Zweiter Artikel. Der Name „Vater“ ist durchaus eigen der ersten Person.
a) Dagegen spricht: I. „Vater“ drückt bloß die Beziehung aus zum Sohne. Person aber will heißen eine einzeln für sich bestehende Substanz. Also der Name Vater ist kein entsprechender Eigenname für die erste Person. II. Das Wort „Erzeugender“ ist umfassender als „Vater“. Denn jeder Vater ist ein Erzeugender; aber nicht umgekehrt. Der Name, welcher umfassender ist, wird aber passender auf Gott angewendet. Also wird in geeigneterer Weise die erste Person „Erzeuger“ genannt, „Erzeugender“ als „Vater“. III. Nichts was bereits seinem Wesen nach nur figürliche Bedeutung hat, kann als Eigenname für etwas gelten. Das „Wort“ aber wird bei uns nur im figürlichen Sinne als „erzeugt“ bezeichnet; und folgerichtig jener, dessen „Wort“ es ist, nur figürlich als „Vater“. Aiso der Ausdruck „Vater“ ist kein Eigenname in Gott. IV. Alles, was von Gott ausgesagt wird, gilt in erster Linie von Gott, und dann erst von den Kreaturen. Die Zeugung aber scheint in erster Linie von den Kreaturen zu gelten; denn da scheint sie mehr Wahrheit zu haben, wo etwas vom anderen, auch dem Sein nach Getrennten, die Folge ist. Auf der anderen Seite sagt der Psalmist (88, 27.): „Er wird mich anrufen: Mein Vater bist Du!“
b) Der Eigenname einer Person ist jener, durch welchen sie von jeder anderen unterschieden wird. Sowie zum Wesen „Mensch“ Leib und Seele gehört, so gehört zum Verständnisse dieses einzelnen Menschen diese Seele und dieser Leib; dadurch wird jeder Mensch vom anderen unterschieden. Durch die „Vaterschaft“ aber wird die erste Person von allen anderen unterschieden. Also ist „Vater“ Eigenname der ersten Person.
c) I. Bei uns bezeichnet „Vater“ bloß die Relation; denn bei uns ist die Relation keine für sich bestehende Person. In Gott aber bezeichnet (Kap. 29, Art. 4) „Vater“ die Relation als eine für sich bestehende Person. II. Die Benennung einer Sache muß nach Aristoteles (II. de anima) zu allererst vom Zwecke und von der Vollkommenheit her geschehen. „Zeugung“ nun bezeichnet das erst im Werden Begriffene. „Vaterschaft“ aber das nach dieser Seite hin Vollendete. Also ist „Vater“ ein passenderer Eigenname für die erste Person wie „Erzeuger“ oder „Erzeugender“. Das „Wort“ bei uns ist nichts Subsistierendes in der menschlichen Natur; sonach ist es keine menschliche Person. Also wird es nicht als „gezeugt“ im eigentlichen Sinne bezeichnet, sondern nur im figürlichen. In Gott aber ist es subsistierend in der göttlichen Natur. IV. Auch der Ausdruck „Erzeugung“, „Vaterschaft“ gilt von Gott vorher wie von den Kreaturen, wenn das, was dadurch bezeichnet ist, berücksichtigt wird und nicht die Art und Weise, wie er bezeichnet. So sagt der Apostel: „Ich beuge meine Kniee vor dem Vater unseres Herrn Jesu Christi, von dem alle Vaterschaft benannt wird im Himmel und auf Erden.“ Und das wird so erklärt: Die Zeugung empfängt ihre besondere Natur vom Schlußpunkte, der nichts Anderes ist als die Substanz oder die Wesensform des Gezeugten. Je näher nun diese letztere der Substanz des Zeugenden steht, desto wahrhaftiger und vollkommener ist die Zeugung; wie die Zeugung des Gleichartigen, z. B. die Zeugung, welche vom Menschen ausgeht und den Menschen wieder zum Schlußpunkte hat, eine vollkommenere und wahrere Zeugung ist, wie die nicht gleichartige, z. B. die von seiten der Sonne, welche Pflanzen oder niedrige Würmer erzeugt; da es zur Natur der Zeugung gehört, daß der Zeugende etwas sich Ähnliches hervorbringe. In Gott aber besteht ein und dieselbe Natur beim Gezeugten und Zeugenden nicht nur der Gattung des allgemeinen Wesens, sondern der Zahl nach. Also ist sie und demgemäß die Vaterschaft wahrer, vollkommener, und deshalb vorher in Gott wie in den Kreaturen. Nur die „Beziehung“ unterscheidet da zwischen Zeugendem und Gezeugtem. Und das ist eben die einzig dastehende Wahrheit der göttlichen Zeugung und Vaterschaft. IV.
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