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Werke Thomas von Aquin (1225-1274) Summa Theologiae

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Summe der Theologie

Erster Artikel. Es darf eine Sache nicht um einen höheren Preis verkauft werden als ihr Wert es verlangt.

a) Dies ist ganz wohl gestattet. Denn: I. Das „Gerechte“ wird bestimmt nach den bürgerlichen Gesetzen, soweit es den vorliegenden Punkt betrifft. Die bürgerlichen Gesetze (ex Cod. lib. 4. tit. 44.) aber gestatten, daß der Käufer und Verkäufer sich gegenseitig täuschen; daß nämlich der Käufer billiger einkaufen und der Verkäufer teuerer verkaufen kann als die betreffende Sache wert ist. II. Was ganz allgemein im Gebrauche ist, scheint naturgemäß und erlaubt zu sein. Augustin aber berichtet (13. de Trin. 3.) den Ausspruch eines Darstellers wie einen allgemein angenommenen: „Billig wollt ihr kaufen und teuer verkaufen.“ So sagt auch Prov. 20.: „Die Sache ist schlecht, schlecht, sehr schlecht, sagt jeder Käufer; und hat er sie, so geht er und rühmt sich.“ III. Es scheint nicht unerlaubt, wenn Jenes auf Grund gegenseitigen Übereinkommens geschieht, was bereits die Sitte des Anstandes erfordert. Nach Aristoteles aber darf in der Freundschaft, die auf Nutzen abzielt, ein Satz als erlaubt angesehen werden für den Nutzen, welchen der die betreffende Wohlthat erhaltende gehabt hat; dieser Nutzen jedoch übersteigt manchmal den Wert der gegebenen Sache, wie z. B. wenn der sie erhaltende deren bedarf oder wenn damit eine Gefahr vermieden wird oder ein bedeutender Vorteil erlangt wird. Also kann man auch im Kauf und Verkauf etwas teuerer verkaufen als das betreffende Ding wirklichen Wert hat. Auf der anderen Seite heißt es Matth. 7.: „Alles was ihr wollt daß euch die Menschen thuen; das thuet ihnen auch.“ Niemand aber will, daß man ihm eine Sache teuerer verkauft als sie Wert hat.

b) Ich antworte, Betrug anwenden, damit man etwas über den echten Wert hinaus verkaufe, sei durchaus unerlaubt und sei Sünde; denn da täuscht jemand den anderen zu dessen Nachteil. Deshalb sagt Cicero (3. de offic.): „Bei Kauf und Verkauf sowie bei jedem Übereinkommen muß alle Lüge fernbleiben. Weder der Verkäufer soll einen scheinbar überbietenden anstellen, noch soll der Käufer jemanden nehmen, der scheinbar ihn unterbietet.“ Abgesehen also vom Truge, können wir über Kauf und Verkauf in doppelter Weise sprechen: 1. An und für sich, in seinem Wesen betrachtet. Danach ist Kauf und Verkauf eingerichtet zum gemeinsamen Nutzen, daß nämlich der eine erlangen kann das, was dem anderen gehört, wenn er dessen bedarf. (1. Po!it. 6.) Was nun zum gemeinsamen Nutzen eingerichtet ist, das darf nicht den einen mehr beschweren wie den anderen; und so muß gemäß der Gleichheit in den Sachen hier das Übereinkommen abgeschlossen werden. Der Wert einer Sache aber, welche in den Gebrauch eines Menschen kommt, wird bemessen nach dem gegebenen Preise; wozu ja die Münze erfunden ist. (5 Ethic. 3.) Wenn die Sache also mehr wert ist wie der gegebene Preis; oder umgekehrt mehr gezahlt wurde wie diese Sache wert ist, so wird die ausgleichende Gerechtigkeit verletzt. An sich betrachtet also ist wohlfeiler oder teuerer eine Sache kaufen wie dieselbe Wert hat, ungerecht und unerlaubt. 2. Mit Rücksicht auf den Nutzen oder Schaden der betreffenden Personen. Dies trifft ein, wenn jemand einer Sache dringend bedarf und auf der anderen Seite der Besitzer Schaden hat, wenn er derselben ermangelt. In solchem Falle muß man beim Ankaufe auch den Schaden dessen, der verkaufen soll, berücksichtigen; und da kann der Preis höher sein wie der Wert der Sache an sich, er ist dann eben nur so hoch wie der Wert, den die betreffende Sache für den Besitzer hat. Nützt jedoch diese selbe Sache viel dem ankaufenden, und der Verkäufer erleidet keinerlei Nachteil durch den Verkauf, so darf letzterer sie nicht teuerer verkaufen; denn der Nutzen ist in diesem Falle einzig und allein mit der Lage des kaufenden gegeben, er hängt in nichts ab vom verkaufenden. Niemand aber darf dem anderen verkaufen was nicht sein ist; obgleich er den Nachteil verkaufen kann, den er im gegebenen Falle erleidet. Jedoch kann jener, der vom Kaufe viel Nutzen hat, freiwillig etwas über den Wert der Sache dem Verkäufer geben; das gehört zum Lebensanstande des Käufers.

