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Werke Thomas von Aquin (1225-1274) Summa Theologiae

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Summe der Theologie

Vierter Artikel. Die vier Gattungen des Stolzes.

a) Gregor (23. moral. 4.) zählt folgende vier Gattungen des Stolzes auf: 1. wenn jemand das Gute, was er hat, meint von und aus sich selbst zu haben; 2. wenn er wohl glaubt, es sei ihm von oben verliehen, aber auf Grund seiner Verdienste; — 3. wenn der Mensch damit prahlt, zu haben was er nicht hat; — 4. wenn er andere verachtet und danach begehrt, das was er hat für sich allein zu haben. Diese Aufzählung ist unzulässig. Denn: I. Daß jemand meint, er habe das Gute nicht von Gott oder er habe es auf Grund seiner Verdienste, ist Unglaube; nicht also Stolz. II. Prahlen ist eine Gattung in der Lüge; also nicht im Stolze. III. Anderes noch als das Erwähnte gehört zum Stolze; z. B. undankbar erscheinen wollen, nach Hieronymus; sich entschuldigen wegen einer begangenen Sünde, nach Augustin. (14. de civ. Dei 14.) Die Vermessenheit auch, Höheres zu wollen als man kann, ist im höchsten Grade Stolz. IV. Anselm (de similit. 22.) teilt anders ein: „Eine Art Stolz ist im Willen, die andere in der Rede, die dritte in den Werken.“ Bernardus stellt zwölf Stufen des Stolzes auf gemäß den zwölf Stufen der Demut: Neugierde, Leichtsinn, läppische Freude, Prahlerei, Besonderheiten oder Eigenheiten, Anmaßung, Vermessenheit, Verteidigung der begangenen Sünden, geheucheltes Bekennen, Empörung, Willkür, Gewohnheit im Sündigen. Also ist die Aufzählung Gregors unvollständig.

b) Ich antworte, der Stolz schließe ein ungeregeltes Begehren nach dem Vorrange der eigenen Person in sich ein. Nun folgt jeder Vorrang oder jede Auszeichnung einem gewissen Gute, das besessen wird. Ein solches Gut aber unterliegt einer dreifachen Betrachtung. Es kann 1. an sich betrachtet werden. Denn je größer ein solches Gut ist, ein desto größerer Vorrang folgt demselben. Wenn also jemand sich ein größeres Gut zuschreibt wie er hat, so folgt daraus, daß sein Begehren sich richte auf einen Vorrang, der ihm allein zukommen soll, während selbiger thatsächlich ihm nicht zukommt. Und das ist die dritte Gattung Stolz, wenn jemand prahlt, etwas zu haben was er nicht hat. Es kann 2. die Ursache betrachtet werden. Denn hervorragender ist es, wenn jemand ein Gut oder einen Vorzug von sich selber aus hat, als wenn er denselben von einem anderen her besitzt. Meint also jemand, er besitze etwas Gutes von sich aus, während thatsächlich er es von einem anderen her hat; so richtet sich folgegemäß sein Begehren auf seinen Vorrang über das gebührende Maß hinaus. Meint nun jemand in der Weise die Ursache dieses Guten zu sein, daß er selbst es sich erwirkt hat, so ist dies die erste Art Stolz; meint er, es durch seine Kräfte verdient zu haben, so ist dies die zweite. Es kommt 3. die Art und Weise, wie ein Gut besessen wird, in Betracht, insoweit jemand hervorragender erscheint, wenn er einen Vorzug in höherem Grade besitzt wie die übrigen; und also richtet auch in dieser Weise sein Begehren sich auf den eigenen Vorrang in ungeregelter Weise. Danach ist die vierte Gattung Stolz.

