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Summe der Theologie
Sechster Artikel. Der eine sieht vollkommener als der andere das Wesen Gottes.
a) Dies scheint gegen die Schrift behauptet zu werden. Denn: I. Es heißt 1. Ioh. 3.: „Wir werden ihn schauen wie Er ist.“ Gott ist aber nur immer in ein und derselben Weise. Also kann Er auch von allen gleichmäßig gesehen werden und nicht von dem einen so und vom anderen anders. II. „Ein und dieselbe Sache kann nicht,“ wie Augustin sagt (83. Qu. 32.) „der eine mehr als der andere verstehen.“ Alle aber, die Gott schauen, schauen ein und dasselbe, nämlich das Wesen Gottes; wird doch Gott kraft der Vernunft gesehen und nicht mit dem Sinne. Also ist die Klarheit, mit welcher Gott gesehen wird, für alle die nämliche. III. Von zwei Seiten her kann es verursacht werden, daß der eine vollkommener als der andere etwas erkennt: Vom Gegenstande oder vom Erkenntnisvermögen. Vom Gegenstande rührt es in der Weise her, daß in der Vernunft des einen die Ähnlichkeit mit dem Gegenstande größer ist als in der des anderen; was hier nicht der Fall ist, da die Natur Gottes durch keine solcher Ähnlichkeiten geschaut wird, sondern unmittelbar. Soll aber die Verschiedenheit vom Erkenntnisvermögen herkommen, so würde daraus folgen, daß die Herrlichkeit desjenigen größer wäre, welcher von Natur eine größere Verstandesschärfe hätte. Das ist aber unzuträglich; denn es wird den Menschen versprochen, daß sie in der Herrlichkeit den Engeln gleich sein werden, die doch an Verstandesschärfe uns alle so sehr übertreffen. Auf der anderen Seite besteht das ewige Leben in der Anschauung Gottes nach den Worten: „Dies ist das ewige Leben, daß sie Dich erkennen, den alleinigen Gott“ etc. (Joh. 17, 3.) Wenn also alle in vollkommen gleicher Weise Gottes Wesen schauen im ewigen Leben, so werden alle gleich sein. Das leugnet aber der Apostel (1. Kor. 15.): „Ein Stern ist unterschieden vom anderen in seiner Helle.“
b) Ich antworte, daß unter denen, die Gott schauen, der eine vollkommener als der andere das göttliche Wesen schauen wird. Dies ist aber nicht deshalb der Fall, weil die Ähnlichkeit, vermittelst deren Gottes Wesen geschaut wird, in dem einen vollendeter wäre wie im anderen, da in jenem seligen Anschauen keinerlei Ähnlichkeit von seiten des Gegenstandes her vermittelt. Vielmehr ist dies der Fall, weil die Vernunft des einen mehr Kraft haben wird als die des anderen. Diese Kraft wohnt aber der Vernunft nicht inne auf Grund ihrer Natur, sondern auf Grund des „Lichtes der Herrlichkeit“; welches die Ursache ist für eine gewisse Gottähnlichkeit. Je mehr also die Vernunft Anteil haben wird an diesem „Lichte der Herrlichkeit“; desto vollkommener wird sie die göttliche Natur schauen. Der Anteil aber am „Lichte der Herrlichkeit“ wird bemessen nach dem Maße der Liebe. Denn wo mehr Liebe, da ist mehr Verlangen; das Verlangen aber macht jenen, der da verlangt, gewissermaßen geeignet und bereit für das Empfangen des ersehnten Gutes. Wer also mehr Liebe haben wird, der wird Gott vollkommener sehen und somit seliger sein (sowie derjenige, der einen schweren Körper hat, tiefer in ein und denselben Sitz fällt, wie jener, der weniger wiegt).
c) I. Das: „wie Er ist“ bestimmt die Art und Weisedes Schauens von seiten des geschauten Gegenstandes, so daß verstanden werden muß: „Wir werden Ihn sehen, wie Er ist,“ d. h. sein wirkliches Sein, was da ist sein Wesen. Es bestimmt aber nicht die Art und Weise des Schauens von seiten des Schauenden, so daß etwa verstanden werden müßte: „Wir werden Ihn in gleichmäßig vollkommener Weise von uns aus sehen, wie auch seine Weise zu schauen vollkommen ist.“ II. Dasselbe gilt vom zweiten Einwurfe. Von seiten des erkannten Gegenstandes wird derselbe Gegenstand vom einen nicht besser verstanden wie vom anderen. Denn wer diesen einen Gegenstand so versteht, daß er meint, derselbe sei anders, wie er in Wirklichkeit ist; der faßt ihn nicht gut auf. Von seiten des Vermögens her kann der eine jedoch in mehr vollkommener Weise verstehen wie der andere. III. Weder also von seiten des wirklichen Gegenstandes her noch von seiten verschiedener Ähnlichkeiten von Ihm besteht eine Verschiedenheit; da besteht vielmehr immer und ganz das eine und selbige Wesen Gottes unmittelbar ohne irgend welche Ähnlichkeit als Gegenstand. Der Grund für die Verschiedenheit im Grade der seligen Anschauung ist vielmehr einzig und allein die verschiedene Abstufung in der Teilnahme am „Lichte der Herrlichkeit“; nicht aber die verschiedene Abstufung im Grade der natürlichen Verstandesschärfe.
