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Summa theologiae
Articulus 1
Iª-IIae q. 5 a. 1 arg. 1
Ad primum sic proceditur. Videtur quod homo beatitudinem adipisci non possit. Sicut enim natura rationalis est supra sensibilem ita natura intellectualis est supra rationalem ut patet per Dionysium in libro de Div. Nom., in multis locis. Sed bruta animalia, quae habent naturam sensibilem tantum, non possunt pervenire ad finem rationalis naturae. Ergo nec homo, qui est rationalis naturae, potest pervenire ad finem intellectualis naturae, qui est beatitudo.
Iª-IIae q. 5 a. 1 arg. 2
Praeterea, beatitudo vera consistit in visione Dei, qui est veritas pura. Sed homini est connaturale ut veritatem intueatur in rebus materialibus, unde species intelligibiles in phantasmatibus intelligit, ut dicitur in III de anima. Ergo non potest ad beatitudinem pervenire.
Iª-IIae q. 5 a. 1 arg. 3
Praeterea, beatitudo consistit in adeptione summi boni. Sed aliquis non potest pervenire ad summum, nisi transcendat media. Cum igitur inter Deum et naturam humanam media sit natura angelica, quam homo transcendere non potest; videtur quod non possit beatitudinem adipisci.
Iª-IIae q. 5 a. 1 s. c.
Sed contra est quod dicitur in Psalmo XCIII, beatus homo quem tu erudieris, domine.
Iª-IIae q. 5 a. 1 co.
Respondeo dicendum quod beatitudo nominat adeptionem perfecti boni. Quicumque ergo est capax perfecti boni, potest ad beatitudinem pervenire. Quod autem homo perfecti boni sit capax, ex hoc apparet, quia et eius intellectus apprehendere potest universale et perfectum bonum, et eius voluntas appetere illud. Et ideo homo potest beatitudinem adipisci. Apparet etiam idem ex hoc quod homo est capax visionis divinae essentiae, sicut in primo habitum est; in qua quidem visione perfectam hominis beatitudinem consistere diximus.
Iª-IIae q. 5 a. 1 ad 1
Ad primum ergo dicendum quod aliter excedit natura rationalis sensitivam, et aliter intellectualis rationalem. Natura enim rationalis excedit sensitivam quantum ad cognitionis obiectum, quia sensus nullo modo potest cognoscere universale, cuius ratio est cognoscitiva. Sed intellectualis natura excedit rationalem quantum ad modum cognoscendi eandem intelligibilem veritatem, nam intellectualis natura statim apprehendit veritatem, ad quam rationalis natura per inquisitionem rationis pertingit, ut patet ex his quae in primo dicta sunt. Et ideo ad id quod intellectus apprehendit, ratio per quendam motum pertingit. Unde rationalis natura consequi potest beatitudinem, quae est perfectio intellectualis naturae, tamen alio modo quam Angeli. Nam Angeli consecuti sunt eam statim post principium suae conditionis, homines autem per tempus ad ipsam perveniunt. Sed natura sensitiva ad hunc finem nullo modo pertingere potest.
Iª-IIae q. 5 a. 1 ad 2
Ad secundum dicendum quod homini, secundum statum praesentis vitae, est connaturalis modus cognoscendi veritatem intelligibilem per phantasmata. Sed post huius vitae statum, habet alium modum connaturalem, ut in primo dictum est.
Iª-IIae q. 5 a. 1 ad 3
Ad tertium dicendum quod homo non potest transcendere Angelos gradu naturae, ut scilicet naturaliter sit eis superior. Potest tamen eos transcendere per operationem intellectus, dum intelligit aliquid super Angelos esse, quod homines beatificat; quod cum perfecte consequetur, perfecte beatus erit.