c) I. Die wahre Schätzung kann 1. im allgemeinen verdorben werden; und so besteht in dem, was zum Glauben gehört, der Unglaube; — 2. mit Rücksicht auf einen besonderen Fall, auf welchen die freie Wahl sich richtet; und so ist da kein Unglaube. Auch der unkeusche meint ja im einzelnen Falle, es sei für ihn ein Gut, unter den betreffenden, bestimmten Umständen Unkeusches zu thun. Deshalb ist er aber noch nicht ungläubig, was der Fall wäre, wenn er im allgemeinen dafür hielte, Unkeuschheit sei keine Sünde. Sagen also im allgemeinen, es gäbe ein Gut, was nicht von Gott sei oder die Gnade werde den Menschen auf Grund der Verdienste gegeben; das wäre Unglaube. Daß aber jemand im einzelnen Falle, auf Grund des ungeregelten Begehrens nach dem Vorrange der eigenen Person, sich des Guten in ihm so rühmt, als ob dasselbe von ihm käme oder auf Grund seiner Verdienste verliehen worden sei; das ist die Sünde des Stolzes. II. Mit Rücksicht auf den äußeren Akt ist die Prahlerei eine Gattung Lüge, weil jemand sich dessen rühmt, was er nicht hat. Mit Rücksicht auf die ungeregelte innere Herzensneigung ist die Anmaßung odei Prahlerei nach Gregor eine Gattung Stolz. III. Undankbar ist, wer sich zuschreibt, was er von einem anderen her hat; also die ersten beiden Gattungen gehören zur Undankbarkeit. Daß jemand aber sich von der begangenen Sünde entschuldigt, das gehört zur dritten Gattung; denn damit schreibt er sich das Gut zu, nicht schuldig zu sein, was er nicht hat. Und daß jemand vermessen nach dem strebt, was seine Kräfte übersteigt; das scheint zur vierten Gattung zu gehören, wonach einer dem anderen vorgezogen werden will. IV. Jene drei Stufen Anselms sind genommen gemäß dem Fortschreiten einer Sünde; wo zuerst die Auffassung im Herzen ist, dann die äußere Rede und zuletzt das Werk. Bernardus zählt die zwölf Stufen des Stolzes auf nach den zwölf Stufen der Demut. Dem „Senken der Augen“ steht gegenüber die „Neugierde im Umschauen“; dem „geregelten Sprechen“ der „leichte Sinn“, infolgedessen jemand unüberlegt und viel spricht; dem „wenig bereitwilligen zum Lachen“ die „läppische Freude“; dem „Schweigen bis man gefragt wird“ die „Prahlerei“; dem „Anhängen an der gewöhnlichen Regel, die für alle gilt“ die „besonderen Eigenheiten“, wodurch einer für heiliger gehalten werden will wie die anderen; dem „Meinen und Aussprechen, man sei niedriger wie alle“ die „Anmaßung“; dem „Überzeugtsein von der Nutzlosigkeit der eigenen Person“ die „Vermessenheit“, wo einer sich für Größeres hinreichend stark hält als sich gebührt; dem „Bekennen der Sünden“ deren „Verteidigung“; der „Geduld in Schwierigem und Hartem“ das „geheuchelte Bekenntnis“, vermöge dessen einer nicht die Strafen für seine Sünden ertragen will, die er in verstellter Weise bekennt; dem „Gehorsam“ die „Empörung“; dem „freudigen Verzichte auf den eigenen Willen“ die „Willkür“; der „Furcht Gottes“ die „Gewohnheit im Sündigen“, was auf die Verachtung Gottes hinweist. In diesen zwölf Stufen des Stolzes aber sind nicht nur die Gattungen des Stolzes einbegriffen; sondern Vieles, was den Stolz vorbereitet oder Folge von ihm ist, wie oben ähnlich bei der Demut gefagt worden.

