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Werke Thomas von Aquin (1225-1274) Summa Theologiae Summe der Theologie
Secunda Pars Secundae Partis
Quaestio 166

Zweiter Artikel. Die Wißbegierde ist ein Teil der Mäßigkeit.

a) Dies scheint nicht. Denn: I. Das Wissen dient für alle Tugenden; also ist Wißbegierde eine allgemeine Tugend. II. Die Wißbegierde hat zum Gegenstande die Kenntnis. Diese aber gehört nicht zu den moralischen Tugenden, die im begehrenden Teile sind. Also ist die Wißbegierde ein Teil der Klugheit, die in der Vernunft ist. III. Jene Tugend, welche Teil einer Haupttugend sein soll, muß dieser in der Art und Weise des Vorgehens ähnlich sein. Nun besteht das Vorgehen der Mäßigkeit in einem Zügeln und Zurückhalten. Die Wißbegierde aber umgekehrt begehrt. Also ist die Wißbegierde kein Teil der Mäßigkeit, sondern vielmehr steht sie zu dieser in einem gewissen Gegensatze. Auf der anderen Seite sagt Augustin (de morib. Eccl. 21.): „Wir sollen nicht neugierig sein; dies ist eine große Aufgabe der Mäßigkeit.“ Die Neugierde aber wird gezügelt durch die Wißbegierde. Also ist diese ein Teil der Mäßigkeit.

b) Ich antworte, der Mäßigkeit entspreche es, das Begehren zu zügeln, damit dasselbe nicht maßlos nach etwas strebe, wohin sein Streben bereits von Natur gerichtet ist. Wie aber der Mensch von Natur nach den Ergötzungen des Tastsinnes strebt, so strebt er von Natur nach Wissen. Die Maßhaltung in diesem letzteren Begehren nun gehört der Wißbegierde an. Also ist die Wißbegierde eine Nebentugend der Mäßigkeit, auf welche die Kraft der Mäßigkeit überfließt, wie Kap. 160, Art. 2 gefagt worden.

c) I. Die Klugheit vollendet alle Tugenden. Insoweit also die Kenntnis der Klugheit sich auf alle Tugenden erstreckt, wird auch der Name der Wißbegierde auf alle Tugenden angewandt. II. Die Thätigkeit der Erkenntniskraft wird vom begehrenden Teile anbefohlen, der alle Erkenntniskräfte in Thätigkeit setzt. Also muß man mit Rücksicht auf die Erkenntnis ein doppeltes Gut unterscheiden: 1. das des Erkenntnisaktes selber; und solches Gut gehört den Tugenden an, die in der Vernunft ihren Sitz haben; — 2. das des Begehrens, daß nämlich der Mensch sein Begehren darauf lenke, dies zu wissen und es so zu wissen, wie es sich gebührt. Und das gehört der Tugend der Wißbegierde an. Somit ist sie eine moralische Tugend. III. Damit der Mensch tugendhaft werde (2 Ethic. ult.), muß er sich in dem etwas einschränken, wozu im höchsten Grade die Natur hinneigt. Deshalb besteht das Lob der Stärke in der Festigkeit mitten in Todesgefahren, welche die Natur im höchsten Grade fürchtet; und das Lob der Mäßigkeit in der Zügelung der Begierden des Tastsinnes, wozu die Natur im höchsten Grade hinneigt. Mit Rücksicht auf die Kenntnis aber besteht im Menschen eine doppelte Strömung, die einen Gegensatz einschließt. Denn von seiten des Geistes begehrt der Mensch im höchsten Grade nach Wissen; und danach ist es lobenswert, solches Begehren zu zügeln, daß es nicht zu einem maßlosen werde. Von seiten des Körpers aber fürchtet der Mensch die mit der Forschung verbundene Arbeit. Mit Rücksicht auf das Erste also ist die Wißbegierde ein Teil der Mäßigkeit; mit Rücksicht aus das Zweite wird die Stärke der Absicht und des Verlangens nach Wissen gelobt, wonach keine Arbeit gescheut wird, und danach wird die betreffende Tugend benannt. Das Erstere aber ist dieser Tugend wesentlicher wie das Zweite; denn der Drang nach Wissen richtet sich seinem Wesen nach auf die Kenntnis, welche Gegenstand der Wißbegierde ist; dagegen ist die Mühe im Lernen und Forschen ein Hindernis und mit Bezug darauf ist die Wißbegierde nur ein Entfernen dieses Hindernisses.

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