Edition
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Summa theologiae
Articulus 6
Iª q. 12 a. 6 arg. 1
Ad sextum sic proceditur. Videtur quod videntium essentiam Dei unus alio perfectius non videat. Dicitur enim I Ioan. III, videbimus eum sicuti est. Sed ipse uno modo est. Ergo uno modo videbitur ab omnibus. Non ergo perfectius et minus perfecte.
Iª q. 12 a. 6 arg. 2
Praeterea, Augustinus dicit, in libro octoginta trium qq., quod unam rem non potest unus alio plus intelligere. Sed omnes videntes Deum per essentiam, intelligunt Dei essentiam, intellectu enim videtur Deus, non sensu, ut supra habitum est. Ergo videntium divinam essentiam unus alio non clarius videt.
Iª q. 12 a. 6 arg. 3
Praeterea, quod aliquid altero perfectius videatur, ex duobus contingere potest, vel ex parte obiecti visibilis; vel ex parte potentiae visivae videntis. Ex parte autem obiecti, per hoc quod obiectum perfectius in vidente recipitur, scilicet secundum perfectiorem similitudinem. Quod in proposito locum non habet, Deus enim non per aliquam similitudinem, sed per eius essentiam praesens est intellectui essentiam eius videnti. Relinquitur ergo quod, si unus alio perfectius eum videat, quod hoc sit secundum differentiam potentiae intellectivae. Et ita sequitur quod cuius potentia intellectiva naturaliter est sublimior, clarius eum videat. Quod est inconveniens, cum hominibus promittatur in beatitudine aequalitas Angelorum.
Iª q. 12 a. 6 s. c.
Sed contra est quod vita aeterna in visione Dei consistit, secundum illud Ioan. XVII, haec est vita aeterna, et cetera. Ergo, si omnes aequaliter Dei essentiam vident, in vita aeterna omnes erunt aequales. Cuius contrarium dicit apostolus, I Cor. XV, stella differt a stella in claritate.
Iª q. 12 a. 6 co.
Respondeo dicendum quod videntium Deum per essentiam unus alio perfectius eum videbit. Quod quidem non erit per aliquam Dei similitudinem perfectiorem in uno quam in alio, cum illa visio non sit futura per aliquam similitudinem, ut ostensum est. Sed hoc erit per hoc, quod intellectus unius habebit maiorem virtutem seu facultatem ad videndum Deum, quam alterius. Facultas autem videndi Deum non competit intellectui creato secundum suam naturam, sed per lumen gloriae, quod intellectum in quadam deiformitate constituit, ut ex superioribus patet. Unde intellectus plus participans de lumine gloriae, perfectius Deum videbit. Plus autem participabit de lumine gloriae, qui plus habet de caritate, quia ubi est maior caritas, ibi est maius desiderium; et desiderium quodammodo facit desiderantem aptum et paratum ad susceptionem desiderati. Unde qui plus habebit de caritate, perfectius Deum videbit, et beatior erit.
Iª q. 12 a. 6 ad 1
Ad primum ergo dicendum quod, cum dicitur videbimus eum sicuti est, hoc adverbium sicuti determinat modum visionis ex parte rei visae ut sit sensus, videbimus eum ita esse sicuti est, quia ipsum esse eius videbimus, quod est eius essentia. Non autem determinat modum visionis ex parte videntis, ut sit sensus, quod ita erit perfectus modus videndi, sicut est in Deo perfectus modus essendi.
Iª q. 12 a. 6 ad 2
Et per hoc etiam patet solutio ad secundum. Cum enim dicitur quod rem unam unus alio melius non intelligit, hoc habet veritatem si referatur ad modum rei intellectae, quia quicumque intelligit rem esse aliter quam sit, non vere intelligit. Non autem si referatur ad modum intelligendi, quia intelligere unius est perfectius quam intelligere alterius.
Iª q. 12 a. 6 ad 3
Ad tertium dicendum quod diversitas videndi non erit ex parte obiecti, quia idem obiectum omnibus praesentabitur, scilicet Dei essentia, nec ex diversa participatione obiecti per differentes similitudines, sed erit per diversam facultatem intellectus, non quidem naturalem, sed gloriosam, ut dictum est.