Zweiter Artikel. Ein einziges menschliches wirken ist in Christo.
a) In Christo sind mehrere Arten von menschlichem Wirken. Denn: I. Der Mensch hat gemein mit den Pflanzen die Nährkraft, mit den Tieren den Sinn, mit den Engeln die Vernunft. Dies hatte aber statt auch in Christo. Also war in Christo ein mehrfaches menschliches Thätigsein. II. Die Vermögen und Zustände werden unterschieden nach den Thätigkeiten. In Christo aber waren mehrere Vermögen und Zustände; also auch mehrere Arten von Thätigkeiten. III. Die Werkzeuge müssen entsprechen den Thätigkeiten. Der menschliche Körper aber hat verschiedene Glieder mit Rücksicht auf deren Form. Sie müssen also angepaßt sein verschiedenen Thätigkeiten. Auf der anderen Seite folgt das Thätigsein der Natur, nach Damascenus (3. de orth. fide 15.). In Christo ist aber nur eine menschliche Natur. Also.
b) Ich antworte, da der Mensch das ist, was da heißt: gemäß der Vernunft sein, so ist eine Handlung nur dann eine schlechthin menschliche, wenn sie von der Vernunft ausgeht. Geht eine Handlung nicht von der Vernunft und deren Willen aus, so ist es eine Handlung des Menschen gemäß einem seiner Teile; wie z. B. daß er nach der Tiefe hin gezogen wird, kommt ihm zu auf Grund seiner Körperlichkeit; daß er wächst und sich nährt, hat er an sich wegen der Kraft der Pflanzenseele. Die sinnliche Thätigkeit aber hat es bereits an sich, daß sie der Vernunft im Menschen unterthan; und somit daß sie eine schlechthin menschliche sein kann. Somit besteht hier der Unterschied, daß die Thätigkeiten des körperlichen Elementes im Menschen, sowie das pflanzliche Thätigsein schlechthin an sich weder vernünftige noch menschliche sind; — die sinnliche Thätigkeit aber kann eine menschliche sein; denn wenn die Thätigkeit des niedrigeren Vermögens geleitet und gelenkt ist vom höheren, dann ist Ein und dasselbe Thätigsein der Zahl nach das der niederen und der höheren Kraft. So ist also im bloßen Menschen das Thätigsein des körperlichen Elementes und der pflanzlichen Kraft ein anderes wie das vom Willen ausgehende Thätigsein, was als eigentlich menschliches dasteht. Die Thätigkeit dessen aber, was vom vernünftigen Teile aus in Bewegung gesetzt erscheint, ist ein und dieselbe mit der des vernünftigen Teiles der Zahl nach. Die Thätigkeit der Vernunft und des Willens selber an sich ist durchaus eine einige Thätigkeit der Zahl und der Gattung der Vernünftigkeit nach; sie läßt nur einen Unterschied zu gemäß den verschiedenen Gegenständen. Im Menschen Christus nun war keine Thätigkeit des sinnlichen Teiles, die nicht der Vernunft unterthan gewesen wäre. Auch die natürlichen (pflanzlichen) und körperlichen Thätigkeiten waren gewissermaßen zu seinem Willen gehörig; da Christus wollte, daß das Fleisch wirkte und litt das, was demselben eigen war. Also noch weit mehr wie im bloßen Menschen war in Christo nur ein Thätigsein der menschlichen Natur nach.
c) I. Das Thätigsein der Sinne und der pflanzlichen Kräfte ist streng genommen kein menschliches; in Christo aber war es in höherem Grade menschlich, d. h. der Vernunft unterworfen wie in den anderen Menschen. II. Die Vermögen und Zustände werden unterschieden mit Rücksicht auf die Gegenstände. Die Verschiedenheit der Thätigkeiten also entspricht in der nämlichen Weise der Verschiedenheit in den Vermögen und Zuständen, wie sie entspricht der Verschiedenheit in den Gegenständen. Eine solche Verschiedenheit aber wollen wir nicht von der menschlichen Natur Christi ausschließen; wie auch nicht jene, welche gemäß der Verschiedenheit in den Gliedern als Werkzeugen ist, sondern nur jene, welche ist gemäß dem erstbestimmenden wirksamen Princip; also dem Sinne oder der Vernunft. III. Damit beantwortet.
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