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Summe der Theologie
Elfter Artikel. Die einmal besessene heilige Liebe kann verloren werden.
a) Dies scheint nicht. Denn: I. Wer die heilige Liebe hat, kann nicht fündigen. 1. Joh. 3. nämlich heißt es: „Wer aus Gott geboren ist, thut keine Sünde, da Gottes Samen in ihm bleibt; er kann nicht sündigen, weil er ja aus Gott ist.“ Nur aber wer aus Gott geboren ist, nur also die Kinder Gottes haben die heilige Liebe; denn „sie unterscheidet zwischen den Kindern des Himmelreiches und den Kindern der Verdammnis.“ (Aug. 15. de Trin. 18.) Wer also die heilige Liebe einmal hat, kann nicht sündigen. II. Augustin (8. de Trin. 7.) sagt: „Ist die Liebe nicht wahr, so ist sie keine Liebe;“ und im Briefe an Julianus comes: „Eine Liebe, die verloren gehen kann, war nie eine wahre Liebe.“ III. Gregor (hom. 30. in Evang.) schreibt: „Wo die heilige Liebe sich findet, wirkt sie Großes; unterläßt sie es, zu wirken, so ist es keine Liebe.“ Keiner aber, der Großes wirkt, verliert die Liebe. Also wo die Liebe einmal ist, kann sie nicht verloren gehen. IV. Die heilige Liebe schließt aus alle Beweggründe zum Sündigen: sowohl die Selbstsucht, wie die Geldgier etc. Der freie Wille aber fällt nicht in Sünde, wenn kein dazu anreizender Grund besteht. Auf der anderen Seite heißt es Apok. 2.: „Ich habe gegen dich, daß du die erste Liebe verlassen hast.“
b) Ich antworte, daß durch die Liebe der heilige Geist in uns wohne. Deshalb können wir die Liebe in dreifacher Weise betrachten: 1. Mit Rücksicht auf den heiligen Geist, welcher der Seele den Anstoß giebt zur Gottesliebe. Danach ist Unfähigkeit des Sündigens mit der heiligen Liebe verbunden; denn der heilige Geist wirkt unfehlbar was immer Er will. Unmöglich also ist es, daß der heilige Geist jemanden hinbewegt zum Akte der Liebe; und zu gleicher Zeit, daß dieser die Liebe durch Sünde verliere. Denn die Gabe der Beharrlichkeit wird unter die Wohlthaten Gottes gerechnet, „kraft deren die befreit werden ohne allen Fehl befreit werden.“ (De dono persev. 14. Aug.) 2. Mit Rücksicht auf den Wesenscharakter der Liebe selbst. Und so kann die Liebe nichts, was nicht ihrem Wesen entspricht. Wie also das Feuer nicht Kälte verbreiten und die Ungerechtigkeit nicht Gutes machen kann, so kann die heilige Liebe nicht sündigen. (Aug, de serm. Dom. in monte lib. 2. c. 24.) 3. Mit Rücksicht auf den Träger der Liebe, den freien Willen, der zum Schlechten oder zum Guten sich wenden kann. Nun verhält sich die heilige Liebe zum Willen im allgemeinen wie eine vollendende bestimmende Form sich verhält zum bestimmbaren Stoffe, und im besonderen wie ein Zustand zum entsprechenden Vermögen. Zum Wesen einer derartigen Form nun gehört es, daß sie in einem Stoffe oder Subjekte in verlierbarer Weise sich findet, in dem Falle, daß sie nicht das ganze Vermögen des entsprechenden Stoffes bethätigt, so daß also durch sie nicht Alles das dem thatsächlichen Sein nach der betreffende Stoff wirklich ist, was er an sich werden kann; wie dies bei den dem irdischen Entstehen und Vergehen unterworfenen Dingen eintritt, wo der Stoff die eine Wesensform in der Weise in sich aufnimmt, daß er noch vermögend bleibt für andere Formen; und so wird die eine Form verloren durch das Eintreten der anderen. Die Form eines Himmelskörpers dagegen kann nicht verloren gehen; denn sie füllt aus das ganze Vermögen des ihr zugehörigen Stoffes, so daß nichts in diesem Stoffe übrig bleibt, was von sich aus noch zu etwas Anderem das Vermögen hat. So wird die Liebe im Himmel, wo sie die ganze Fassungskraft der vernünftigen Kreatur durch und durch ausfüllt und bethätigt, in unverlierbarer Weise besessen. Die Liebe aber auf dem Pilgerwege füllt nicht aus und bethätigt nicht in dieser Weise das Vermögen ihres Trägers oder Subjekts. Denn der vernünftige Geist richtet sich nicht immer dem thatsächlichen Wirken nach auf Gott; also kann, wenn er nicht auf Gott thatsächlich gerichtet ist, etwas entgegentreten, wodurch die Liebe verloren wird. Einem Zustande aber ist es eigen, daß er das betreffende Vermögen zum Thätigsein hinneigt, insofern er das als Gut erscheinen läßt was ihm entspricht, und das als böse was ihm widerstreitet. Wie nämlich der Geschmack über die Speisen urteilt nach seiner Verfassung, so urteilt der Geist über das, was zu thun ist, nach dem ihn regelnden Zustande: „Wie beschaffen jemand ist, als ein so beschaffener erscheint ihm der Zweck.“ Da also wird die heilige Liebe nie verloren, wo das, was ihr entspricht, nur als Gut erscheinen kann; wo nämlich Gott kraft seines Wesens geschaut wird. Hier auf dem Pilgerwege aber wird nicht Gott kraft seines Wesens geschaut; also kann die Liebe hier verloren werden.
