Erster Artikel. Die Sakramente sind der Seinsart nach Zeichen.
a) Dies scheint nicht. Denn: I. „Sakrament“ hat seinen Namen vom „Heiligen“: davon also daß ihm eine heiligende Kraft innewohnt, wie Heilmittel oder Medizin so heißt, weil es das Heil, die Gesundheit verursacht. Dies entspricht aber mehr dem Wesenscharakter der Ursache wie des Zeichens. II. „Sakrament“ will besagen etwas Geheimnisvolles, Verborgenes, nach Tob. 12.: „Das Sakrament des Königs zu verbergen ist gut;“ und Ephes. 3.: „Wie beschaffen da ist die Offenbarwerdung des Sakraments, das vor den Zeiten verborgen war in Gott.“ Dies ist aber gegen den Charakter eines Zeichens. Denn „Zeichen will besagen etwas, was außer der Gestalt und dem Eindrucke, den es für die Sinne mit sich bringt, nochzur Kenntnis von etwas Anderem gelangen läßt“ (Aug. 2. de doctr. christ in priuc.). Also sind die Sakramente der Seinsart nach keine Zeichen. III. „Sakrament“ heißt in der Rechtssprache: Eidschwur, nach decr. 22. q. 5. c. 14.: „Kinder vor dem zurechnungsfähigen Alter sollen nicht zur Eidesleistung gezwungen werden. Wer aber einmal falsch geschworen hat, darf nachher weder Zeuge sein noch zum Sakramente, d. h. zu einem Eidschwure, zugelassen werden.“ Der Eidschwur aber trägt nicht den Charakter eines Zeichens. Auf der anderen Seite schreibt Augustin (10. de civ. Dei 3.): „Das sichtbare Opfer ist vom unsichtbaren Opfer das Sakrament d. h. das heilige Zeichen.“
b) Ich antworte; wenn Verschiedenes zu etwas Einheitlichem Beziehung hat, so könne all dieses Verschiedene benannt werden nach diesem Einen; wie z. B. von der Gesundheit, die im sinnbegabten Wesen sich findet, gesund genannt wird nicht nur dieses sinnbegabte Wesen selbst als Träger der Gesundheit, sondern auch die Medizin als die bewirkende Ursache der Gesundheit, die Diät im Essen und Trinken als eine die Gesundheit bewahrende Ursache, der Urin als das Zeichen solcher Ursache. So nun kann Sakrament genannt werden etwas entweder weil es in sich eine verborgene Heiligkeit einschließt; und danach ist Sakrament dasselbe wie heiliges Geheimnis; — oder weil es als Zeichen oder Ursache oder sonstwie eine Beziehung hat zur Heiligkeit; und danach sprechen wir jetzt von Sakramenten, nämlich soweit sie Zeichen sind für das Heilige. Demgemäß also sind die Sakramente, wie sie jetzt genommen werden, ihrer Seinsart nach Zeichen.
c) I. Das Heilmittel steht in derselben Beziehung zum körperlichen Heile wie die bewirkende Ursache zur Wirkung; deshalb steht auch Alles, was davon benannt wird, wie die Wissenschaft, Heilmittel zu sinden und anzuwenden, in der nämlichen Beziehung zum körperlichen Heile. Die Heiligkeit aber, wovon der Ausdruck „Sakrament“ sich ableitet, ist nicht wie eine bewirkende Ursache, sondern mehr wie der Zweck oder die innere Form, durch die jemand heilig ist. Und deshalb braucht nicht immer das „Sakrament“ eine Ursächlichkeit einzuschließen. II. Dieser Einwurf geht davon aus, daß „Sakrament“ dasselbe sei, wie heiliges Geheimnis. Nicht nur aber von Geheimnissen Gottes wird gesprochen, sondern auch von dem, was dem König heilig und danach Sakrament ist; insofern die Alten heilig nannten das, was unverletzlich war. Auch die Mauern der Stadt, hohe Personen galten danach als heilig d. h. unverletzlich. Im Allgemeinen ward als heilig oder als Sakrament das bezeichnet, was nicht allen zugänglich, was unverletzlich war; sei dies betreffs der göttlichen oder der menschlichen Dinge. III. Der Eidschwur hat ebenfalls eine Beziehung zum Heiligen, in soweit er eine Bezeugung ist, die auf Grund von etwas Heiligem gemacht wird. Also danach wird der Eidschwur auch als „Sakrament“ bezeichnet; wenn nicht auf Grund der nämlichen Beziehung zum Heiligen wie wir jetzt von Sakramenten sprechen, so doch auf Grund einer irgend welchen Beziehung zum Heiligen. Und somit ist die Bezeichnung in beiden Fällen eine analogische und keine äquivoke, nicht also wie die Bezeichnung des Sternbildes Bär und des Tieres Bär, wo auf keinerlei Einheit die Beziehung sich richtet.
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