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Works Thomas Aquinas (1225-1274) Summe der Theologie
Prima Pars Secundae Partis
Quaestio 29

Fünfter Artikel. Die Wahrheit kann ganz wohl von jemandem gehaßt werden.

a) Dem steht entgegen: I. „Gut“, „sein“, „wahr“ sind Ausdrücke, welche, soweit es das wirkliche Sein angeht, sich vollkommen decken. Die Güte aber kann für niemand Gegenstand des Hasses sein; also kann dies auch nicht die Wahrheit. II. „Alle Menschen verlangen kraft ihrer Natur nach Wissenschaft,“ sagt Aristoteles. Princ. Metaph.) Der Gegenstand der Wissenschaft ist aber nur das Wahre. Also wird kraft der Natur die Wahrheit gesucht und geliebt. Was aber von Natur aus einem Wesen innewohnt, das wohnt ihm immer inne. Also niemand kann die Wahrheit hassen. III. Aristoteles schreibt (2 Met. 4.): „Die Menschen lieben jene, die nicht heucheln;“ also doch nur weil sie die Wahrheit lieben. Auf der anderen Seite sagt der Apostel (Gal. 4.): „Euer Feind bin ich geworden, weil ich euch Wahres sagte.“

b) Ich antworte, „gut“, „sein“ und „wahr“ haben wohl den gleichen sachlichen Inhalt; sie sind aber verschieden der Auffassung nach. Denn das Gute hat den unterscheidenden Charakter des Begehrbaren, was beim Sein und Wahren nicht der Fall ist. „Gut“ nämlich ist, was von allem begehrt wird. Also kann das Gute seinem ganzen Wesenscharakter gemäß nicht gehaßt werden, weder im allgemeinen noch im besonderen. Das Sein und das Wahre aber kann wohl, im allgemeinen aufgefaßt, nicht gehaßt werden; denn die Ursache für den Haß ist der Widerspruch oder die Unzukömmlichkeit, während das Sein und das Wahre Allem, was ist, zukommt. Im besonderen aufgefaßt aber steht dem nichts entgegen, daß ein besonderes, beschränktes Sein und eine gewisse Wahrheit gehaßt wird, insofern es den Charakter des Unzukömmlichen, des Widerstreitenden hat. Denn der Gegensatz und das Widerstreitende sind nicht gegen den Charakter des Seins und des Wahren, wie dies der Fall ist bei dem Charakter des Guten. Nun geschieht es, daß eine gewisse Wahrheit im besonderen in dreifacher Weise dem geliebten Gute widerstreitet: 1. gemäß dem daß die Wahrheit als Ursache und Ursprung der wahren Auffassung für uns in den Dingen selber ist; und so haßt der Mensch manchmal eine Wahrheit, weil er wollte, es wäre dies nicht wahr, was wahr ist; — 2. gemäß dem daß jene besondere Wahrheit in der Kenntnis des Menschen ist, die ihn hindert im Streben nach dem Besitze des geliebten Gute; wie wenn manche die Wahrheit des Glaubens nicht erkennen möchten, damit sie ungezügelt sündigten, in deren Person es bei Job heißt (21, 14.): „Die Kenntnis Deiner Wege wollen wir nicht;“ — 3. gemäß dem daß eine gewisse besondere Wahrheit in der Kenntnis eines anderen sich befindet; wie wenn jemand in der Sünde liegen bleiben will, er es dann haßt, daß ein anderer von seiner Sünde weiß, nach Augustin (Conf. 10, 23.): „Die Menschen lieben wohl die Wahrheit, wenn sie ihnen leuchtet; aber sie lieben dieselbe nicht, wenn sie ihnen Vorwürfe macht.“

c) I. Darauf ist geantwortet. II. Die Wahrheit erkennen ist an sich stets der Liebe würdig; „man liebt die leuchtende Wahrheit“ sagt Augustin. Aber mit Rücksicht auf besondere Verhältnisse, also nebensächlich, kann die Kenntnis einer Wahrheit hassenswert sein; als Hindernis nämlich für die Erreichung eines geliebten Gutes. III. Der Mensch liebt an und für sich, im allgemeinen, die Wahrheit und darum liebt er andere, die nicht heucheln; denn sie offenbaren ihm Wahrheit.

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