Dritter Artikel. Die „Relationen“ sind voneinander dem wirklichen Sein nach verschieden.
a) Dagegen spricht: I. Was ein und demselben gleich ist, das ist auch untereinander gleich. Jede „Relation“ aber in Gott ist dem Wirklichsein nach ein und dasselbe wie das göttliche Wesen. Also sind sie auch untereinander ein und dasselbe. II. Gleichwie die Vaterschaft und Sohnschaft gemäß dem Charakter des Namens von dem göttlichen Wesen sich unterscheiden, so auch die Güte und die Macht. Aber auf Grund solcher Verschiedenheit im Charakter und Ausdrucke des Namens besteht keine Verschiedenheit dem wirklichen Sein nach zwischen Güte und Macht in Gott. Also besteht eine solche Verschiedenheit auch nicht zwischen Vaterschaft und Sohnschaft. III. In Gott existiert keine Verschiedenheit dem wirklichen Sein nach außer gemäß dem Ursprunge. Es scheint aber nicht die eine „Relation“ ihren Ursprung zu haben in der anderen. Also. Auf der anderen Seite sagt Boëtius (de Trin.): „Die Substanz in Gott schließt ein die Einheit; die Relation ist die Ursache der Dreiheit.“ Werden also die „Relationen“ in Gott nicht dem wirklichen Sein nach voneinander unterschieden, so besteht in Gott keine wirkliche Dreiheit; was mit dem Irrtume des Sabellius zusammenfällt.
b) Ich antworte, daß von dem Augenblicke an, wo etwas einem Sein zugeschrieben wird, auch alles das ihm zugeschrieben werden muß, was zum Wesen desselben gehört; wie z. B. wenn jemandem das Menschsein zugeschrieben wird, auch notwendig das ihm eigen sein muß, was zum Wesen des Menschen gehört, also das Vernünftigsein. Nun gehört es aber zum Wesen der „Relation“, daß kraft derselben das eine zum anderen in einer Beziehung steht, wonach das eine dem anderen gegenübergestellt wird. Da also in Gott dem wirklichen Sein nach „Relation“ existiert, so muß auch da ein wirklicher Gegensatz, eine wirkliche Gegenüberstellung sich vorfinden. Eine solche aber schließt in sich eine wirkliche Unterscheidung ein. Also müssen in Gott dem wirklichen Sein nach die Relationen voneinander unterschieden sein. Nur bezieht sich diese Unterscheidung nicht auf das göttliche Wesen, in welchem Einheit und Einfachheit im höchsten Grade herrscht; sondern auf das thatsächlich aufeinander Bezogene.
c) I. Was mit ein und demselben identisch ist, das ist auch unter sich identisch. Dieser Satz besitzt wohl Wahrheit in den Dingen, welche im wirklichen Sein und in ihrer Natur oder ihrem Begriffe gleich sind wie Rock und Kleid identisch ist. Der Satz ist aber nicht wahr, wenn eine Verschiedenheit in der entsprechenden Natur oder dem Begriffe vorliegt, mag auch das Wirklichsein oder das Subjekt identisch sein. Denn obgleich, wie Aristoteles (3 Physic.) bemerkt, das „In Bewegung setzen“ und das „Bewegt werden“ mit der Bewegung als dem Subjekte von beiden und somit mit dem entsprechenden Wirklichsein identisch ist, so ist es doch nicht gleich, daß das Bewegliche den Anstoß zur Bewegung von Anderem her erhält und daß es diesen Anstoß trägt. Denn im ersteren wird die Beziehung zur wirkenden Ursache bezeichnet, von der die Bewegung ausgeht; im letzteren aber die Beziehung zu dem, was von dieser Ursache kommt. Und so ist wohl die Vaterschaft dem wirklichen Sein nach dasselbe wie das göttliche Wesen; und ebenso ist es die Sohnschaft. Ein jedes von beiden aber schließt seinem eigenenn Charakter nach eine der anderen entgegengesetzte Beziehung ein; wonach sie voneinander unterschieden sind. II. Macht und Güte schließen in ihrer Natur keinen Gegensatz ein. Also gilt der Einwurf nicht. III. Allerdings entstehen die Relationen nicht auseinander, um gemäß dem eigentlichen Sinne zu sprechen; jedoch werden sie au Grund eines Gegensatzes betrachtet, gemäß welchem etwas von einem anderen ausgeht.
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