Achter Artikel. Vorher genommene Speise und Trank hindert die Kommunion,
a) Dagegen spricht Folgendes: I. Der Herr hat dieses Sakrament am Abende eingesetzt nach beendetem Mahle, nach Luk. 22. und 1. Kor. 11. Also müssen wir es ebenso nehmen. III. 1. Kor. 11. heißt es: „Wenn ihr zusammenkommt, um zu essen“ (den Körper des Herrn), „wartet aufeinander; hungert jemand, so soll er zu Hause essen.“ Also kann er nachher die Eucharistie nehmen. IV. Das dritte Konzil von Karthago bestimmt (can. 29.): „Das Sakrament des Altars soll man nüchtern nehmen, ausgenommen den Gründonnerstag.“ V. Das Verschlucken von Wasser oder Medizin oder von ganz geringen Quantitäten Speise und von solchen, die in den Zähnen zurückbleiben, bricht nicht die kirchlichen Fasten und hindert nicht die Andacht bei der Kommunion. Also kann man so etwas vor der Kommunion nehmen. VI. Manche essen und trinken stark bis in den späten Abend hinein, so daß am Morgen noch nicht Alles verdaut ist, wenn sie kommunizieren. Besser aber wäre es am frühen Morgen etwas Weniges zu nehmen und dann am späteren Morgen die Kommunion; es wäre dies vorteilhafter für die erforderte Andacht und Nüchternheit. VII. Es gebührt diesem Sakramente ebensoviel Ehrerbietigkeit nach wie vor der Kommunion. Nach der Kommunion aber kann man sogleich etwas zu sich nehmen; also auch vorher. Auf der anderen Seite schreibt Augustin an Januarius (ep. 54.): „Es gefiel dem heiligen Geiste, daß zu Ehren dieses Sakramentes vor dem Genusse desselben keine Speise in den Mund des Christen eintrete.“
b) Ich antworte, an und für sich hindere die Todsünde den Genuß dieses Sakramentes, weil sie in direktem Gegensatze steht zu dem, was durch dieses Sakrament bezeichnet wird und in ihm enthalten ist; auf Grund des Verbotes der Kirche aber hindere den Genuß jede andere vorher genommene Speise oder solcher Trank und zwar: 1. „Zu Ehren dieses Sakramentes,“ daß nämlich in den Menschen vor aller anderen Nahrung diese eintrete; — 2. auf Grund dessen, was bezeichnet wird, damit man verstehe, Christus und die Liebe zu Ihm müsse das Fundament sein in unseren Herzen, nach Matth. 6.: „Suchet zuerst das Reich Gottes;“ — 3. wegen der Gefahr des Ausbrechens, welche daher kommt daß die Menschen ungeordneterweise essen und trinken, nach 1. Kor. 11.: „Der eine hungert, der andere ist betrunken.“ Von dieser Regel sind ausgenommen die gefährlich kranken, damit sie nicht ohne Kommunion sterben; denn die Not kennt kein Gebot. Deshalb heißt es de cons. dist. 2. c. 93.: „Der Priester soll dem kranken ohne weiteres die Kommunion reichen, damit dieser nicht ohne Kommunion sterbe.“
c) I. „Nicht weil der Herr es nach eingenommener Speise gab, dürfen, nachdem sie Mittag oder Abend gegessen haben, die Brüder dieses Sakrament empfangen oder es mit ihrer Nahrung vermengen; wie jene thaten, die der Apostel tadelt. Denn der Herr wollte die Erhabenheit dieses Geheimnisses tiefer in die Herzen der Jünger einprägen dadurch daß Er es, als das Letzte, ihnen übergab. Deshalb schrieb Er nicht vor, daß fortan diese Ordnung gelten sollte, damit Er den Aposteln allein, durch welche Er die Kirchen leiten und einrichten wollte, diese Ordnung vorbehielte“ (l. c.). II. Jene Stelle wird von der Glosse folgendermaßen erklärt: „Wenn jemand hungert und ungeduldig nicht auf die anderen warten will, so soll er nur ruhig zu Hause essen d. h. irdische Speise allein und nicht nachher die himmlische nehmen.“ III. Diese Stelle spricht von einer früher gewahrten Gewohnheit, die jetzt nicht mehr gilt, so daß bereits Augustin von der jetzigen Sitte im allgemeinen schreibt: „Auf dem ganzen Erdkreise wird diese Sitte gewahrt,“ daß nämlich nur nüchtern man dieses Sakrament nimmt. IV. Hier gilt das natürliche Fasten (II., II. Kap. 147, Art. 6 ad II.), in welchem die Enthaltung von jeder Nahrung (Speise und Trank) eingeschlossen ist. Weder also Wasser noch Medizin noch die geringste Quantität Speise, mag dies nähren oder nicht nähren, ist erlaubt. Nichts darf in der Weise von Speise und Trank genommen werden. Was aber in den Zähnen oder sonst im Munde von Speise übrig geblieben ist oder was beim Waschen des Mundes mit Wein oder Wasser zufällig verschluckt wird; — hindert nicht die Kommunion. Nur darf es nicht in größerer Quantität Hinuntergleiten, sondern vermischt mit dem Speichel, was nicht vermieden werden kann. Die kirchlichen Fasten aber sind bestimmt zur Abtötung des Fleisches; deshalb ist da gestattet das, was nicht viel nährt, sondern mehr der Erfrischung dient. V. Das natürliche Fasten erstreckt sich hier auf den natürlichen Tag, der mitternachts beginnt nach dem Brauche der römischen Kirche (wenn auch sonst er am Abende begonnen wird oder mit Sonnenaufgang oder mit Mittag). Nimmt also jemand nach Mitternacht Speise zu sich, so darf er nicht kommunizieren. Geschieht es vor Mitternacht, so ist dies kein Hindernis. Mit Rücksicht auf dieses Gebot trägt es somit nichts dazu bei, ob jemand geschlafen oder verdaut hat oder nicht; wohl aber mit Rücksicht auf die geistige Zerstreutheit. Ist diese infolge dessen sehr groß, so kann er aus diesem Grunde ungeeignet sein für die Kommunion. VI. Die größte Andacht wird erfordert für den Augenblick des Kommunizierens selber, weil da die Wirkung des Sakramentes eintritt. Diese Andacht aber wird mehr gehindert durch das, was etwa vorhergeht, wie durch das, was nachfolgt. Es muß jedoch immerhin ein gewisser Verzug eintreten zwischen der Kommunion selber und dem Nehmen von körperlicher Speise. Deshalb steht in der Messe als Danksagung nach der Kommunion die Postkommunion und die kommunizierenden verrichten nach der Kommunion ihre Privatgebete. Die alten canones schrieben folgendermaßen vor (Clemens I. ep. 2.): „Wenn des (frühen) Morgens die göttliche Nahrung gereicht wird, so sollen jene, die selbige genommen, nüchtern bleiben bis Mittag; ist sie gereicht worden um 9 oder 10 Uhr, so sollen sie nüchtern bleiben bis zum Abende.“ Denn vor alters wurden die heiligen Geheimnisse seltener, aber mit größerer Feierlichkeit gefeiert. Jetzt aber könnten solche Regeln, weil die Feier der heiligen Messe häufiger stattsindet, kaum beobachtet werden; und so sind sie durch die gegenteilige Gewohnheit außer Brauch gekommen.
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