Traduction
Masquer
Summe der Theologie
Vierter Artikel. De Gottesverchrung oder Religion ist kein Anlaß, die Pflichten der Hingebung gegen die Eltern außer acht zu lassen.
a) Dies scheint aber der Fall zu sein. Denn: I. Luk. 14. heißt es: „Wer zu mir kommt und nicht seinen Vater und seine Mutter… haßt, kann nicht mein Schüler sein.“ Jakobus und Johannes werden (Matth. 4.) gelobt, „weil sie ihre Netze und den Vater verließen und Christo folgten.“ Und Deut. 33. heißt es: „Wer seinem Vater sagt: Ich kenne dich nicht; und seiner Mutter: Ich kenne dich nicht; und seinen Brüdern: Ich will von euch nichts wissen, der beobachtet meine Worte.“ Offenbar also müssen da die Pflichten gegen die Eltern beiseite gelassen werden vor der Gottesverehrung. II. Ebenso sagt der Herr (Matth. 8. und Luk. 9.) zu einem, der zuerst seinen Vater begraben wollte: „Lasse die toten ihre toten begraben; du aber gehe und künde an das Reich Gottes.“ Also selbst das Begraben der Eltern muß weichen vor dem Kulte Gottes. III. Gott ist in hervorragendster Weise „unser Vater“. Also muß zuerst die „Religion“ kommen als die Richtschnur der Ehrfurcht vor Gott; und vor ihr muß zurückstehen alle Pflicht gegenüber den irdischen Eltern. IV. Die Ordensleute sind durch Gelübde an ihre Regeln gebunden. Durch diese aber werden sie gehindert, ihren Eltern beizustehen: sowohl auf Grund der Armut, die sie gelobt, als auch wegen des Gehorsams dem Oberen gegenüber, ohne dessen Willen sie nichts thun dürfen. Auf der anderen Seite tadelt (Matth. 15.) der Herr die Pharisäer, daß sie unter dem Vorwande der Religion die Kinder hinderten, ihren Eltern beizustehen.
b) Ich antworte, von vornherein stehe keine Tugend der anderen gegenüber; denn „das Gute ist nicht dem Guten entgegengesetzt.“ (In praedicam. de oppos.) Also kann die Gottesverehrung in nichts die Pietät oder Hingebung hindern und umgekehrt. Nur muß die Thätigkeit einer jeden Tugend innerhalb der gebührenden Grenzen sich halten. Der Pietät also kommt es zu, unter den gebührenden Umständen den Eltern zu dienen und sie zu ehren. Dies gehört aber nicht zum gebührenden Maße darin, daß man die Eltern mehr ehrt wie Gott; sondern nach Ambrosius (in Luc. c. 12 Erunt quinque) „steht der Blutsverwandtschaft und ihren Bedürfnissen die Pietät der göttlichen Religion voran.“ Zieht uns somit der Dienst der Eltern ab von der Verehrung Gottes; so wäre es schon nicht mehr Sache der Pietät, dem Dienste der Eltern sich zu widmen gegen Gott. Deshalb sagt Hieronymus (ep. ad Heliodor.): „Schreite hinweg über den Vater, schreite hinweg über die Mutter, mit trockenen Augen fliege hinaus zur Fahne des Kreuzes; die höchste Hingebung ist es, hierin grausam zu sein.“ In solchem Falle also sind die Pflichten der Hingebung gegenüber den Eltern außer acht zu lassen vor dem Gewichte der Ehre Gottes. Werden wir aber durch die den Eltern zu erweisenden Dienste nicht vom Dienste Gottes abgezogen, so gehört dies selbst zur Pietät, daß wir wegen der Pietät gegen die Eltern die Pflichten gegen Gott nicht beiseite lassen.
