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Werke Thomas von Aquin (1225-1274) Summa Theologiae

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Summe der Theologie

Achter Artikel. Es giebt vier Gattungen von Traurigkeit.

a) Unzulässigerweise werden von Damascenus (2 de orth. fide 13.) vier Gattungen von Trauer angegeben: Abgespanntheit, Angst, Mitleid und Scheelsucht. Denn: I. Die Trauer steht dem Ergötzen gegenüber; beim Ergötzen aber ist nicht die Rede von verschiedenen Gattungen. II. Die Reue ist eine Gattung von Trauer und ebenso die Rache und der Eifer, sagt Aristoteles 2 Rhet. 9 et 11. Diese werden aber in den genannten vier Gattungen nicht inbegriffen. III. Jede Teilung einer gemeinsamen „Art“ in Gattungen darf nur nach einem gewissen Gegensatze geschehen. Die besagten vier Gattungen aber haben keinen Gegensatz untereinander. Denn nach Nyssenus ist „Abspannung“ oder „Mutlosigkeit“ (acedia) „eine Trauer, welche die Worte abschneidet;“ die „Angst ist eine Trauer, die schwermütig macht;“ die Scheelsucht ist eine Trauer wegen des Guten in anderen;“ das „Beileidaber ist eine Trauer um der Übel in anderen willen.“ Dies Alles aber kann zusammen jemandem begegnen, daß er kein Wort sprechen kann, traurig ist wegen der Güter in den einen, der Übel in den anderen etc. Also ist dies keine gebührende Einteilung. Auf der anderen Seite steht die Autorität des Damascenus und Nyssenus.

b) Ich antworte, zum Wesen einer Gattung gehöre es, daß sie sich zur „Art“ verhält wie etwas Hinzugefügtes. Zur „Art“ kann aber etwas in doppelter Weise hinzugefügt werden: einmal, insoweit es von sich aus kraft seiner Natur zur „Art“ gehört und dem Vermögen nach in ihm enthalten ist, wie „vernünftig“ hinzugefügt wird zur „Art“ des Sinnbegabten; — und solches Hinzufügen stellt wahre Gattungen her innerhalb der gemeinsamen Art. (7 Metaph.) Dann kann zur „Art“ etwas an sich Fremdes hinzugefügt werden, was nicht zur Natur der Art gehört; wie wenn zum Sinnbegabten z. B. das „Weiße“ hinzugefügt wird oder Ähnliches; — und das stellt nicht eigentliche Gattungen her, wie wir von „Art“ und Gattung gewöhnlich sprechen. Bisweilen jedoch wird etwas als Gattung einer „Art“ bezeichnet, weil es etwas Fremdartiges an sich hat, worauf die Natur der „Art“ eine etwelche Anwendung findet. So werden die Kohle und die Flamme bezeichnet als Gattungen des Feuers; weil die Natur des Feuers da Anwendung findet auf einen ihm fremden Stoff. Ähnlich werden die Perspektive und Astronomie Gattungen der Mathematik genannt, insofern die Principien der Mathematik da angewandt werden auf einen ihr an sich fremden, der Natur angehörigen Stoff. Und in dieser Weise wird hier von Gattungen gesprochen, insoweit nämlich das Wesen der Traurigkeit Anwendung findet auf etwas ihm an und für sich Fremdes und Äußerliches. Letzteres nun kann genommen werden von seiten der Ursache und des Gegenstandes oder von seiten der Wirkung. Denn das der Trauer eigene Objekt ist das eigene Übel. Also als ein der Trauer an sich fremder Gegenstand kann etwas bezeichnet werden entweder rein gemäß dem Anderen, Fremden, weil es nämlich ein Übel ist, wenn auch nicht für die eigene Person — und das ist dann Mitleid, Trauer nämlich über fremdes Übel, insoweit dies als eigenes betrachtet wird; — oder dieser an sich fremde Gegenstand kann bezeichnet werden in Bezug auf Beides als ein fremder, nämlich weder als Übel noch als eigen, sondern als Gutes im Anderen, insoweit freilich das Übel im Anderen betrachtet wird als eigenes Gut und so ist es Scheelsucht. Die der Trauer eigene Wirkung nun besteht in einem gewissen Fliehen von seiten des Begehrens. Und da kann das Fremde mit Bezug auf die Wirkung der Trauer genommen werden als allein mit Rücksicht auf das Andere, Fremde, weil nämlich das Fliehen entfernt wird; und so ist da Angst, welche so den Geist beschwert, daß keine Ausflucht erscheint, so daß ein anderer Name dafür ist Beengstigung, Enge. Wenn aber diese Angst sich so weit erstreckt, daß sie auch die äußeren Glieder unbeweglich macht, so daß sie nicht thätig sind, so ist dies die acedia, Abspannung; und das ist dann etwas Fremdes mit Rücksicht auf Beides, es ist da weder thatsächlich ein Fliehen noch ist dies im Begehren. Deshalb aber wird von der Abspannung oder Mutlosigkeit gesagt, sie schneide das Wort ab, weil das Wort unter allen äußeren Bewegungen am meisten ausdrückt die innere Auffassung und Hinneigung.

c) I. Das Ergötzen kommt vom Guten, was immer in der nämlichen Weise gilt, nur immer ein und denselben Begriff immer vertritt. Das Übel aber ist vielgestaltet, wie Dionysius sagt. (4. de div. nom.) II. Die Reue bezieht sich auf das eigene Übel, das an und für sich, seiner Natur nach, Gegenstand der Trauer ist und deshalb zu diesen Gattungen nicht gehört. „Eifer“ und „Rachsucht“ aber gehören dem Neide an; vgl. unten. III. Diese Teilung hier geschieht nicht gemäß dem Gegensatze der Untergattungen, sondern gemäß der Verschiedenheit des an sich Fremdartigen, wozu jedoch die Natur der Trauer eine Beziehung hat.