Übersetzung
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Summe der Theologie
Erster Artikel. Der Mensch kann die Seligkeit erreichen.
a) Dagegen läßt sich geltend machen: I. Wie die vernünftige Natur über der sinnbegabten steht, so ist die reine Vernunft, welche durch bloßes Schauen erkennt, über der Vernunft, welche dadurch erkennt, daß sie von einem auf das andere schließt; wie aus Dionysius (de div. nom. c. 4, 5, 6 etc.) hervorgeht. Die Tiere aber, die ja nur die sinnliche Natur haben, können nicht den Zweck der vernünftigen menschlichen Natur erreichen. Also kann auch der Mensch, der nur eine vermöge des Schließens vom einen zum anderen erkennende Vernunft hat, nicht den Zweck der ganz und rein vernünftigen Natur, er kann nicht die Seligkeit erreichen. II. Die Seligkeit besteht in der Anschauung Gottes, der reinenWahrheit. Der Natur des Menschen aber entspricht es, daß er die Wahrheit schaue, soweit sie in den stofflichen Dingen sich findet; weshalb er auch die geistigen Ideen in den vor ihm liegenden Phantasiebildern liest. Also kann er nicht zur Seligkeit gelangen. III. Die Seligkeit besteht im Erlangen des höchsten Gutes. Es kann aber jemand nicht zu einem höchsten Punkte gelangen, wenn er nicht das dazwischenliegende Mittlere übersteigt. Da also zwischen Gott und der Menschnatur in der Mitte liegt die Engelnatur, welche der Mensch nicht übersteigen kann, so ist es dem Menschen nicht möglich, die Seligkeit zu erreichen. Auf der anderen Seite sagt der Psalmist (93.): „Selig der Mann, den Du erziehst, o Herr.“
b) Ich antworte, daß die Seligkeit nichts Anderes bezeichnet wie die Erreichung des vollendeten Guten. Wer also fähig ist, das vollendete Gute zu besitzen, kann zur Seligkeit gelangen. Daß nun der Mensch fähig ist, das vollendete Gute zu besitzen, erscheint daraus, daß seine Vernunft das Gute im allgemeinen und somit das vollendete Gut erfassen, und daß sein Wille es begehren kann. Also kann der Mensch die Seligkeit erreichen. Zudem erhellt das Nämliche daraus, daß der Mensch der Anschauung des göttlichen Wesens fähig ist, wie I. Kap. 12, Art. 1 nachgewiesen worden. In dieser Anschauung aber besteht die Seligkeit.
c) I. In anderer Weise überragt die im allgemeinen vernünftige Natur die nur sinnbegabte, wie die rein geistige oder rein vernünftige Natur überragt die erstere, nämlich die mit Vernunft nur begabte, im übrigen körperliche Natur. Denn die mit Vernunft nur begabte, im übrigen körperliche Natur überragt die rein sinnliche mit Rücksicht auf den Erkenntnisgegenstand; da der Sinn keineswegs das Allgemeine zu erkennen vermag, während die schließende Vernunft dies kann. Die rein und ganz vernünftige Natur aber überragt die nur allgemein mit Vernunft begabte Natur nicht im Erkenntnisgegenstande, sondern allein in der Art und Weise, die Vernunftwahrheit zu erkennen; weil die erstere sogleich und unmittelbar die Wahrheit erfaßt, während die an zweiter Stelle genannte dadurch zur Wahrheit vordringt, daß sie nach dem Grunde fragt. Das Nämliche also, was die reine Vernunft erfaßt, zu dessen Kenntnis gelangt auch die vermittelst des Grundes schließende Vernunft. In anderer Weise gelangt sonach der Mensch zur Seligkeit wie der Engel, aber er gelangt zur selben Seligkeit. Denn der Engel hat gleich nach seiner Erschaffung die Seligkeit erlangt; der Mensch aber erreicht sie im Verlaufe einer gewissen Zeit. Die sinnliche Natur jedoch kann für sich allein betrachtet die Seligkeit gar nicht erlangen. II. Für das gegenwärtige Leben entspricht es der Natur des Menschen, vermittelst von Phantasiebildern die Wahrheit zu erkennen; nach diesem Leben ist eine andere Erkenntnisweise seiner Natur entsprechend. III. Was seine Natur anbelangt, so kann der Mensch nicht die Engel übersteigen, daß seine Natur etwa höher wäre wie die der Engel. Er kann sie aber übersteigen kraft der Thätigkeit seiner Vernunft, so daß er erkennt, es gäbe etwas Höheres wie die Engel, was die Menschen beseligt und, erreicht er es, so werde er selig sein.