c) I. Dies gilt vom heiligen Geiste, wie sub 1 gesagt wurde, durch dessen Kraft jene von Sünden frei gehalten und zum Guten hinbewegt werden, die Er will. II. Die Liebe, welche es in ihrem Wesen einschließt, verloren gehen zu können, wie z. B. die Liebe zu den vergänglichen Gütern, ist keine wahre heilige Liebe. Wird aber die Liebe verloren infolge der Veränderlichkeit des Trägers oder Subjekts gegenüber dem Wesenscharakter der Liebe, gemäß dem es in ihr eingeschlossen ist, auf das Ewige sich zu richten, so widerspricht dies nicht der Wahrheit dieser Liebe. III. Dem Vorsatze nach, wie er im Wesenscharakter der heiligen Liebe eingeschlossen ist, wirkt die heilige Liebe immer Großes; nicht immer der thatsächlichen Wirksamkeit nach wegen der Lage des Trägers. IV. In ihrem Wesenscharakter schließt die heilige Liebe allen Beweggrund zum Sündigen aus. Jedoch wirkt sie nicht immer thatsächlich; und da kann es geschehen, daß ein anderer Beweggrund dazwischentritt, der zur Sünde anreizt. Stimmt dem der Wille bei, so geht die Liebe verloren.
Edition
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Summa theologiae
Articulus 11
IIª-IIae q. 24 a. 11 arg. 1
Ad undecimum sic proceditur. Videtur quod caritas semel habita non possit amitti. Si enim amittitur, non amittitur nisi propter peccatum. Sed ille qui habet caritatem non potest peccare. Dicitur enim I Ioan. III, omnis enim qui natus est ex Deo, peccatum non facit, quia semen ipsius in eo manet, et non potest peccare, quoniam ex Deo natus est. Caritatem autem non habent nisi filii Dei, ipsa enim est quae distinguit inter filios regni et filios perditionis, ut Augustinus dicit, in XV de Trin. Ergo ille qui habet caritatem non potest eam amittere.
IIª-IIae q. 24 a. 11 arg. 2
Praeterea, Augustinus dicit, in VIII de Trin., quod dilectio, si non est vera, dilectio dicenda non est. Sed sicut ipse dicit in Epist. ad Iulianum comitem, caritas quae deseri potest, nunquam vera fuit. Ergo neque caritas fuit. Si ergo caritas semel habeatur, nunquam amittitur.
IIª-IIae q. 24 a. 11 arg. 3
Praeterea, Gregorius dicit, in homilia Pentecostes, quod amor Dei magna operatur, si est, si desinit operari, caritas non est. Sed nullus magna operando amittit caritatem. Ergo, si caritas insit, amitti non potest.
IIª-IIae q. 24 a. 11 arg. 4
Praeterea, liberum arbitrium non inclinatur ad peccatum nisi per aliquod motivum ad peccandum. Sed caritas excludit omnia motiva ad peccandum, et amorem sui, et cupiditatem, et quidquid aliud huiusmodi est. Ergo caritas amitti non potest.
IIª-IIae q. 24 a. 11 s. c.
