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Werke Thomas von Aquin (1225-1274) Summa Theologiae Summe der Theologie
Secunda Pars Secundae Partis
Quaestio 47

Fünfter Artikel. Die Klugheit ist eine eigene besondere Tugend.

a) Dies wird bestritten. Denn: I. Keine besondere Tugend steht in der Begriffsbestimmung der Tugend im allgemeinen. Aristoteles (2. ethic. 6.) definiert aber die Tugend als „einen auf die Auswahl gerichteten Zustand, der die richtige Mitte bestimmt gemäß der Richtschnur der Vernunft, soweit es unser Handeln betrifft, wie solche Regel und Richtschnur in der Vernunft der Weise bestimmen wird.“ Die rechte Regel und Richtschnur der Vernunft aber bestimmt sich gemäß der Klugheit, nach 6 Ethic. 5. Also ist die Klugheit keine besondere Tugend. II. 6 Ethic. 12. heißt es: „Die moralische Tugend bewirkt, daß man sein Thun und Lassen auf den gehörigen Zweck richtet, die Klugheit beschäftigt aber sich mit dem Zweckdienlichen.“ In jeder Tugend nun findet sich etwas Zweckdienliches; also in jeder Tugend findet sich Klugheit. III. Die Klugheit hat keinen besonderen Gegenstand; denn „sie ist die rechte Richtschnur der Vernunft im Wirken.“ Das Wirken aber geht auf alle Tugenden. Auf der anderen Seite wird die Klugheit Sap. 8. neben der Mäßigkeit, der Gerechtigkeit und der Stärke genannt. Also ist sie gleich diesen eine besondere Tugend.

b) Ich antworte, ein Zustand, dessen Thätigkeit einen besonderen Gegenstand hat, müsse ein von anderen Zuständen unterschiedener; und ist er gut, so müsse er eine besondere Tugend sein. Man nennt aber etwas einen besonderen Gegenstand, wenn er unter einem eigenen besonderen Gesichtspunkte erwogen werden kann. Da nun mehrere Zustände in einem einzigen Vermögen sich finden, so ist eine größere Verschiedenheit im Gegenstande erforderlich, um Zustände voneinander zu scheiden wie um das eine Vermögen vom anderen zu trennen. Wenn also der formale Gesichtspunkt, unter dem ein Gegenstand erwogen wird, eine Verschiedenheit in den entsprechenden Vermögen erfordert, so erfordert er um so mehr eine Verschiedenheit in den betreffenden Zuständen. Da nun die Klugheit in der Vernunft ihren Sitz hat, ist sie von den anderen Tugenden in der Vernunft unterschieden, bereits nach dem materialen Bestände der verschiedenen Gegenstände. Denn die Weisheit, die Wissenschaft, das Verständnis haben zum Gegenstande das Notwendige; die Kunst ist aber wohl auf Zufälliges gerichtet ebenso wie die Klugheit, aber der Gegenstand der Kunst wird nach außen hin gemacht oder hergestellt, wie ein Haus, ein Messer etc., während die Klugheit sich mit dem Wirken beschäftigt, soweit es im wirkenden bleibt. Von den anderen moralischen Tugenden ist die Klugheit geschieden, weil sie in der Vernunft ihren Sitz hat und diese (die moralischen Tugenden) in dem begehrenden Teile; also die betreffenden Vermögen selber verschieden sind.

c) I. Jene Definition geht nur die moralischen Tugenden an. Und deshalb wird darin jene Tugend in der Vernunft gesetzt, welche mit den moralischen die Materie gemein hat; nämlich die Klugheit. Denn wie der Sitz der moralischen Tugenden etwas ist, was an der Vernunft als der leitenden Richtschnur teilnimmt; — so hat die moralische Tugend den Charakter der Tugend, insoweit sie teilhat an einer Tugend in der Vernunft. II. Die Klugheit steht allen Tugenden bei und wirkt in allen; daraus folgt aber nicht, daß sie keine eigene besondere Tugend sei. So wirkt die Sonne in irgend einer Weise in alle Körper ein und ist doch ein eigener Körper. III. Das zu Wirkende ist Gegenstand der Klugheit unter dem Gesichtspunkte des Wahren; es ist Gegenstand der moralischen Tugenden unter dem Gesichtspunkte des Guten.

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