Vierter Artikel. Kein Dämon ist von Natur schlecht.
a) Das Gegenteil scheint wahr zu sein. Denn: I. Porphyrius sagt, wie Augustin (10. de civ. Dei) berichtet: „Es giebt eine Art Dämonen, die kraft ihrer Natur täuschen; sie heucheln, daß sie Götter seien oder die Seelen von Verstorbenen.“ II. Wie die Menschen, sind auch die Engel von Gott geschaffen. Einzelne Menschen aber sind von Natur schlecht; wie cap. 12, 10. sagt: „Ihre Bosheit kam aus ihrer Natur.“ III. Der Fuchs ist kraft seiner Natur hinterlistig, der Wolf in eben derselben Weise raubsüchtig. Und doch sind diese vernunftlosen Tiere mit diesen ihren schlechten Eigenschaften von Gott. Also können auch Dämonen von Natur schlecht sein. Auf der anderen Seite sagt Dionysius (4. de div. nom.): „Die Dämonen sind nicht von Natur schlecht.“
b) Ich antworte: Alles, was und inwieweit etwas irgendwie ist ober eine Natur hat, ist gut und verlangt nach dem Guten; denn es kommt vom Guten als von seinem Princip und immer muß die Wirkung ähnlich sein der Ursache. Es trifft sich jedoch, daß mit einem einzelnen beschränkten Gute ein Übel verknüpft ist; wie mit dem Feuer z. B. das Übel besteht, daß es anderes verzehrt. Mit dem allgemeinen Gute aber ist gar kein Übel verbunden. Wenn also ein Ding besteht, welches auf ein beschränktes Gut Beziehung hat, so kann es kraft seiner Natur zu einem Übel hingewandt sein, insoweit nämlich dieses Übel mit dem betreffenden beschränkten Gute verknüpft ist, nicht insoweit es auf das Übel an sich gerichtet sei. Was aber eine solche Natur hat, daß es dem Guten zugewandt ist, insoweit dieses gemäß der allgemeinen Natur des Guten ein Gut ist, so kann dies niemals seiner Natur gemäß auf ein Übel gerichtet sein. Nun ist es aber offenbar, daß jede vernünftige Natur Beziehung hat zum Guten im allgemeinen; es kann dasselbe gemäß dieser Natur des Allgemeinen erfassen und erstreben. Also, da die Dämonen eine vernünftige Natur haben, können sie von Natur auf kein Übel gerichtet und somit nicht von Natur schlecht sein.
c) I. Augustinus tadelt da wegen dieser Worte den Porphyrius und sagt, die Dämonen seien nicht von Natur, sondern aus freiem Willen betrügerisch. Porphyrius meinte, die Natur der Dämonen sei die eines lebenden sinnbegabten Wesens. Die sinnliche Natur aber hat Beziehung zu einem beschränkten Gute, mit dem ein Übel verbunden ist, und so kann sie auf ein Übel gerichtet sein; aber nicht weil sie das Übel erstrebte, also von Natur schlecht wäre, sondern weil mit dem beschränkten Gute, zu dem sie natürliche Beziehung hat, ein Übel verbunden ist. II. Die Bosheit einzelner Menschen wird eine „natürliche“ genannt: Entweder auf Grund einer Gewohnheit, welche zur anderen Natur geworden oder auf Grund einer Hinneigung im sinnlichen Teile zu einer ungeregelten Leidenschaft, wie ja manche von Natur als zornig, als sinnlich bezeichnet werden; nicht aber wegen ihrer vernünftigen Natur. III. Solche Tiere, wie die im Einwürfe genannten, haben von Natur Neigung zu einem beschränkten Gute, mit dem ein Übel verbunden ist: wie der Fuchs dazu, daß er seine Nahrung mit solcher Schlauheit sucht, mit welcher Hinterlist verbunden erscheint; somit ist es kein Übel für den Fuchs, hinterlistig zu sein, da ihm dies natürlich ist, wie es für den Hund kein Übel ist, andere heftig anzubellen, (Dionys. 4. de div. nom.) Denn das ist seine Natur. Thut er es nicht mehr, so ist er nicht mehr Hund.
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