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Summa theologiae

Articulus 8

Iª-IIae q. 35 a. 8 arg. 1

Ad octavum sic proceditur. Videtur quod Damascenus inconvenienter quatuor tristitiae species assignet, quae sunt acedia, achthos (vel anxietas secundum Gregorium Nyssenum), misericordia et invidia. Tristitia enim delectationi opponitur. Sed delectationis non assignantur aliquae species. Ergo nec tristitiae species debent assignari.

Iª-IIae q. 35 a. 8 arg. 2

Praeterea, poenitentia est quaedam species tristitiae. Similiter etiam Nemesis et zelus, ut dicit philosophus, II Rhetoric. Quae quidem sub his speciebus non comprehenduntur. Ergo insufficiens est eius praedicta divisio.

Iª-IIae q. 35 a. 8 arg. 3

Praeterea, omnis divisio debet esse per opposita. Sed praedicta non habent oppositionem ad invicem. Nam secundum Gregorium acedia est tristitia vocem amputans; anxietas vero est tristitia aggravans; invidia vero est tristitia in alienis bonis; misericordia autem est tristitia in alienis malis. Contingit autem aliquem tristari et de alienis malis, et de alienis bonis et simul cum hoc interius aggravari, et exterius vocem amittere. Ergo praedicta divisio non est conveniens.

Iª-IIae q. 35 a. 8 s. c.

Sed contra est auctoritas utriusque, scilicet Gregorii Nysseni et Damasceni.

Iª-IIae q. 35 a. 8 co.

Respondeo dicendum quod ad rationem speciei pertinet quod se habeat ex additione ad genus. Sed generi potest aliquid addi dupliciter. Uno modo, quod per se ad ipsum pertinet, et virtute continetur in ipso, sicut rationale additur animali. Et talis additio facit veras species alicuius generis, ut per philosophum patet, in VII et VIII Metaphys. Aliquid vero additur generi quasi aliquid extraneum a ratione ipsius, sicut si album animali addatur, vel aliquid huiusmodi. Et talis additio non facit veras species generis, secundum quod communiter loquimur de genere et speciebus. Interdum tamen dicitur aliquid esse species alicuius generis propter hoc quod habet aliquid extraneum ad quod applicatur generis ratio, sicut carbo et flamma dicuntur esse species ignis, propter applicationem naturae ignis ad materiam alienam. Et simili modo loquendi dicuntur astrologia et perspectiva species mathematicae, inquantum principia mathematica applicantur ad materiam naturalem. Et hoc modo loquendi assignantur hic species tristitiae, per applicationem rationis tristitiae ad aliquid extraneum. Quod quidem extraneum accipi potest vel ex parte causae, obiecti; vel ex parte effectus. Proprium enim obiectum tristitiae est proprium malum. Unde extraneum obiectum tristitiae accipi potest vel secundum alterum tantum, quia scilicet est malum, sed non proprium, et sic est misericordia, quae est tristitia de alieno malo, inquantum tamen aestimatur ut proprium. Vel quantum ad utrumque, quia neque est de proprio, neque de malo, sed de bono alieno, inquantum tamen bonum alienum aestimatur ut proprium malum, et sic est invidia. Proprius autem effectus tristitiae consistit in quadam fuga appetitus. Unde extraneum circa effectum tristitiae, potest accipi quantum ad alterum tantum, quia scilicet tollitur fuga, et sic est anxietas quae sic aggravat animum, ut non appareat aliquod refugium, unde alio nomine dicitur angustia. Si vero intantum procedat talis aggravatio, ut etiam exteriora membra immobilitet ab opere, quod pertinet ad acediam; sic erit extraneum quantum ad utrumque, quia nec est fuga, nec est in appetitu. Ideo autem specialiter acedia dicitur vocem amputare, quia vox inter omnes exteriores motus magis exprimit interiorem conceptum et affectum, non solum in hominibus, sed etiam in aliis animalibus, ut dicitur in I Polit.

Iª-IIae q. 35 a. 8 ad 1

Ad primum ergo dicendum quod delectatio causatur ex bono, quod uno modo dicitur. Et ideo delectationis non assignantur tot species sicut tristitiae, quae causatur ex malo, quod multifariam contingit, ut dicit Dionysius, IV cap. de Div. Nom.

Iª-IIae q. 35 a. 8 ad 2

Ad secundum dicendum quod poenitentia est de malo proprio, quod per se est obiectum tristitiae. Unde non pertinet ad has species. Zelus vero et Nemesis sub invidia continentur, ut infra patebit.

Iª-IIae q. 35 a. 8 ad 3

Ad tertium dicendum quod divisio ista non sumitur secundum oppositiones specierum, sed secundum diversitatem extraneorum ad quae trahitur ratio tristitiae, ut dictum est.

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