Zweiter Artikel. Die Auferstehung Christi ist die Ursache für die Auferstehung unserer Seelen.
a) Dementgegen sagt: I. Augustin (tract. 23. in Joan.): „Die Körper stehen auf kraft menschlicher Ordnung, die Seelen kraft der Substanz Gottes.“ Die Auferstehung Christi aber gehört zu dem, was Augustin „menschliche Ordnung“, dispensatio humana, nennt. Also ist sie nicht Ursache für die Auferstehung der Seelen. II. Ein Körper, möchte er auch ein auferstandener sein, wirkt nicht ein auf den Geist. III. Weil die Auferstehung Christi die Ursache ist für das Auferstehen der Leiber, deshalb werden alle Körper auferstehen, nach 1. Kor. 15, 1. Nicht jedoch alle Seelen werden auferstehen, weil „diese hier gehen werden zur ewigen Strafe“ (Matth. 25.). Also ist die Auferstehung Christi nicht Ursache für die Auferstehung der Seelen. IV. Die Auferstehung der Seelen vollzieht sich durch den Nachlaß der Sünden. Dessen Ursache aber ist das Leiden Christi, nach Apok. 1.: „Er hat uns rein gewaschen in seinem Blute.“ Auf der anderen Seite „ist (nach Röm. 4.) Christus auferstanden wegen unserer Rechtfertigung;“ die da nichts Anderes ist wie das Auferstehen der Seelen. Deshalb sagt zu Ps. 29. (ad vesperum) die Glosse: „Die Auferstehung Christi ist die Ursache unserer Auferstehung; sowohl mit Rücksicht auf die Seele im gegenwärtigen Leben wie mit Rücksicht auf den Leib für die Zukunft.“
b) Ich antworte; die Auferstehung Christi wirke in der Kraft der Gottheit, welche sich nicht nur erstreckt auf die Auferstehung der Leiber, sondern auch auf die der Seelen. Von Gott nämlich ist es, daß die Seelelebt durch die Gnade und der Leib durch die Seele. Und somit wirkt die Auferstehung als Werkzeug nicht nur die Auferstehung des Leibes, sondern auch die der Seele. Und sonach ist die Auferstehung des Herrn ebenfalls Exemplarursache für die Seelen, nach Röm. 6.: „Wie Christus auferstanden ist von den toten durch die Herrlichkeit des Vaters, so wandeln auch wir in der Neuheit des Lebens; und wie Er, einmal auferstanden, nicht mehr stirbt, so seien wir tot der Sünde, lebendig aber für Gott.“
c) I. Augustin spricht in dieser Weise, insoweit die Seelen dadurch daß sie teilhaben an Gottes Güte gut und gerecht werden; nicht aber dadurch daß sie an irgend welcher Kreatur teilhaben. Deshalb folgt auf die Worte: „Die Seelen erstehen auf durch die Substanz Gottes“, dieses Weitere: „Denn durch die Teilnahme an Gott wird die Seele selig, nicht durch Teilnahme an einer heiligen Seele.“ Unsere Körper aber werden glorreich dadurch daß sie teilnehmen an der Glorie und Herrlichkeit des Leibes Christi. II. Kraft der Gottheit, mit welcher der Leib Christi persönlich geeint ist, erstreckt sich die Wirkung des auferstandenen Leibes Christi auf die Seele. III. Die Auferstehung der Seelen gehört in den Bereich des Verdienstes, das da eine Wirkung ist der Rechtfertigung. Die Auferstehung der Leiber aber gehört in den Bereich von Strafe oder Belohnung, was die Wirkung ist dessen, der richtet. Christus nun rechtfertigt nicht alle, wohl jedoch richtet Er alle. Und sonach weckt Er alle auf nach dem Körper und nicht nach der Seele. IV. In der Rechtfertigung ist zweierlei: Der Nachlaß der Schuld und die Neuheit des Lebens durch die Gnade. Mit Rücksicht auf das Einwirken also, welches abhängt von der göttlichen Kraft, ist gleichermaßen der Tod wie die Auferstehung Christi Ursache der Rechtfertigung in Anbetracht aller beider Momente. Mit Rücksicht auf die Exemplarursächlichkeit aber ist der Tod Christi so recht eigentlich Ursache für den Nachlaß der Sünde, wodurch wir der Sünde absterben; und die Auferstehung ist so recht eigentlich Ursache für das neue Leben, das da ist durch die Gnade. „Er ist dahingegeben worden,“ nämlich in den Tod, heißt es Röm. 4., „wegen unserer Sünden,“ um sie zu tilgen; „und Er ist auferstanden behufs unserer Rechtfertigung.“ Zudem ist das Leiden Christi noch Ursache von dem Allem in der Weise des Verdienens.
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