Vierter Artikel. Alle sind gehalten, Gott Opfer darzubringen.
a) Das wird bestritten. Denn: I. Röm. 3. heißt es: „Was auch immer vom Gesetze gesagt wird, das gilt für alle, die im Bereiche des Gesetzes sind.“ Das Gebot aber, Opfer darzubringen, wurde allein dem Volke der Juden gegeben. Also sind nicht alle dazu gehalten. II. Opfer werden Gott dargebracht, um etwas zu bezeichnen. Nicht alle aber sind fähig, dergleichen Bezeichnungen zu verstehen. Also nicht alle sind zu Opfern verpflichtet. III. „Priester“ heißen jene, die opfern. Nicht jeder aber ist Priester. Auf der anderen Seite ist das Darbringen von Opfern Natur gesetzund das verpflichtet alle.
b) Ich antworte, zum innerlichen Opfer seien alle verpflichtet; denn alle sollen einen andachtsvollen Geist Gott darbringen. Mit Rücksicht auf das äußerliche Opfer aber muß unterschieden werden. Denn es giebt 1. eines, welches nur darin Wert hat, daß zu Gottes Ehre, zum Zeichen der Unterwürfigkeit Gott etwas dargebracht wird; — und dazu sind jene, die unter dem Gesetze stehen, anders verpflichtet wie jene, die nicht darunter sind. Denn die ersteren waren dazu gehalten gemäß der ins Einzelne gehenden Bestimmung der Opfer, die vorgeschrieben worden; die anderen aber mußten wohl nach außen hin etwas thun, um Gottes Allherrschaft zu bekennen, aber sie konnten dies thun gemäß den Gebräuchen jener, unter denen sie lebten; und nicht von vornherein waren sie zu gewissen äußeren Opfern gehalten. Dann aber 2. können die anderen Tugendwerke, die schon an sich etwas Gutes sind und Wert haben, zur Bezeigung der Ehrfurcht vor Gott benützt werden; und von solchen Tugendwerken sind manche geboten und manche nicht.
c) I. Zu jenen bestimmten Opfern, wie das Gesetz sie vorschrieb,waren nicht alle gehalten; aber immer mußten sie innerliche oder auch äußerliche Opfer bringen. II. Wie man Glauben hat, welcher im Glauben anderer, der Größeren eingeschlossen ist; so ist das auch mit dem Verständnisse der Opfer der Fall. III. Die Priester opfern jene Opfer, die zum Kulte Gottes eigens und von vornherein bestimmt sind, für sich und für andere. Außerdem giebt es Opfer, die jeder für sich darzubringen hat.
