Zweiter Artikel. Der Exorcismus muß der Taufe vorausgehen.
a) Dies wird bestritten. Denn: I. Der Exorcismus wird gebraucht nur bei solchen, die vom Teufel thatsächlich besessen sind. II. So lange der Mensch untersteht der Sünde, hat der Teufel Gewalt über ihn; denn „wer Sünde thut, ist Knecht der Sünde“ (Joh. 8.). Die Sünde aber wird durch die Taufe erst getilgt. Also bedarf es keines Exorcismus vorher. III. Das Weihwasser bändigt den Teufel; also ist ein Exorcismus unnötig. Auf der anderen Seite erklärt Papst Cölestin (ep. 2. can. 9.): „Sei es daß ein Kind sei es daß ein erwachsener zum Sakramente der Wiedergeburt herantritt; sie sollen nicht eher zum Taufbrunnen gehen, ehe nicht durch die Anhauchungen und Exorcismen der Kleriker der unreine Geist von den Täuflingen entfernt ist.“
b) Ich antworte: wer ein Werk mit Weisheit beginnt, entfernt zuerst die Hindernisse, nach Jerem. 4.: „Säet nicht auf Dornen und macht scharf die Sense.“ Der Teufel aber ist der Feind des Menschengeschlechts und hat um dessentwillen schon eine gewisse Gewalt über den Menschen, weil dieser der Erbsünde unterworfen ist oder einer persönlichen, aktuellen Sünde. Deshalb wird zuerst der Teufel ausgetrieben durch die Exorcismen; und diese Austreibung drücken aus die Anhauchungen. Der Segen mit der Handauflegung schließt dem ausgetriebenen den Weg ab, damit er nicht zurückkehre. Das Salz aber, das auf die Zunge gelegt, und der Speichel, mit dem die Nase und Ohren bestrichen werden, bezeichnen die Ausnahme der Glaubenslehre mit Rücksicht auf die Ohren, die Billigung derselben mit Rücksicht auf die Nase, das Bekenntnis mit Rücksicht auf den Mund. Die Salbung mit Öl drückt aus, wie der Mensch geeignet sein muß, mit den Teufeln zu kämpfen.
c) I. Freilich sind nicht alle, die zur Taufe herantreten, äußerlich in den Gliedern ihres Körpers vom Teufel besessen d. h. in Besitz genommen. Aber alle unterliegen einigermaßen der Gewalt des Teufels mit Rücksicht auf ihre Seele. II. Das Reinwerden von Sünden durch das Abwaschen mit Wasser entfernt das Hindernis für den Eintritt in die Herrlichkeit. Die Exorcismen aber entfernen den Einfluß der Gewalt des Teufels, insoweit dieser den Menschen hindert, daß er nicht das Sakrament empfange. III. Das Weihwasser hat den Zweck, die Gewalt des Teufels von außen her abzuwehren. Die Exorcismen sind gegen die Anfechtungen des Teufels von innen her gerichtet. Oder man kann sagen: Wie als zweites Heilmittel gegen die Sünde dasteht die Buße, weil die Taufe nicht wiederholt wird; so steht als zweites Heilmittel gegen die Anfechtungen des Teufels da das Weihwasser, weil die Taufexorcismen nicht wiederholt werden.
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