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Summa theologiae

Articulus 4

IIª-IIae, q. 162 a. 4 arg. 1

Ad quartum sic proceditur. Videtur quod inconvenienter assignentur quatuor superbiae species quas Gregorius assignat, XXIII Moral., dicens, quatuor quippe sunt species quibus omnis tumor arrogantium demonstratur, cum bonum aut a semetipsis habere se aestimant; aut, si sibi datum desuper credunt, pro suis hoc accepisse meritis putant; aut cum iactant se habere quod non habent; aut, despectis ceteris, singulariter videri appetunt habere quod habent. Superbia enim est vitium distinctum ab infidelitate, sicut etiam humilitas est virtus distincta a fide. Sed quod aliquis existimet bonum se non habere a Deo, vel quod bonum gratiae habeat ex meritis propriis, ad infidelitatem pertinet. Ergo non debent poni species superbiae.

IIª-IIae, q. 162 a. 4 arg. 2

Praeterea, idem non debet poni species diversorum generum. Sed iactantia ponitur species mendacii, ut supra habitum est. Non ergo debet poni species superbiae.

IIª-IIae, q. 162 a. 4 arg. 3

Praeterea, quaedam alia videntur ad superbiam pertinere quae hic non connumerantur. Dicit enim Hieronymus quod nihil est tam superbum quam ingratum videri. Et Augustinus dicit, XIV de Civ. Dei, quod excusare se de peccato commisso ad superbiam pertinet. Praesumptio etiam, qua quis tendit ad assequendum aliquid quod supra se est, maxime ad superbiam pertinere videtur. Non ergo sufficienter praedicta divisio comprehendit superbiae species.

IIª-IIae, q. 162 a. 4 arg. 4

Praeterea, inveniuntur aliae divisiones superbiae. Dividit enim Anselmus exaltationem superbiae, dicens quod quaedam est in voluntate, quaedam in sermone, quaedam in operatione. Bernardus etiam ponit duodecim gradus superbiae, qui sunt, curiositas, mentis levitas, inepta laetitia, iactantia, singularitas, arrogantia, praesumptio, defensio peccatorum, simulata confessio, rebellio, libertas, peccandi consuetudo. Quae non videntur comprehendi sub speciebus a Gregorio assignatis. Ergo videtur quod inconvenienter assignentur.

IIª-IIae, q. 162 a. 4 s. c.

In contrarium sufficiat auctoritas Gregorii.

IIª-IIae, q. 162 a. 4 co.

Respondeo dicendum quod, sicut dictum est, superbia importat immoderatum excellentiae appetitum, qui scilicet non est secundum rationem rectam. Est autem considerandum quod quaelibet excellentia consequitur aliquod bonum habitum. Quod quidem potest considerari tripliciter. Uno modo, secundum se. Manifestum est enim quod quanto maius est bonum quod quis habet, tanto per hoc maiorem excellentiam consequitur. Et ideo cum aliquis attribuit sibi maius bonum quam habeat, consequens est quod eius appetitus tendit in excellentiam propriam ultra modum sibi convenientem. Et sic est tertia superbiae species, cum scilicet aliquis iactat se habere quod non habet. Alio modo, ex parte causae, prout excellentius est quod aliquod bonum insit alicui a seipso, quam quod insit ei ab alio. Et ideo cum aliquis aestimat bonum quod habet ab alio, ac si haberet a seipso, fertur per consequens appetitus eius in propriam excellentiam supra suum modum. Est autem dupliciter aliquis causa sui boni, uno modo, efficienter; alio modo, meritorie. Et secundum hoc sumuntur duae primae superbiae species, scilicet, cum quis a semetipso habere aestimat quod a Deo habet; vel, cum propriis meritis sibi datum desuper credit. Tertio modo, ex parte modi habendi, prout excellentior aliquis redditur ex hoc quod aliquod bonum excellentius ceteris possidet. Unde et ex hoc etiam fertur inordinate appetitus in propriam excellentiam. Et secundum hoc sumitur quarta species superbiae, quae est cum aliquis, despectis ceteris, singulariter vult videri.

