet ab inferiori. Sed iudicium intellectus est supra sensum. Ergo iudicium intellectus non impeditur per ligamentum sensus.

Iª q. 84 a. 8 arg. 2

Praeterea, syllogizare est actus intellectus. In somno autem ligatur sensus, ut dicitur in libro de Somn. et Vig.; contingit tamen quandoque quod aliquis dormiens syllogizat. Ergo non impeditur iudicium intellectus per ligamentum sensus.

Iª q. 84 a. 8 s. c.

Sed contra est quod in dormiendo ea quae contra licitos mores contingunt, non imputantur ad peccatum; ut Augustinus in XII super Gen. ad Litt. dicit. Hoc autem non esset si homo in dormiendo liberum usum rationis et intellectus haberet. Ergo impeditur rationis usus per ligamentum sensus.

Iª q. 84 a. 8 co.

Respondeo dicendum quod, sicut dictum est, proprium obiectum intellectui nostro proportionatum est natura rei sensibilis. Iudicium autem perfectum de re aliqua dari non potest, nisi ea omnia quae ad rem pertinent cognoscantur, et praecipue si ignoretur id quod est terminus et finis iudicii. Dicit autem philosophus, in III de caelo, quod sicut finis factivae scientiae est opus, ita naturalis scientiae finis est quod videtur principaliter secundum sensum, faber enim non quaerit cognitionem cultelli nisi propter opus, ut operetur hunc particularem cultellum; et similiter naturalis non quaerit cognoscere naturam lapidis et equi, nisi ut sciat rationes eorum quae videntur secundum sensum. Manifestum est autem quod non posset esse perfectum iudicium fabri de cultello, si opus ignoraret, et similiter non potest esse perfectum iudicium scientiae naturalis de rebus naturalibus, si sensibilia ignorentur. Omnia autem quae in praesenti statu intelligimus, cognoscuntur a nobis per comparationem ad res sensibiles naturales. Unde impossibile est quod sit in nobis iudicium intellectus perfectum, cum ligamento sensus, per quem res sensibiles cognoscimus.

Iª q. 84 a. 8 ad 1

Ad primum ergo dicendum quod, quamvis intellectus sit superior sensu, accipit tamen aliquo modo a sensu, et eius obiecta prima et principalia in sensibilibus fundantur. Et ideo necesse est quod impediatur iudicium intellectus ex ligamento sensus.

Iª q. 84 a. 8 ad 2

Ad secundum dicendum quod sensus ligatur in dormientibus propter evaporationes quasdam et fumositates resolutas, ut dicitur in libro de Somn. et Vig. Et ideo secundum dispositionem huiusmodi evaporationum, contingit esse ligamentum sensus maius vel minus. Quando enim multus fuerit motus vaporum, ligatur non solum sensus, sed etiam imaginatio, ita ut nulla appareant phantasmata; sicut praecipue accidit cum aliquis incipit dormire post multum cibum et potum. Si vero motus vaporum aliquantulum fuerit remissior, apparent phantasmata, sed distorta et inordinata; sicut accidit in febricitantibus. Si vero adhuc magis motus sedetur, apparent phantasmata ordinata; sicut maxime solet contingere in fine dormitionis, et in hominibus sobriis et habentibus fortem imaginationem. Si autem motus vaporum fuerit modicus, non solum imaginatio remanet libera, sed etiam ipse sensus communis ex parte solvitur; ita quod homo iudicat interdum in dormiendo ea quae videt somnia esse, quasi diiudicans inter res et rerum similitudines. Sed tamen ex aliqua parte remanet sensus communis ligatus; et ideo, licet aliquas similitudines discernat a rebus, tamen semper in aliquibus decipitur. Sic igitur per modum quo sensus solvitur et imaginatio in dormiendo, liberatur et iudicium intellectus, non tamen ex toto. Unde illi qui dormiendo syllogizant, cum excitantur, semper recognoscunt se in aliquo defecisse.

