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Summe der Theologie
Sechster Artikel. Gottes Sein hat keine Eigenschaften, Zustände oder sonstige Zuthaten; es ist nichts als es selbst, sein eigenes Wesen.
a) Die Einwürfe gegen diesen Satz stützen sich auf zwei philosophische Grundsätze: I. Der erste ist (Aristot. Phys. text. 27 et 30): „Was einmal Substanz ist, kann für kein anderes Sein zur Eigenschaft oder zu einer sonstigen Zuthat werden, welche von außen her zum Wesen träte. So wird z. B. mit diesem Satze bewiesen, daß die Wärme nicht die Substanz oder substantiale Wesensform des Feuers ist, sondern nur etwas aus dem Wesen des Feuers notwendig Folgendes, weil diese Wärme bei anderen Körpern nur ene Eigenschaft ist, welche zur inneren Substanz dieser Körper hinzutritt. Die Weisheit, die Macht u. dgl. sind aber bei uns nicht Substanz, sondern nur Eigenschaften; und sie werden zugleich Gott zugeschrieben. Also sind sie in Gott ebenfalls keineswegs Substanz, sondern zum Sein Gottes hinnzutretende und außerhalb desselben stehende Eigenschaften oder Zustände; sonst könnten sie bei uns nicht bloße Eigenschaften sein. II. Der zweite philosophische Grundsatz ist: „InnerhaIb jeglicher Art des Seins giebt es ein Erstes.“ Nun giebt es aber viele Arten von Accidentien oder Zuthaten, welche dem Sein nach nicht ein und dasselbe sind mit der betreffenden Substanz. Also würden viele Arten von Sein ohne Erstes bestehen, wenn solche Accidentien nicht in Gott ebenfalls Accidentien oder Eigenschaften wären. Auf der anderen Seite ist es jedoch ebenfalls ein allgemeiner philosophischer Grundsatz, daß eine jede solcher Eigenschaften oder „Accidentien“ in einem „Subjekte“ ist als dem Sein, welches dieselben trägt. Gottes Sein aber kann ein solcher Träger anderen Seins nicht sein, „weil eine ganz in sich durchaus einfache Form oder Wesenheit“ nach Boëtius (de Trin. ante med.) „kein anderes Sein als sich selber tragen kann.“ Also kann zu Gottes Sein nichts Zufälliges oder als Accidens hinzutreten.
b) Ich antworte, es ist nach dem, was eben dargethan worden, ganz offenbar, daß in Gott ein solches Accidenz sich nicht vorfinde. Die Gründe dafür sind folgende: 1. Das einem „Accidens“ unterstehende Sein steht zu diesem „Accidenz“ im nämlichen Verhältnisse wie etwas Bestimmbares zum Bestimmenden, wie die Potenz zum Akt. Der Mensch z. B., welcher die Eigenschaft oder das „Accidens“ der Wissenschaft trägt, ist anders bethätigt als jener, welcher nicht für dieses, sondern für ein anderes, etwa für das der Stärke Subjekt ist. Bestimmbar sein aber findet sich in Gott nicht. Also trägt Er kein derartiges Accidens, sondern ist nur und nichts anderes als sein Wesen. 2. Gott ist sein Sein. Nun kann wohl dasjenige, was etwas Beschränktes ist, noch etwas anderes als zu ihm Hinzutretendes, also als „Accidens“ tragen. Das Sein aber selber kann unmöglich noch etwas anderes als zu ihm Hinzutretendes besitzen. So z. B. kann was warm ist, auch etwas außer der Wärme besitzen, wie etwa die weiße Farbe; die Wärme selber aber kann nur Wärme haben. 3. Was an und für sich besteht, ist früher als das, was als Eigenschaft hinzutritt. Gott aber ist ohne alle weitere Voraussetzung und Bedingung in jeder Beziehung das erste und nur das erste Sein. Also kann Er nichts haben, was seiner Natur erst nachfolgt und an zweiter Stelle kommt. Auch Eigenschaften, welche aus dem inneren Wesen selber herausfließen, jedoch dem Sein nach nicht ein und dasselbe sind wie das innere Wesen; — wie z. B. es beim Menschen der Fall ist, aus dessen Wesen immer die Fähigkeit zu lachen folgt, ohne daß diese Fähigkeit ein und dasselbe wäre wie das Wesen Mensch, denn dieses ist im einzelnen Menschen immer als ein thatsächliches vorhanden, die Fähigkeit zu lachen aber braucht gar nicht thatsächlich zu werden, der Mensch braucht nie wirklich zu lachen und behält doch die Fähigkeit dazu; oder wie aus dem Wesen des Körpers die Zuthat der Ausdehnung folgt und doch nicht mit dem Wesen des Körpers im Sein identisch ist, denn das Wesen eines einzelnen Körpers bleibt, so lange der Körper dauert, immer dasselbe; die Ausdehnung aber wechselt; — auch solche, sagen wir, dem Wesen wie von selbst folgende Eigenschaften, die nicht das Wesen selber sind, dürfen in Gott nicht sein. Denn solche „Accidentien“ werden verursacht aus den Principien des Wesens oder der Substanz; während in Gott nichts Verursachtes sein kann.