c) I. Das menschliche Gesetz kann nicht alles Tugendhafte gebieten; denn viele sind im Bereiche des bürgerlichen Gemeinwesens, welchen viel an Tugend fehlt. Das menschliche Gesetz verbietet deshalb nur das, was das Zusammenleben zerstören würde. Das Andere verbietet es nicht; freilich nicht als ob es dasselbe billigte, sondern weil es nicht straft. So bestraft also das menschliche Gesetz es nicht, wenn der Verkäufer, ohne zu betrügen, seine Sachen über den Wert verkauft, oder der Käufer unter dem Werte kauft; es sei denn der Überschuß zu bedeutend, wo dann auch das menschliche Gesetz Wiedererstattung auflegt, z. B. wenn um die Hälfte des gerechten Wertes zu viel gezahlt worden ist. Das göttliche Gesetz aber läßt nichts unbestraft, was der Tugend entgegen ist. Und danach ist jener, der über das Gleichmaß der Gerechtigkeit hinaus Schaden verursacht hat, gehalten zur Wiedererstattung. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, daß der gerechte Preis der Dinge nicht mit der Unteilbarkeit eines Punktes bestimmt ist, sondern gemäß der Wertschätzung eine gewisse Weite hat, so daß ein mäßiges Hinzufügen oder ein mäßiges Hinwegnehmen das gleiche Maß der Gerechtigkeit nicht gefährdet. II. Augustin fügt dort hinzu: „Jener Schauspieler sprach so, weil er sich selber ansah oder an anderen die entsprechende Erfahrung gemacht hatte, und glaubte sonach, es sei dies ein allgemeiner Brauch: billig einkaufen teuer verkaufen. Dies ist aber in Wahrheit eine Sünde; und jeder kann zu solcher Gerechtigkeit gelangen, daß er derartigem Brauche, wo er ist, widerstehe und ihn für seine Person überwinde.“ Dabei erzählt er als Beispiel, wie jemand, der von einem unkundigen ein wertvolles Buch billig gekauft, diesem den gerechten Preis gab, nachdem er sich von dem Werte des Buches überzeugt hatte. Jenes Verlangen also gehört denjenigen zu, die auf dem breiten Wege der Laster wandeln. III. Im Kauf und Verkauf ist das objektive Gleichmaß in den entsprechenden Sachen entscheidend; in der auf dem Nutzen begründeten Freundschaft die Gleichmäßigkeit des Nutzens. Da muß also gemäß dem erhaltenen Nutzen Ersatz geleistet werden; in Kauf und Verkauf gemäß dem objektiven Wert der betreffenden Sachen.

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Summa theologiae

Articulus 1

IIª-IIae q. 77 a. 1 arg. 1

Ad primum sic proceditur. Videtur quod aliquis licite possit vendere rem plus quam valeat. Iustum enim in commutationibus humanae vitae secundum leges civiles determinatur. Sed secundum eas licitum est emptori et venditori ut se invicem decipiant, quod quidem fit inquantum venditor plus vendit rem quam valeat, emptor autem minus quam valeat. Ergo licitum est quod aliquis vendat rem plus quam valeat.

IIª-IIae q. 77 a. 1 arg. 2

Praeterea, illud quod est omnibus commune videtur esse naturale et non esse peccatum. Sed sicut Augustinus refert, XIII de Trin., dictum cuiusdam mimi fuit ab omnibus acceptatum, vili vultis emere, et care vendere. Cui etiam consonat quod dicitur Prov. XX, malum est, malum est, dicit omnis emptor, et cum recesserit, gloriatur. Ergo licitum est aliquid carius vendere et vilius emere quam valeat.

IIª-IIae q. 77 a. 1 arg. 3

Praeterea, non videtur esse illicitum si ex conventione agatur id quod fieri debet ex debito honestatis. Sed secundum philosophum, in VIII Ethic., in amicitia utilis recompensatio fieri debet secundum utilitatem quam consecutus est ille qui beneficium suscepit, quae quidem quandoque excedit valorem rei datae; sicut contingit cum aliquis multum re aliqua indiget, vel ad periculum evitandum vel ad aliquod commodum consequendum. Ergo licet in contractu emptionis et venditionis aliquid dare pro maiori pretio quam valeat.

IIª-IIae q. 77 a. 1 s. c.