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Summe der Theologie

Achter Artikel. Das Urteil der Vernunft wird gehindert durch das Gebundensein der Sinne.

a) Ein solches Hindernis scheint unmöglich zu sein. Denn: I. Das Höhere wird nicht gehindert durch das Niedrigere. Das Urteil der Vernunft aber steht über den Sinnen. Also. II. Schließen vom einen auf das andere ist Sache der Vernunft. Im Schlafe aber ist der Sinn gebunden, (Arist. de somno et vigil. cap. 1.) Trotzdem trifft es sich jedoch, daß der Schlafende vom einen auf das andere schließt. Auf der anderen Seite sagt Augustin (12. sup. Gen. ad litt. 15.): „Was im Schlafen gegen die erlaubten Sitten geschieht, wird nicht als Sünde angerechnet.“ Das aber fände statt, wenn der Mensch im Schlafen den freien Gebrauch des Urteils und der Vernunft hätte.

b) Ich antworte, daß der eigenste Gegenstand unserer vernünftigen Erkenntnis die Natur der sichtbaren Dinge ist. Ein vollkommenes Urteit aber kann über eine Sache nicht gefällt werden, wenn nicht Alles gekannt wird, was zu ihr gehört, und zumal wenn man darüber in Unkenntnis sich befindet, was als Zweck und Abschluß des Urteils betrachtet werden muß. Aristoteles aber schreibt (3. de coelo): „Wie der Zweck der wirkenden Kunst und Wissenschaft das Werk ist, so ist der Zweck und Abschluß der Naturwissenschaft das, was so recht eigentlich gemäß den Sinnen gesehen wird.“ Denn der Schmied sucht nicht nach der Kenntnis des Messers, außer auf Grund des Werkes, damit er nämlich dieses einzelne besondere Messer mache. Und der Naturgelehrte sucht nicht nach der Kenntnis des Steines und des Pferdes, außer damit er wisse, worin der innere Seinsgrund jener Steine und Pferde besteht, welche unter die Sinne fallen. Es ist aber offenbar, daß der Schmied ein ausreichendes, allseitig vollendetes Urteil über das Messer nicht fällen könnte, wenn er in Unkenntnis wäre über die einzelnen Verhältnisse, für die das Messer dienen soll oder dient. Und kennt der Naturgelehrte die einzelnen sichtbaren Dinge nicht, so kann er über dieselben kein maßgebendes Urteil haben. Da wir nun aber in diesem gegenwärtigen Zustande unserer Vernunft nur erkennen kraft der beständigen Rücksichtnahme auf die Dinge der sichtbaren Natur, so ist ein ausreichendes Urteil der Vernunft nicht denkbar, wenn die Sinne gebunden sind, durch welche wir das Sichtbare als solches auffassen.

c) 1. Allerdings steht die Vernunft höher als der Sinn; jedoch geht ihre Thätigkeit gewissermaßen vom Sinne aus und empfängt etwas von dieser Seite her. II. Der Sinn ist in den Schlafenden gebunden wegen mannigfacher Ausdünstungen und wegen sich auflösender Feuchtigkeiten, wie Aristoteles sagt in de somno et vigil. cap. 1. et 3. Danach also ist der Sinn mehr oder weniger gebunden. Wenn die innere Ausdünstung sehr stark ist, so wird nicht nur der äußere Sinn gebunden, sondern auch die Einbildungskraft; und es erscheinen dann keinerlei Phantasiebilder in der Einbildungskraft. Dies trifft zu in erster Linie, wenn jemand zu schlafen anfängt, nachdem er viel gegessen und getrunken hat. Ist jedoch die Ausdünstung weniger nachhaltig, so erscheinen verdrehte und ungeordnete Phantasiebilder wie bei den Fieberkranken. Und ist die Bewegung der aufsteigenden Dünste noch mäßiger, so erscheinen ordnungsgemäße Phantasiegebilde; wie das am meisten am Ende des Schlafes eintrifft, bei nüchternen Menschen und bei solchen, die eine starke Einbildungskraft haben. Und ist die besagte Bewegung eine im höchsten Grade mäßige, so bleibt nicht nur die Einbildungskraft gelöst, sondern auch der „Gemeinsinn“ wird frei; so daß der Mensch bisweilen im Schlafen urteilt, das, was er sieht, sei ein Traumgebilde, als ob er gleichsam wirklich urteile und scheiden würde zwischen den wirklichen Dingen und deren Ähnlichleiten. Jedoch bleibt der „Gemeinsinn“ immer zum Teil gebunden. Und er wird deshalb, wenn er auch manche Ähnlichkeiten von den Dingen der Wirklichkeit unterscheidet, immer in Einigem getäuscht. Soweit also der Sinn und die Einbildung gelöst wird während des Schlafes, soweit wird frei das Urteil der Vernunft; niemals aber ist die Lösung eine vollständige. Wer sonach im Schlafe von einem auf das andere geschlossen hat und aufgeweckt wird, findet immer, er habe sich in etwas getäuscht.

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