Sed contra est quod dicitur Apoc. II, habeo adversum te pauca, quod caritatem primam reliquisti.
IIª-IIae q. 24 a. 11 co.
Respondeo dicendum quod per caritatem spiritus sanctus in nobis habitat, ut ex supradictis patet. Tripliciter ergo possumus considerare caritatem. Uno modo, ex parte spiritus sancti moventis animam ad diligendum Deum. Et ex hac parte caritas impeccabilitatem habet ex virtute spiritus sancti, qui infallibiliter operatur quodcumque voluerit. Unde impossibile est haec duo simul esse vera, quod spiritus sanctus aliquem velit movere ad actum caritatis, et quod ipse caritatem amittat peccando, nam donum perseverantiae computatur inter beneficia Dei quibus certissime liberantur quicumque liberantur, ut Augustinus dicit, in libro de Praed. Sanct. Alio modo potest considerari caritas secundum propriam rationem. Et sic caritas non potest nisi illud quod pertinet ad caritatis rationem. Unde caritas nullo modo potest peccare, sicut nec calor potest infrigidare; et sicut etiam iniustitia non potest bonum facere, ut Augustinus dicit, in libro de Serm. Dom. in monte. Tertio modo potest considerari caritas ex parte subiecti, quod est vertibile secundum arbitrii libertatem. Potest autem attendi comparatio caritatis ad hoc subiectum et secundum universalem rationem qua comparatur forma ad materiam; et secundum specialem rationem qua comparatur habitus ad potentiam. Est autem de ratione formae quod sit in subiecto amissibiliter quando non replet totam potentialitatem materiae, sicut patet in formis generabilium et corruptibilium. Quia materia horum sic recipit unam formam quod remanet in ea potentia ad aliam formam, quasi non repleta tota materiae potentialitate per unam formam; et ideo una forma potest amitti per acceptionem alterius. Sed forma corporis caelestis, quia replet totam materiae potentialitatem, ita quod non remanet in ea potentia ad aliam formam, inamissibiliter inest. Sic igitur caritas patriae, quia replet totam potentialitatem rationalis mentis, inquantum scilicet omnis actualis motus eius fertur in Deum, inamissibiliter habetur. Caritas autem viae non sic replet potentialitatem sui subiecti, quia non semper actu fertur in Deum. Unde quando actu in Deum non fertur, potest aliquid occurrere per quod caritas amittatur. Habitui vero proprium est ut inclinet potentiam ad agendum quod convenit habitui inquantum facit id videri bonum quod ei convenit, malum autem quod ei repugnat. Sicut enim gustus diiudicat sapores secundum suam dispositionem, ita mens hominis diiudicat de aliquo faciendo secundum suam habitualem dispositionem, unde et philosophus dicit, in III Ethic., quod qualis unusquisque est, talis finis videtur ei. Ibi ergo caritas inamissibiliter habetur, ubi id quod convenit caritati non potest videri nisi bonum, scilicet in patria, ubi Deus videtur per essentiam, quae est ipsa essentia bonitatis. Et ideo caritas patriae amitti non potest. Caritas autem viae, in cuius statu non videtur ipsa Dei essentia, quae est essentia bonitatis, potest amitti.
IIª-IIae q. 24 a. 11 ad 1
Ad primum ergo dicendum quod auctoritas illa loquitur secundum potestatem spiritus sancti, cuius conservatione a peccato immunes redduntur quos ipse movet quantum ipse voluerit.
IIª-IIae q. 24 a. 11 ad 2
Ad secundum dicendum quod caritas quae deseri potest ex ipsa ratione caritatis, vera caritas non est. Hoc enim esset si hoc in suo amore haberet, quod ad tempus amaret et postea amare desineret quod non esset verae dilectionis. Sed si caritas amittatur ex mutabilitate subiecti, contra propositum caritatis, quod in suo actu includitur; hoc non repugnat veritati caritatis.
IIª-IIae q. 24 a. 11 ad 3
Ad tertium dicendum quod amor Dei semper magna operatur in proposito, quod pertinet ad rationem caritatis. Non tamen semper magna operatur in actu, propter conditionem subiecti.
IIª-IIae q. 24 a. 11 ad 4
Ad quartum dicendum quod caritas, secundum rationem sui actus, excludit omne motivum ad peccandum. Sed quandoque contingit quod caritas actu non agit. Et tunc potest intervenire aliquod motivum ad peccandum, cui si consentiatur, caritas amittitur.