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Werke Thomas von Aquin (1225-1274) Summa Theologiae Summe der Theologie
Secunda Pars Secundae Partis
Quaestio 147

Vierter Artikel. Alle sind zu den Kirchenfasten gehalten, wenn keine besonderen Hindernisse eintreten.

a) Ohne jede Einschränkung sind alle zu den kirchlichen Fasten verpflichtet. Denn: I. Die Gebote der Kirche verbinden wie die Gottes, nach Luk. 10.: „Wer euch hört, der hört mich.“ Alle aber ohne Ausnahme sind verpflichtet, Gottes Gebote zu halten. II. Die Kinder scheinen am meisten vom Fasten ausgeschlossen zu sein; aber mit Unrecht. Denn bei Joël 2, 15. heißt es: „Heiliget das Fasten… Versammelt die Kleinen und die Säuglinge.“ III. Geistiges muß Körperlichem voranstehen und Notwendiges dem Nichtnotwendigen. Also darf man das Fasten, etwas Geistiges und Vorgeschriebenes, nicht beiseitesetzen wegen körperlicher Arbeiten oder gar wegen Pilgerfahrten, die von keiner Vorschrift angeordnet werden und somit nicht notwendig sind. IV. Die armen fasten oft aus Not. Also müssen sie um so mehr aus eigenem Willen, d. h. um der Tugend willen, fasten. V. Auf der anderen Seite ist kein gerechter zum Fasten verpflichtet. Denn der Herr selbst hat geboten — und gegen dessen Gebot kann das der Kirche nicht ankommen — (Luk. 5.): „Die Kinder des Bräutigams können nicht fasten, solange der Bräutigam mit ihnen ist.“ Nun ist der Herr der Bräutigam aller gerechten Seelen; und er wohnt in ihnen, ist also bei ihnen: „Ich bin mit euch,“ sagt Er selbst (Matth. ult.) „bis zum Ende der Zeiten.“ Also sind die gerechten zu den kirchlichen Fasten nicht verpflichtet.

b) Ich antworte, allgemeine Gesetze werden gegeben, soweit dies der Menge zukömmlich ist. Und sonach beabsichtigt dabei der Gesetzgeber das, was gemeinhin und für gewöhnlich vorkommt. Widerstreitet in jemandem etwas Rechtmäßiges der allgemeinen Vorschrift, so hat der Gesetzgeber nicht die Absicht, bis dahin die verpflichtende Kraft seiner Vorschrift auszudehnen. Da muß jedoch gut unterschieden werden. Denn wenn der vorliegende Grund ein durchaus offenbar rechtmäßiger ist, so darf der Mensch von sich allein aus das betreffende Gebot vernachlässigen; zumal wenn die Gewohnheit ihm zur Seite steht und die Zuflucht zum Vorgesetzten nicht zulässig ist. Ist aber der vorliegende Grund ein zweifelhafter, so muß man den Oberen um Dispens bitten. Dies also ist zu beobachten in den allgemeinen Kirchengeboten: alle sind dazu verpflichtet, wenn kein besonderes Hindernis dazwischentritt.

c) I. Die Gebote Gottes sind die Gebote des Naturrechts, welche an und für sich, kraft der Vernunft im Menschen bereits zum Heile notwendig sind. Die Kirchengebote aber sind nicht an sich zum Heile notwendig, sondern werden dies erst kraft der Anordnung der Kirche. Also können da Hindernisse eintreten, auf Grund deren zur Beobachtung dieser Gebote einzelne nicht mehr verpflichtet sind. II. In den Kindern liegt die rechtmäßige Ursache, weshalb sie nicht fasten, offen vor. Zuvörderst besteht da die Schwäche der Natur, infolge deren sie oftmals Speise zu sich nehmen müssen und nicht viel auf einmal. Sodann bedürfen sie vieler Nahrung wegen des Bedürfnisses zu wachsen, zu dessen Befriedigung das Übrige der Nahrung, was nicht nährt, benützt wird. Gewöhnlich aber dauert das Wachsen bis zum Ende des einundzwanzigsten Jahres, so daß sie bis dahin zu den Kirchenfasten nicht verpflichtet sind. Es ist jedoch ganz gut, wenn sie auch in diesem Alter sich etwas im Fasten üben, wie dies ihr Alter eben zuläßt. Bisweilen aber wird, wenn große Trübsal droht, auch den Kindern Fasten aufgelegt, wie bei Jon. 3. von den Tieren gesagt ist: „Weder Menschen noch Tiere sollen von etwas kosten noch Wasser trinken.“ III. Kann die Mühe des Wallfahrtens und der körperlichen Arbeiten ohne Schwierigkeit verschoben oder vermindert werden, so daß die Standespflichten und die Pflicht der Selbsterhaltung keinen Schaden leide, so dürfen die kirchlichen Fastengebote nicht beiseite gelassen werden. Besteht aber die Notwendigkeit, gleich die Pilgerreise anzutreten und große Tagereisen zu machen oder auch viel zu arbeiten, sei es um sein körperliches Leben durchzubringen sei es wegen eines Bedürfnisses des geistigen Lebens, so daß damit die Beobachtung der Kirchenfasten nicht bestehen kann, so fällt die Verpflichtung zu fasten weg; denn jedenfalls ist nicht anzunehmen, daß die Kirche durch die Fastengebote andere fromme und notwendigere Dinge hindern wollte. Besser ist es jedoch in solchen Fällen, sobald nicht ein dementsprechender Gebrauch besteht, mit welchem stillschweigend die Kirchenoberen einverstanden zu sein scheinen, daß Dispens nachgesucht werde. IV. Arme, welche in genügender Quantität sich das verschaffen können, was zur einmaligen Sättigung erforderlich ist, werden nicht entschuldigt; sie müssen fasten. Anders ist es, wenn sie Stück für Stück der Nahrung sich zusammenbetteln müssen, so daß sie nicht auf einmal haben, um sich zu sättigen. V. Diese Stelle wird in dreifacher Weise erklärt: 1. Chrysostomus (31. in Matth.) sagt: „Die Jünger des Herrn, welche die Kinder des Bräutigams genannt werden, waren geistig noch nicht stark genug, so daß sie mit einem bereits alten Kleide verglichen werden. Also waren sie in der körperlichen Gegenwart Christi vielmehr mit einer gewissen süßen Sanftmut zu pflegen als in der Strenge des Fastens zu üben.“ Danach ist es zukömmlicher, daß die jüngeren und unvollkommeneren vom Fasten eher dispensiert werden als die älteren und vollkommeneren, wie auch die Glosse zu Ps. 130, 4. erklärt. 2. Hieronymus bemerkt (vgl. Beda 2. comm. in Luc. 5.), der Herr spreche da von den Fasten des Alten Gesetzes, so daß danach die Apostel vielmehr mit der neuen Gnade des Geistes anzufüllen wie mit der Beobachtung der alten Gebräuche aufzuhalten waren. 3. Augustinus (2. de cons. Evang. 27.) unterscheidet ein zweifaches Fasten: Das eine gehört zur Niedrigkeit der Trübsal und dies kommt den vollkommenen Seelen, „den Kindern des Bräutigams“, nicht zu; wonach da, wo Lukas spricht: „Es können die Söhne des Bräutigams nicht fasten“, Mtth. 9, 15. hat: „nicht trauern“. Das andere gehört zur Freude des zu göttlichen Dingen emporgehobenen Geistes und solches Fasten kommt den vollkommenen Seelen zu.

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