Neunter Artikel. Niemand kann die Beharrlichkeit verdienen.
a) Dies scheint sich nicht so zu verhalten. Denn: I. Was der Mensch durch sein Gebet erlangt, kann unter das Verdienst dessen fallen, der im Stande der Gnade ist. Die Beharrlichkeit aber erhalten die Menschen, wenn sie darum beten; sonst würde sie in den Bitten des Vaterunsers unnützerweise erfleht, (Aug. de dono persev. 2. et 17.) Also kann man die Beharrlichkeit verdienen. II. Nicht sündigen zu können, wird verdient; denn dies ist das ewige Leben; also um so mehr das Können-nicht-sündigen, was eben die Beharrlichkeit ist. III. Die Vermehrung der Gnade wird verdient; also um so mehr das Beharren in der nämlichen Gnade. Auf der anderen Seite erreicht jeder bei Gott was er verdient, wenn die Sünde nicht dazwischentritt. Viele aber haben verdienstliche Werke, die keine Beharrlichkeit haben. Und man kann nicht sagen, dies sei wegen des Hindernisses der Sünde; denn das Sündigen ist eben der Beharrlichkeit entgegengesetzt, daß jenen also, der die Beharrlichkeit verdiente, Gott nicht in Sünden fallen lasse. Die Beharrlichkeit fällt somit nicht unter das Verdienst.
b) Ich antworte, da der Mensch von Natur freien Willen hat für Gutes und Böses, so könne er das Beharren im Guten von Gott erhalten: einmal dadurch daß sein freier Wille zum Guten bestimmt wird durch die durchaus vollendete Gnade, was in der Herrlichkeit sein wird; dann dadurch daß der Anstoß zur Thätigkeit von seiten Gottes den Menschen bis zum Ende zum Guten hinneigt. Nun fällt Jenes unter das menschliche Verdienst, was zum freien Willen, soweit derselbe von Gott her in Bewegung gesetzt ist, sich verhält wie der Abschluß; nicht aber was sich dazu verhält wie das Princip. Die Herrlichkeit im ewigen Leben, also im Abschlusse, fällt daher unter das Verdienst; die Beharrlichkeit aber auf dem Pilgerwege fällt nicht unter das Verdienst, denn sie hängt allein vom Anstoße der göttlichen Gnade ab, die das Princip alles Verdienstes ist. Gott also verleiht unverdienterweise die Gnade der Beharrlichkeit jenem, dem Er sie verleiht.
c) I. Auch das, was wir nicht verdienen, erlangen wir durch das Gebet. Denn die Sünder, welche um Verzeihung flehen, erhört Gott ebenfalls, wie Augustin zu Joh. 9, 31. (tract. 44. in Joan.) erklärt. Sonst hätte der Zöllner vergeblich gesagt: „Gott, sei mir Sünder gnädig.“ Und so erlangt jemand auch die Gnade der Beharrlichkeit für sich oder für andere, obgleich er sie nicht verdient. II. Die Beharrlichkeit im Himmel ist der endliche Abschluß der freien Willensbewegung; dies ist nicht der Fall bei der Beharrlichkeit auf Erden. Ähnlich auf III.
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