IIª-IIae, q. 162 a. 4 ad 1

Ad primum ergo dicendum quod vera existimatio potest corrumpi dupliciter. Uno modo, in universali. Et sic, in his quae ad finem pertinent, corrumpitur vera existimatio per infidelitatem. Alio modo, in aliquo particulari eligibili. Et hoc non facit infidelitatem. Sicut ille qui fornicatur, aestimat pro tempore illo bonum esse sibi fornicari, nec tamen est infidelis, sicut esset si in universali diceret fornicationem esse bonam. Et ita etiam est in proposito. Nam dicere in universali aliquod bonum esse quod non est a Deo, vel gratiam hominibus pro meritis dari, pertinet ad infidelitatem. Sed quod aliquis, ex inordinato appetitu propriae excellentiae, ita de bonis suis glorietur ac si ea a se haberet vel ex meritis propriis, pertinet ad superbiam, et non ad infidelitatem, proprie loquendo.

IIª-IIae, q. 162 a. 4 ad 2

Ad secundum dicendum quod iactantia ponitur species mendacii quantum ad exteriorem actum, quo quis falso sibi attribuit quod non habet. Sed quantum ad interiorem cordis arrogantiam, ponitur a Gregorio species superbiae.

IIª-IIae, q. 162 a. 4 ad 3

Ad tertium dicendum quod ingratus est qui sibi attribuit quod ab alio habet. Unde duae primae superbiae species ad ingratitudinem pertinent. Quod autem aliquis se excuset de peccato quod habet, pertinet ad tertiam speciem, quia per hoc aliquis sibi attribuit bonum innocentiae, quod non habet. Quod autem aliquis praesumptuose tendit in id quod supra ipsum est, praecipue videtur ad quartam speciem pertinere, secundum quam aliquis vult aliis praeferri.

IIª-IIae, q. 162 a. 4 ad 4

Ad quartum dicendum quod illa tria quae ponit Anselmus, accipiuntur secundum progressum peccati cuiuslibet, quod primo, corde concipitur; secundo, ore profertur; tertio, opere perficitur. Illa autem duodecim quae ponit Bernardus, sumuntur per oppositum ad duodecim gradus humilitatis, de quibus supra habitum est. Nam primus gradus humilitatis est, corde et corpore semper humilitatem ostendere, defixis in terram aspectibus. Cui opponitur curiositas, per quam aliquis curiose ubique et inordinate circumspicit. Secundus gradus humilitatis est, ut pauca verba et rationabilia loquatur aliquis, non clamosa voce. Contra quem opponitur levitas mentis, per quam scilicet homo superbe se habet in verbo. Tertius gradus humilitatis est, ut non sit facilis aut promptus in risu. Cui opponitur inepta laetitia. Quartus gradus humilitatis est taciturnitas usque ad interrogationem. Cui opponitur iactantia. Quintus gradus humilitatis est, tenere quod communis regula monasterii habet. Cui opponitur singularitas, per quam scilicet aliquis sanctior vult apparere. Sextus gradus humilitatis est, credere et pronuntiare se omnibus viliorem. Cui opponitur arrogantia, per quam scilicet homo se aliis praefert. Septimus gradus humilitatis est, ad omnia inutilem et indignum se confiteri et credere. Cui opponitur praesumptio, per quam scilicet aliquis reputat se sufficientem ad maiora. Octavus gradus humilitatis est confessio peccatorum. Cui opponitur defensio peccatorum. Nonus gradus est, in duris et asperis patientiam amplecti. Cui opponitur simulata confessio, per quam scilicet aliquis non vult subire poenam pro peccatis, quae simulate confitetur. Decimus gradus humilitatis est obedientia. Cui opponitur rebellio. Undecimus autem gradus est, ut homo non delectetur facere propriam voluntatem. Cui opponitur libertas, per quam scilicet homo delectatur libere facere quod vult. Ultimus autem gradus humilitatis est timor Dei. Cui opponitur peccandi consuetudo, quae implicat Dei contemptum. In his autem duodecim gradibus tanguntur non solum superbiae species, sed etiam quaedam antecedentia et consequentia, sicut etiam supra de humilitate dictum est.

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