Dritter Artikel. Das menschliche Wirken Christi war für Christum verdienstvoll.
a) Dies scheint nicht. Denn: I. Christus war vor dem Tode im Besitze der Seligkeit; ebenso war die heilige Liebe in Ihm die eines seligen; also fehlte da jedes Princip für Verdienste, da eine solche Liebe Lohn ist und nicht Verdienst. II. Keiner verdient das, was ihm geschuldet ist. Christo aber als dem Sohne Gottes von Natur gebührt die ewige Seligkeit als geschuldet. III. Wer die Hauptsache hat, verdient nicht im eigentlichen Sinne das, was daraus folgt. Christus aber hatte die Herrlichkeit der Seele, aus welcher gemäß der gewöhnlichen Ordnung folgt die Herrlichkeit des Leibes. Also hat Er letztere nicht verdient. (Vgl. Aug. ep. 118. ad Diaconum.) IV. Das Offenbarwerden der Herrlichkeit Christi ist kein Gut für Ihn, sondern für jene, die Ihn kennen; so daß dies als Lohn denen verheißen wird, die Christum lieben, nach Joh. 14.: „Wer mich liebt, wird von meinem Vater geliebt werden und ich werde mich ihm offenbar machen.“ Also verdiente Christus nicht seine eigene Verherrlichung. Auf der anderen Seite heißt es Phil. 2.: „Er ist gehorsam geworden bis zum Tode … und deshalb hat Ihn Gott erhöhet.“ Also verdiente sein Gehorsam die Erhöhung.
b) Ich antworte; der Besitz dessen, was man von sich selbst aus hat, also wovon die Ursache gewissermaßen in uns ist, erscheint immer als etwas Hervorragenderes und Edleres, wie wenn man es wegen eines Anderen hat. Nun ist die erste Ursache von Allem Gott; und danach hat keine Kreatur etwas durch sich selbst, nach 1. Kor. 4.: „Was hast du, das du nicht empfangen?“ Jedoch kann jemand an zweiter Stelle sich selbst Ursache sein, daß er ein Gut hat, insoweit er darin nämlich mit Gott mitwirkt; und so hat jener etwas durch sich selber, der durch eigenes Verdienst es hat. Hervorragender aber ist es, etwas zu haben auf Grund dessen daß man es verdient hat, wie es zu haben ohne Verdienst. Da nun alles Hervorragende Christo zuzuschreiben ist, so folgt, daß Er selbst kraft des Verdienstes hat, was andere kraft ihres Verdienstes haben. Freilich muß dies etwas Derartiges sein, daß dessen Mangel nicht vielmehr die Würde Christi und seine Vollkommenheit erhöhe als vermindere. Also weder Gott zu sein noch die Gnade noch vollendetes Wissen zu haben, hat Christus verdient; denn da man nicht verdienen kann was man besitzt, so würde im Verdienste dieser Vollkommenheiten eingeschlossen sein, daß Christus derselben einmal entbehrt hat und sonach unvollkommen gewesen sei. Die Herrlichkeit des Leibes aberund dergleichen ist minder als die Würde, dies zu verdienen, da solches Verdienen zur Tugend der heiligen Liebe, also zu einer geistigen Vollkommenheit gehört. Die Herrlichkeit des Leibes also und Derartiges, was zum äußeren Glanze gehört, wie das Auffahren zum Himmel, die Verehrung etc. hat Christus verdient und somit war seine Wirksamkeit eine verdienstvolle.
c) I. Der Genuß der Anschauung Gottes, der da ein Akt der heiligen Liebe ist, gehört zur Herrlichkeit der Seele, welche Christus nicht verdiente. Wenn Er also durch die Liebe etwas verdient hat, so folgt nicht, daß das Nämliche ist: Verdienst und Liebe. Er verdiente aber nicht durch die heilige Liebe als im Besitze der Seligkeit; sondern als Erdenpilger. Weil Er also jetzt nicht mehr pilgert, kann Er nicht mehr verdienen. II. Christo als von Natur Gott ist geschuldet die göttliche Herrlichkeit und die Herrschaft über das All. Nichtsdestoweniger ist Ihm auch Herrlichkeit geschuldet als einem seligen Menschen; und diese Herrlichkeit hatte Er mit Rücksicht auf die Seele ohne Verdienst, mit Rücksicht auf den Körper mit Verdienst. III. Das Überfließen der Herrlichkeit von der Seele auf den Körper vollzieht sich auf Anordnung Gottes hin gemäß der Zukömmlichkeit der menschlichen Verdienste, so daß, in dem Maße wie der Mensch verdient durch die Thätigkeit der Seele, die er im Körper übt, so die Belohnung überfließt auf den Körper. Und deshalb fällt nicht nur die Herrlichkeit der Seele, sondern auch die des Körpers unter das Verdienst, nach Röm. 8.: „Er wird beleben unsere sterblichen Körper wegen des Geistes, der in uns wohnt.“ Und so konnte Christus verdienen. IV. Das Offenbarwerden des Glanzes gehört zum Gute Christi, insoweit Er, Christus, dadurch bekannt wird; obgleich hauptsächlicher es ein Gut ist für jene, die Ihn kennen. Aber auch dies ist ein Gut Christi, weil sie seine Glieder sind.
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