Sed contra est quod dicitur Matth. VII, omnia quaecumque vultis ut faciant vobis homines, et vos facite illis. Sed nullus vult sibi rem vendi carius quam valeat. Ergo nullus debet alteri vendere rem carius quam valeat.

IIª-IIae q. 77 a. 1 co.

Respondeo dicendum quod fraudem adhibere ad hoc quod aliquid plus iusto pretio vendatur, omnino peccatum est, inquantum aliquis decipit proximum in damnum ipsius. Unde et Tullius dicit, in libro de Offic., tollendum est ex rebus contrahendis omne mendacium, non licitatorem venditor, non qui contra se licitetur emptor apponet. Si autem fraus deficit, tunc de emptione et venditione dupliciter loqui possumus. Uno modo, secundum se. Et secundum hoc emptio et venditio videtur esse introducta pro communi utilitate utriusque, dum scilicet unus indiget re alterius et e converso, sicut patet per philosophum, in I Polit. Quod autem pro communi utilitate est inductum, non debet esse magis in gravamen unius quam alterius. Et ideo debet secundum aequalitatem rei inter eos contractus institui. Quantitas autem rerum quae in usum hominis veniunt mensuratur secundum pretium datum, ad quod est inventum numisma, ut dicitur in V Ethic. Et ideo si vel pretium excedat quantitatem valoris rei, vel e converso res excedat pretium, tolletur iustitiae aequalitas. Et ideo carius vendere aut vilius emere rem quam valeat est secundum se iniustum et illicitum. Alio modo possumus loqui de emptione et venditione secundum quod per accidens cedit in utilitatem unius et detrimentum alterius, puta cum aliquis multum indiget habere rem aliquam, et alius laeditur si ea careat. Et in tali casu iustum pretium erit ut non solum respiciatur ad rem quae venditur, sed ad damnum quod venditor ex venditione incurrit. Et sic licite poterit aliquid vendi plus quam valeat secundum se, quamvis non vendatur plus quam valeat habenti. Si vero aliquis multum iuvetur ex re alterius quam accepit, ille vero qui vendidit non damnificatur carendo re illa, non debet eam supervendere. Quia utilitas quae alteri accrescit non est ex vendente, sed ex conditione ementis, nullus autem debet vendere alteri quod non est suum, licet possit ei vendere damnum quod patitur. Ille tamen qui ex re alterius accepta multum iuvatur, potest propria sponte aliquid vendenti supererogare, quod pertinet ad eius honestatem.

IIª-IIae q. 77 a. 1 ad 1

Ad primum ergo dicendum quod, sicut supra dictum est, lex humana populo datur, in quo sunt multi a virtute deficientes, non autem datur solis virtuosis. Et ideo lex humana non potuit prohibere quidquid est contra virtutem, sed ei sufficit ut prohibeat ea quae destruunt hominum convictum; alia vero habeat quasi licita, non quia ea approbet, sed quia ea non punit. Sic igitur habet quasi licitum, poenam non inducens, si absque fraude venditor rem suam supervendat aut emptor vilius emat, nisi sit nimius excessus, quia tunc etiam lex humana cogit ad restituendum, puta si aliquis sit deceptus ultra dimidiam iusti pretii quantitatem. Sed lex divina nihil impunitum relinquit quod sit virtuti contrarium. Unde secundum divinam legem illicitum reputatur si in emptione et venditione non sit aequalitas iustitiae observata. Et tenetur ille qui plus habet recompensare ei qui damnificatus est, si sit notabile damnum. Quod ideo dico quia iustum pretium rerum quandoque non est punctaliter determinatum, sed magis in quadam aestimatione consistit, ita quod modica additio vel minutio non videtur tollere aequalitatem iustitiae.

IIª-IIae q. 77 a. 1 ad 2

Ad secundum dicendum quod, sicut Augustinus ibidem dicit, mimus ille vel seipsum intuendo, vel alios experiendo vili velle emere et care vendere, omnibus id credidit esse commune. Sed quoniam revera vitium est, potest quisque adipisci huiusmodi iustitiam qua huic resistat et vincat. Et ponit exemplum de quodam qui modicum pretium de quodam libro propter ignorantiam postulanti iustum pretium dedit. Unde patet quod illud commune desiderium non est naturae, sed vitii. Et ideo commune est multis, qui per latam viam vitiorum incedunt.

IIª-IIae q. 77 a. 1 ad 3

Ad tertium dicendum quod in iustitia commutativa consideratur principaliter aequalitas rei. Sed in amicitia utilis consideratur aequalitas utilitatis, et ideo recompensatio fieri debet secundum utilitatem perceptam. In emptione vero, secundum aequalitatem rei.

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