c) I. Dem ersten Einwürfe fehlt die notwendige Voraussetzung. Denn die Weisheit, Kraft u. dgl. wird von Gott nicht in derselben Weise ausgesagt wie von uns. Es ist nicht die nämliche Weisheit der Substanz nach, die in Gott ist und die sich in uns vorfindet, wie es die gleiche Wärme ist, welche im Zimmer ist und im Feuer; was noch in Kapitel 13, Artikel 5 ausführlicher dargethan werden soll. Deshalb ist die Folgerung verkehrt, daß bei Gott jene Eigenschaften in derselben Weise, nämlich als „Accidentien“ sich finden, wie bei uns. II. Der zweite Einwurf wendet den angeführten richtigen Grundsatz falsch an. Denn die Substanz ist früher als die „Accidentien“, sie ist die erste mit Rücksicht auf ihre Eigenschaften. Somit führen sich die Principien der „Accidentien“ zurück auf die Principien der Substanz. Gott aber ist wohl nicht inbegriffen in der „Art“: Substanz; — aber Er ist von allem Sein das erste Sein außerhalb aller Art.
Edition
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Summa theologiae
Articulus 6
Iª q. 3 a. 6 arg. 1
Ad sextum sic proceditur. Videtur quod in Deo sint aliqua accidentia. Substantia enim nulli est accidens, ut dicitur in I Physic. Quod ergo in uno est accidens, non potest in alio esse substantia, sicut probatur quod calor non sit forma substantialis ignis, quia in aliis est accidens. Sed sapientia, virtus, et huiusmodi, quae in nobis sunt accidentia, Deo attribuuntur. Ergo et in Deo sunt accidentia.
Iª q. 3 a. 6 arg. 2
Praeterea, in quolibet genere est unum primum. Multa autem sunt genera accidentium. Si igitur prima illorum generum non sunt in Deo, erunt multa prima extra Deum, quod est inconveniens.
Iª q. 3 a. 6 s. c.
Sed contra, omne accidens in subiecto est. Deus autem non potest esse subiectum, quia forma simplex non potest esse subiectum, ut dicit Boetius in Lib. de Trin. Ergo in Deo non potest esse accidens.
Iª q. 3 a. 6 co.
Respondeo dicendum quod, secundum praemissa, manifeste apparet quod in Deo accidens esse non potest. Primo quidem, quia subiectum comparatur ad accidens, sicut potentia ad actum, subiectum enim secundum accidens est aliquo modo in actu. Esse autem in potentia, omnino removetur a Deo, ut ex praedictis patet. Secundo, quia Deus est suum esse, et, ut Boetius dicit in Lib. de Hebdomad., licet id quod est, aliquid aliud possit habere adiunctum, tamen ipsum esse nihil aliud adiunctum habere potest, sicut quod est calidum, potest habere aliquid extraneum quam calidum, ut albedinem; sed ipse calor nihil habet praeter calorem. Tertio, quia omne quod est per se, prius est eo quod est per accidens. Unde, cum Deus sit simpliciter primum ens, in eo non potest esse aliquid per accidens. Sed nec accidentia per se in eo esse possunt, sicut risibile est per se accidens hominis. Quia huiusmodi accidentia causantur ex principiis subiecti, in Deo autem nihil potest esse causatum, cum sit causa prima. Unde relinquitur quod in Deo nullum sit accidens.
Iª q. 3 a. 6 ad 1
Ad primum ergo dicendum quod virtus et sapientia non univoce dicuntur de Deo et de nobis, ut infra patebit. Unde non sequitur quod accidentia sint in Deo, sicut in nobis.
Iª q. 3 a. 6 ad 2
Ad secundum dicendum quod, cum substantia sit prior accidentibus, principia accidentium reducuntur in principia substantiae sicut in priora. Quamvis Deus non sit primum contentum in genere substantiae, sed primum extra omne genus, respectu totius esse.