Sechster Artikel. In den jungen Leuten und in den Trunkenen ist viele Hoffnung.
a) Dagegen spricht: I. Die Hoffnung schließt eine gewisse Zuverlässigkeit und Festigkeit ein, weshalb Hebr. 6. sie mit einem Anker verglichen wird. Junge Leute und Trunkene aber ermangeln dieser Zuverlässigkeit und Festigkeit. II. Was die Macht vermehrt, ist Ursache der Hoffnung; so wurde eben gesagt. In jungen Leuten aber und Trunkenen findet sich eine gewisse Schwäche. III. Die Erfahrung ist Ursache der Hoffnung; sie aber fehlt den jungen Leuten gerade. Auf der anderen Seite sagt Aristoteles (3 Ethic. 8.): „Die Trunkenen sind gut geeignet, um zu hoffen;“ und (2 Rhet. 12.): „Junge Leute hoffen viel.“
b) Ich antworte; die Jugend ist Ursache für die Hoffnung wegen dreierlei auf Grund der drei Bedingungen, die den Gegenstand der Hoffnung begleiten: „Zukünftig“, „schwierig“, „möglich“. Denn die jungen Leute haben wenig Vergangenheit und rechnen viel mit der Zukunft; infolge dessen haben sie wenig Gedächtnis und viel Hoffnung. Ferner haben die jungen Leute viel Wärme im Herzen; diese Wärme aber erweitert das Herz und so streben sie leichter nach schweren Dingen. Endlich wer noch wenig Widerspruch erfahren hat in seinen Versuchen, sondern vielmehr ermuntert wird von allen Seiten wie die jungen Leute, glaubt leicht, es sei ihm etwas möglich. Weil also die jungen Leute unerfahren sind in der Kenntnis der Hindernisse und Mängel, halten sie leicht etwas als für sie möglich und hoffen sonach gern und viel. Die zwei letzten Gründe gelten nun auch für die Trunkenen: 1. die Wärme des Herzens und die hohe Begeisterung wegen der Menge Wein, die sie getrunken; — 2. die Unüberlegtheit mit Rücksicht auf die Gefahren. Und so versuchen auch die Thoren, weil sie nicht überlegen, alles Mögliche; und haben auf diese Weise viele Hoffnung.
c) I. Diese Gattung Menschen meinen, Festigkeit zu haben, wenn sie auch in Wirklichkeit solche nicht besitzen; das genügt aber, um zu hoffen. II. Ebenso; sie kennen ihre Schwäche nicht, sondern meinen stark zu sein. III. Unerfahrenheit ist auch manchmal Ursache der Hoffnung.