c) I. Gregor bemerkt dazu (hom. 37. in Evgl.): „Die Eltern, die wir als unsere Gegner auf dem Wege Gottes kennen, sollen wir hassen, sie fliehen und nicht kennen.“ Denn wenn die Eltern uns zum Sündigen reizen und uns von der Verehrung Gottes abziehen, müssen wir sie insoweit eben hassen und fliehen. Und danach haßten die Leviten ihre blutsverwandten, weil sie nach dem Gebote Gottes der Götzendiener nicht schonten. (Exod. 38,) Jakobus und Johannes aber werden gelobt, weil sie ihren Vater verließen, nicht als ob dieser sie zum Bösen gereizt hätte, sondern weil sie voll heiligen Glaubens meinten, ihr Vater könnte in anderer Weise seinen Lebensunterhalt gewinnen, auch wenn sie Christo folgten. II. „Dadurch,“ schreibt Chrysostomus (hom. 28. in Matth.), „hat der Herr diesen Jüngling von vielen Übeln befreit: nämlich von der Trauer und dem Wehklagen; und nach dem Begräbnisse mußte man das Testament lesen, und die Erbschaft teilen u. dgl.; zudem waren andere da, welche diesesBegräbnis besorgen konnten.“ Oder wie Cyrillus meint (sup. Luc. c. 9.): „Jener Jünger bat nicht, daß er den Vater, der bereits gestorben gewesen wäre, begraben könnte; sondern er wollte ihn, der da ein Greis war, unterhalten, bis er ihn begraben hätte. Das bewilligte der Herr nicht, denn andere Verwandte konnten diese Sorge übernehmen.“ III. Daß wir aus Hingebung den Eltern dienen, das thun wir ebensogut wie andere Werke der Barmherzigkeit Gott zuliebe, nach Matth. 25.: „Was ihr dem geringsten meiner Brüder gethan habt, das habt ihr mir gethan.“ Wenn also unser Dienst den Eltern notwendig ist, so daß sie ohne selben nicht ihren Lebensunterhalt hätten, und wenn sie uns nicht von Gott abziehen, so müssen wir sie nicht auf Grund der Verehrung Gottes verlassen. Können sie aber ohne unseren Beistand leben und können wir ohne Sünde ihnen nicht dienen, so dürfen wir die Sorge für sie beiseite lassen, um Gott mehr zu dienen. IV. Wer Eltern hat, die ohne ihn ihren Lebensunterhalt nicht haben können, darf sie nicht verlassen, um in einen Orden zu treten. Sagen einige, dies sei erlaubt, er könne die Sorge für die Eltern Gott überlassen, so heißt das Gott versuchen; denn obgleich auf menschliche Weise Rat geschafft werden kann, will man die Eltern der Gefahr aussetzen in der Hoffnung auf den göttlichen Beistand. Können aber die Eltern ohne ihn gut leben, so darf er sie verlassen, um in einen Orden zu treten; denn nur auf Grund des Notfalles sind die Kinder verpflichtet, die Eltern zu unterhalten. Wer aber bereits im Ordensstande feierliche Profeß abgelegt hat, wird als für die Welt tot erachtet. Er darf also nicht, wenn die Notwendigkeit eintritt, seine Eltern zu unterhalten, deshalb das Kloster verlassen, wo er mit Christo begraben ist, und sich von neuem mit weltlichen Dingen beschäftigen. Er ist jedoch, soweit es sich mit dem Gehorsam und dem Stande der Vollkommenheit verträgt, verpflichtet, sich zu bemühen, damit den Eltern geholfen werde.
Edition
Masquer
Summa theologiae
Articulus 4
IIª-IIae q. 101 a. 4 arg. 1
Ad quartum sic proceditur. Videtur quod occasione religionis sint praetermittenda pietatis officia in parentes. Dicit enim dominus, Luc. XIV, si quis venit ad me, et non odit patrem suum et matrem et uxorem, fratres, filios et sorores, adhuc autem et animam suam, non potest meus esse discipulus. Unde et in laudem Iacobi et Ioannis, Matth. IV, dicitur quod, relictis retibus et patre, secuti sunt Christum. Et in laudem Levitarum dicitur, Deut. XXXIII, qui dixit patri suo et matri suae, nescio vos; et fratribus suis, ignoro illos; et nescierunt filios suos, hi custodierunt eloquium tuum. Sed ignorando parentes et alios consanguineos, vel etiam eos odiendo, necesse est quod praetermittantur pietatis officia. Ergo propter religionem officia pietatis sunt praetermittenda.
IIª-IIae q. 101 a. 4 arg. 2
Praeterea, Matth. VIII et Luc. IX dicitur quod dominus dicenti sibi, permitte mihi primum ire et sepelire patrem meum, respondit, sine ut mortui sepeliant mortuos suos. Tu autem vade et annuntia regnum Dei, quod pertinet ad religionem. Sepultura autem patris pertinet ad pietatis officium. Ergo pietatis officium est praetermittendum propter religionem.
IIª-IIae q. 101 a. 4 arg. 3
Praeterea, Deus per excellentiam dicitur pater noster. Sed sicut per pietatis obsequia colimus parentes, ita per religionem colimus Deum. Ergo praetermittenda sunt pietatis obsequia propter religionis cultum.
IIª-IIae q. 101 a. 4 arg. 4
Praeterea, religiosi tenentur ex voto, quod transgredi non licet, suae religionis observantias implere. Secundum quas suis parentibus subvenire impediuntur, tum propter paupertatem, quia proprio carent; tum etiam propter inobedientiam, quia sine licentia suorum praelatorum eis claustrum exire non licet. Ergo propter religionem praetermittenda sunt pietatis officia in parentes.
IIª-IIae q. 101 a. 4 s. c.
Sed contra est quod dominus, Matth. XV, redarguit Pharisaeos, qui intuitu religionis honorem parentibus debitum subtrahere docebant.
IIª-IIae q. 101 a. 4 co.
Respondeo dicendum quod religio et pietas sunt duae virtutes. Nulla autem virtus alii virtuti contrariatur aut repugnat, quia secundum philosophum, in praedicamentis, bonum non est bono contrarium. Unde non potest esse quod pietas et religio se mutuo impediant, ut propter unam alterius actus excludatur. Cuiuslibet enim virtutis actus, ut ex supra dictis patet, debitis circumstantiis limitatur, quas si praetereat, iam non erit virtutis actus, sed vitii. Unde ad pietatem pertinet officium et cultum parentibus exhibere secundum debitum modum. Non est autem debitus modus ut plus homo intendat ad colendum patrem quam ad colendum Deum, sed sicut Ambrosius dicit, super Luc., necessitudini generis divinae religionis pietas antefertur. Si ergo cultus parentum abstrahat nos a cultu Dei, iam non esset pietatis parentum insistere cultui contra Deum. Unde Hieronymus dicit, in epistola ad Heliodorum, per calcatum perge patrem, per calcatam perge matrem, ad vexillum crucis evola. Summum genus pietatis est in hac re fuisse crudelem. Et ideo in tali casu dimittenda sunt officia in parentes propter divinum religionis cultum. Si vero exhibendo debita obsequia parentibus non abstrahamur a divino cultu, hoc iam pertinebit ad pietatem. Et sic non oportebit propter religionem pietatem deserere.
IIª-IIae q. 101 a. 4 ad 1
Ad primum ergo dicendum quod Gregorius, exponens illud verbum domini, dicit quod parentes quos adversarios in via Dei patimur, odiendo et fugiendo nescire debemus. Si enim parentes nostri nos provocent ad peccandum, et abstrahant nos a cultu divino, debemus quantum ad hoc eos deserere et odire. Et hoc modo dicuntur Levitae suos consanguineos ignorasse, quia idololatris, secundum mandatum domini, non pepercerunt, ut habetur Exod. XXXII. Iacobus autem et Ioannes laudantur ex hoc quod secuti sunt dominum dimisso parente, non quia eorum pater eos provocaret ad malum, sed quia aliter aestimabant ipsum posse vitam transigere, eis sequentibus Christum.
IIª-IIae q. 101 a. 4 ad 2
Ad secundum dicendum quod dominus ideo prohibuit discipulum a sepultura patris, quia, sicut Chrysostomus dicit, per hoc eum dominus a multis malis eripuit, puta luctibus et maeroribus, et aliis quae hinc expectantur. Post sepulturam enim necesse erat et testamenta scrutari, et haereditatis divisionem, et alia huiusmodi. Et praecipue quia alii erant qui complere poterant huius funeris sepulturam. Vel, sicut Cyrillus exponit, super Lucam, discipulus ille non petiit quod patrem iam defunctum sepeliret, sed adhuc viventem in senectute sustentaret usquequo sepeliret. Quod dominus non concessit, quia erant alii qui eius curam habere poterant, linea parentelae adstricti.
IIª-IIae q. 101 a. 4 ad 3
Ad tertium dicendum quod hoc ipsum quod parentibus carnalibus ex pietate exhibemus, in Deum referimus, sicut et alia misericordiae opera quae quibuscumque proximis impendimus, Deo exhibita videntur secundum illud Matth. XXV, quod uni ex minimis meis fecistis, mihi fecistis. Et ideo si carnalibus parentibus nostra obsequia sunt necessaria, ut sine his sustentari non possint; nec nos ad aliquid contra Deum inducant, non debemus intuitu religionis eos deserere. Si autem sine peccato eorum obsequiis vacare non possumus; vel etiam si absque nostro obsequio possunt sustentari, licitum est eorum obsequia praetermittere ad hoc quod amplius religioni vacemus.
IIª-IIae q. 101 a. 4 ad 4
Ad quartum dicendum quod aliud est dicendum de eo qui est adhuc in saeculo constitutus, et aliud de eo qui est iam in religione professus. Ille enim qui est in saeculo constitutus, si habet parentes qui sine ipso sustentari non possunt, non debet, eis relictis, religionem intrare, quia transgrederetur praeceptum de honoratione parentum. Quamvis dicant quidam quod etiam in hoc casu licite posset eos deserere, eorum curam Deo committens. Sed si quis recte consideret, hoc esset tentare Deum, cum habens ex humano consilio quid ageret, periculo parentes exponeret sub spe divini auxilii. Si vero sine eo parentes vitam transigere possent, licitum esset ei, desertis parentibus, religionem intrare. Quia filii non tenentur ad sustentationem parentum nisi causa necessitatis, ut dictum est. Ille vero qui iam est in religione professus, reputatur iam quasi mortuus mundo. Unde non debet occasione sustentationis parentum exire claustrum, in quo Christo consepelitur, et se iterum saecularibus negotiis implicare. Tenetur tamen, salva sui praelati obedientia et suae religionis statu, pium studium adhibere qualiter eius parentibus subveniatur.